Mario Czaja - Ex-CDU-General kritisiert Merz und fordert Annäherung an Linke
Eineinhalb Jahre war Mario Czaja der Generalsekretär von Friedrich Merz, bevor dieser ihn rauswarf. Mit dem FOCUS sprach er nun erstmals über diese Zeit und übt Kritik an Merz – und dem Umgang der CDU mit der Linkspartei.
Ex-CDU-Generalsekretär Mario Czaja hat scharfe Kritik an der eigenen Partei für den Umgang mit der Linkspartei geübt und beschreibt eine Distanz zu Parteichef Friedrich Merz. Stärker als die Blockparteien habe sich die Linkspartei „mit ihrer Verantwortung für Mauer und Stacheldraht intensiv beschäftigt“, sagte Czaja im Interview mit dem Berliner Nachrichtenmagazin FOCUS . Politik mache es notwendig, den Wählern „jede Kooperation zu erläutern. Das würde auch für ein Bündnis mit der Linkspartei gelten“.
Insbesondere den Umgang mit der Linkspartei in Thüringen nach der Landtagswahl 2019 kritisierte Czaja: „Es war falsch, dass die CDU in Thüringen nach der letzten Landtagswahl nicht mit der Linkspartei über Formen der Zusammenarbeit gesprochen hat“. Beide Parteien hätten sich an einen Tisch setzen sollen, um „ein gutes, breites Bündnis für Thüringen“ zu formen. Stattdessen habe sich die CDU mit der Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) selbst „verzwergt“.
„Die Linkspartei will die Demokratie gar nicht abschaffen“
An vielen Orten im Osten sei die Linkspartei „eine ostdeutsche Sozialdemokratie“ und in Thüringen oder Sachsen „deutlich sozialdemokratischer und auch bürgerlicher als etwa die SPD in Südhessen“. Er beobachte auch eine Öffnung seiner Partei zur Linken, das habe er bei Gesprächen „mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten und führenden Köpfen der dortigen CDU“ gespürt.
Den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU, der Koalitionen mit der Linkspartei und der AfD untersagt, stellte Czaja nicht direkt in Frage. Er forderte aber die Ost-CDU auf, „selbstbewusst mit der Situation umgehen“ und zum Ausdruck zu bringen, „dass die derzeitige Interpretation der Hufeisentheorie in Ostdeutschland voller Fehler ist“. Man müsse damit aufhören, „die westdeutsche Hufeisentheorie auf Linkspartei und AfD zu übertragen. Am Ende verharmlost das die AfD!“ Anders als die AfD wolle die Linkspartei „die Demokratie gar nicht abschaffen“.
„Habe Veränderungsprozess bei Merz erlebt“
Im Verhältnis zu Parteichef Friedrich Merz sieht Mario Czaja eine Entfremdung vor seinem Rauswurf als dessen Generalsekretär . Er habe einen „Veränderungsprozess“ bei Merz erlebt. „Anfangs waren wir uns einig in dem Anspruch, ein starkes und breites Team zu bilden“, mehrere politische Enttäuschungen hätten dann bei Merz aber dazu geführt, dass er „unseren gemeinsamen Grundsatz schrittweise aufgegeben hat“.
Die Trennung sei im Rückblick nach „den Entwicklungen, die ich bei Friedrich Merz gespürt habe“ richtig gewesen. „Ich hatte andere Auffassungen zur Aufstellung der Union“, sagte Czaja. Natürlich sei er „enttäuscht gewesen. Aber verletzt war ich nicht.“
„Müssen uns gesellschaftlichen Gruppen zuwenden, die unsere Grundsätze teilen“
Czaja wies zudem darauf hin, dass die CDU „über die Umfrageergebnisse, die Friedrich Merz und ich im vergangenen Sommer als Tandem erreicht haben, bislang nicht hinausgekommen“ sei. Ein größeres Spektrum erreiche die Partei erst, „wenn wir uns gesellschaftlichen Gruppen zuwenden, die unsere Grundsätze teilen, sich von uns aber aktuell eben nicht ausreichend angesprochen und ernst genommen fühlen“. In diesem Zusammenhang bemängelte Czaja, dass sich „die politische Kommunikation des Adenauer-Hauses auf einige wenige Punkte“ des neuen Grundsatzprogramms konzentriere. „Dadurch entsteht der Eindruck, nur die Positionen des Wirtschaftsflügels wären wichtig.“
Über sein am 12.8. erscheinendes Buch „ Wie der Osten Deutschland rettet“ (Herder-Verlag) , in dem Czaja auch die gemeinsame Zeit mit Merz verarbeitet, habe er mit dem Parteichef noch nicht gesprochen, grundsätzlich aber seien sie noch im Gespräch. Czaja erwartet, dass Merz sein Buch lesen werde, „spätestens nach Ihrem Interview“.