Markanter Ausschlag - Zahl der Ringelröteln-Fälle steigt um das 16-fache - welche Gruppe besonders betroffen ist
Immer mehr Menschen in Deutschland erkranken an Ringelröteln. Im ersten Halbjahr 2024 stiegen die Fallzahlen um das Sechzehnfache im Vergleich zum selben Zeitraum 2019. Eine Gruppe ist von der Infektionskrankheit besonders betroffen.
Seit Ende 2023 beobachtet das Konsiliarlabor für Parvoviren einen starken Anstieg von Infektionen mit dem Parvovirus B19 (Ringelröteln) bei Schwangeren. Während das Labor 2019 in den Monaten Januar bis Juni insgesamt knapp unter 70 Fälle registrierte, waren es im selben Zeitraum 2024 mehr als 1140 Fälle.
„Nach einem Maximum der Fallzahlen im April ist nun seit Mai 2024 wieder ein deutlicher Rückgang zu sehen. Die Fallzahlen liegen aber immer noch auf einem hohen Niveau“, schreibt Martin Enders, Facharzt für Innere Medizin und Mikrobiologie, vom Konsiliarlabor Enders in einer Pressemitteilung . „Aufgrund der sehr hohen Inzidenz beobachten wir auch vermehrt B19V-bedingte fetale Komplikationen in der Schwangerschaft.“ Dazu gehören Fehlgeburten, Flüssigkeitsansammlungen und Blutarmut.
Welche Gefahr besteht für Schwangere und ihre ungeborenen Kinder?
Schwangere sind insbesondere bis zur 20. Schwangerschaftswoche gefährdet. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) können sie in 30 bis 50 Prozent der Fälle die Ringelröteln-Erreger an ihr ungeborenes Kind weitergeben, auch wenn die Infektion unbemerkt verläuft. Die Viren gelangen über die Plazenta in den Blutkreislauf des Kindes und befallen blutbildende Zellen – die Folge kann eine Blutarmut beim ungeborenen Kind sein. Im schlimmsten Fall droht eine Fehl- oder Frühgeburt, besonders in den ersten Schwangerschaftsmonaten.
„Die Mehrzahl der fetalen Komplikationen hat aber keine negativen Folgen für das ungeborene Kind“, heißt es im Epidemiologischen Bulletin vom RKI vom 13. Juni 2024. Weniger als zehn Prozent der mütterlichen Infektionen würden in den ersten 20 Schwangerschaftswochen zu Komplikationen für das Ungeborene führen. Da die Fallzahlen im Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie viel höher sind, gibt es derzeit jedoch auch mehr Komplikationen.
Ringelröteln: Was passiert, wenn das Ungeborene eine Blutarmut hat?
Bei Schwangeren, die sich in der ersten Hälfe der Schwangerschaft angesteckt haben, sollte abgeklärt werden, ob die Infektion eine kindliche Blutarmut verursacht. Zudem gibt es für sie engmaschige Kontrolluntersuchungen.
„Im Falle einer Blutarmut benötigt das Ungeborene eine Blutkonserve, die von außen über die Nabelschnur verabreicht werden kann. Angesichts des geringen Durchmessers der Nabelschnur ist diese Therapie herausfordernd und eigentlich erst ab der 16. Schwangerschaftswoche möglich", sagt Karl Oliver Kagan, Leiter der Pränatalen Medizin an der Universitäts-Frauenklinik Tübingen, zur Deutschen-Presse-Agentur.
In den ersten Schwangerschaftswochen gebe es keine Möglichkeit, eine Infektion beziehungsweise die Blutarmut des Embryos nachzuweisen. In manchen Fällen könne im Ersttrimester-Screening in der zwölften oder dreizehnten Schwangerschaftswoche eine Blutarmut erkannt werden, für eine Bluttransfusion sei es aber dann noch zu früh. „Eine Infektion im letzten Drittel der Schwangerschaft stellt für Ungeborene in der Regel keine lebensbedrohliche Gefahr dar“, erklärt Kagan.
Warum steigen die Fallzahlen seit Anfang des Jahres stark an?
Die außergewöhnlich starke Aktivität lässt sich laut Enders unter anderem dadurch erklären, dass in der Pandemie aufgrund von Lockdowns und Hygienemaßnahmen die Fallzahlen sehr niedrig waren und dem Virus nun eine deutlich höhere Zahl empfänglicher Wirte zur Verfügung steht. „Von Anfang 2020 bis Anfang 2023 hatten wir ja quasi drei Jahre keine Aktivität oder nur eine minimale. Das heißt, da haben sich eine Menge an Kindern angesammelt, die nicht immun sind und da läuft das jetzt durch“, sagt Enders.
Mehr Infektionen bei Kindern würden automatisch mehr Infektionen bei Schwangeren bedeuten – und damit einhergehend auch häufiger Komplikationen. „Aber ich glaube nicht, dass sich das Virus irgendwie verändert hätte und dass deswegen die Infektionen schwerer verlaufen.“
Wie werden Ringelröteln übertragen?
Ringelröteln sind sehr ansteckend. Zur Ansteckung kommt es durch erregerhaltige Tröpfchen, die durch Husten, Niesen, Sprechen oder verunreinigte Hände verteilt werden. Die widerstandsfähigen Erreger können laut „ Infektionsschutz.de “ auch über Schmierinfektionen übertragen werden, wenn die Erreger an Gegenständen wie Türklinken oder Spielzeug haften und darüber übertragen werden.
Ansteckungsgefahr besteht für Menschen, die noch nicht an Ringelröteln erkrankt sind. Schwangere stecken sich nach Auskunft von Enders am häufigsten bei Kindern an, meist im eigenen Haushalt oder durch berufliche Exposition. Wer die Infektion überstanden hat, ist ein Leben lang geschützt und erkrankt nicht noch einmal.
Welche Symptome lösen Ringelröteln aus?
Ringelröteln verursachen häufig keine oder nur milde Symptome. Die Beschwerden ähneln denen einer Grippe und umfassen
Husten
Schnupfen
Fieber
Schwellung der Lymphknoten
Kopfschmerzen
generelles Unwohlsein
Außerdem äußert sich die Krankheit ein bis zwei Wochen nach der Infektion in einem
typischen Hautausschlag, mit einer schmetterlingsförmigen, großfleckigen Rötung auf beiden Wangen
Etwa ein bis zwei Tage später ist der fleckenförmige Ausschlag auf den Schultern, Oberarmen, Oberschenkeln und am Gesäß sichtbar. Er kann seine Form ändern und im weiteren Verlauf girlanden- und ringelförmig aussehen. Nach sieben bis zehn Tagen klingt der Ausschlag ab. Sonnenbelastung und Stress können ihn noch einmal aufflammen lassen. Meist geht der Ausschlag ohne Juckreiz einher. Die Beschwerden dauern meist eine bis drei Wochen.
Wenn sich noch kein Ausschlag zeigt, ist eine infizierte Person am ansteckendsten. Sobald der Ausschlag auftritt, ist die Ansteckungsgefahr für andere Menschen deutlich geringer.
Welche Gruppen noch betroffen sind
Normalerweise erkranken Kinder im Vorschul- und Grundschulalter am häufigsten an Ringelröteln. Bei ihnen ist der Verlauf meist mild.
Bei Personen mit Vorerkrankungen kann die Virusinfektion hingegen einen schweren Verlauf nehmen. Dazu gehören laut „ gesund.bund.de “:
Blutarmut durch Eisenmangel
Immunschwäche, z.B. durch die Einnahme bestimmter Medikamente, eine schwere chronische Erkrankung oder HIV-Infektion
Erkrankungen der roten Blutkörperchen wie Sichelzellanämie, Thalassämie
Wie werden Ringelröteln behandelt?
Ein antivirales Chemotherapeutikum – ein Arzneimittel, das aus chemischen Substanzen hergestellt wird – gibt es derzeit nicht. Ringelröteln klingen meist von allein wieder ab. Bei der Genesung wirken folgende Faktoren unterstützend:
Ruhe
genug trinken (Wasser, ungesüßte Tees)
Paracetamol bei Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen (auch für Schwangere verträglich)
Bluttransfusionen bei einem sehr starken Abfall der Anzahl an roten Blutkörperchen mit folgender Blutarmut
Wie können wir uns vor Ringelröteln schützen?
Eine Impfung gegen Ringelröteln gibt es nicht. Jedoch können wir mit verschiedenen Hygienemaßnahmen das Infektionsrisiko senken:
engen Kontakt mit erkrankten Personen vermeiden
regelmäßig die Hände waschen
Schleimhäute an Augen, Mund und Nase nicht berühren
kein Essen und Getränke teilen
kein Geschirr oder persönlichen Gegenstände gemeinsam benutzen
Mund-Nasen-Schutz tragen