Markus Lanz: Ein Prinz mit Haltung. Warum wir mit Sebastian Krumbiegel gerne mal ein Bier trinken würden.
Was haben wir die Prinzen geliebt, damals, in der Igel-Gruppe des städtischen Kindergartens. Auf dem Pausenhof sangen wir kleinen Stöpsel Küssen Verboten und meinten das auch so. 25 Jahre sind vergangen – die Prinzen finden wir noch immer toll.
Gestern bei Markus Lanz zu Gast: Rica Reinisch, Ex-DDR-Schwimmstar und Opfer des staatlichen Zwangsdopings; Jutta Braun, Historikerin, die zu eben diesen Verbrechen im DDR-Leistungssport forschte; Patrick von Braunmühl, Sohn des von der RAF ermordeten Gerold von Braunmühl; Dorothee Achenbach, Ex-Frau des Kunstberaters Helge Achenbach, der wegen Betrugs zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde – und dann eben der Sänger der Prinzen, Sebastian Krumbiegel, der, wie so oft, zur Promo seines Buchs bei Lanz ins Studio schneite, aber trotzdem noch immer ein klasse Typ ist.
Die Runde diskutierte viel über Haltung und darüber, wie man mit Verbrechen, die einem angetan wurden, abschließen kann. Krumbiegel schließt ab, mit einer erfrischenden Lockerheit, die ihresgleichen sucht.
Warum wird ein Mensch gewalttätig? Krumbiegel traf sich mit einem der Prinzen-Schläger, um es zu verstehen
Sie erinnern sich: 2003 wurde Krumbiegel von Neo-Nazis in einem Leipziger Park zusammengeschlagen. Die „Prinzen-Schläger“ wurden gefasst und verurteilt. Was passierte dann? Einer von ihnen zeigte Reue und wollte mit Krumbiegel über das sprechen, was er ihm angetan hatte. Die beiden trafen sich, redeten, weinten, und gingen vielleicht nicht mit einem guten, zumindest aber mit einem besseren Gefühl auseinander.
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Bei Lanz reflektiert Krumbiegel darüber, wie jemand zu so viel Hass kommt. Was bringt einen Menschen dazu, anderen Gewalt zuzufügen? „Ich bin als Kind mit viel Musik, mit Liebe und Gesprächen überschüttet worden“, sagt Krumbiegel. Im Elternhaus des Täters, spielte nur Gewalt eine Rolle. „Was wäre er denn gewesen, wären wir Kasper Hauser mäßig vertauscht worden?“, fragt sich der Prinzen-Sänger. Die Tat soll das nicht entschuldigen, aber für Krumbiegel spielt es eine Rolle. Kontakt haben sie heute keinen mehr. „Ich bin 50 Jahre alt und versuche, mich mit Leuten zu umgeben, die mir gut tun.“
Das ist jedoch nicht die Pointe der Geschichte. Einige Zeit später trifft Krumbiegel in einer Bar den Betreuer dieses Mannes. Der Täter habe ihn verarscht, sagt der Betreuer. Er sei keinesfalls geläutert, sondern noch immer das gleiche Arschloch mit KKK- und White-Pride-Tattoo.
Krumbiegel könnte sich jetzt Vorwürfe machen. Er könnte denken, er sei naiv gewesen, dass er vorgeführt wurde und dass Menschen kollektiv schlecht seien. Das macht er aber nicht. Stattdessen schenkt er dem Betreuer keinen Glauben. Weil er nicht will. Weil er glauben will, dass dieser eine Mensch sich zum Guten verändert hat und in diesen Glauben „möchte ich mir bitte, bitte nicht reinreden lassen.“ Naiv oder nicht – wir finden das geil. Chapeau, Sebastian Krumbiegel. Mit dir würden wir gern mal ein Bier trinken gehen.
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Markus Lanz selbst verblasst neben diesem Star mit platten Witzen. Krumbiegel: „Ich habe vor zwei Monaten mit dem Rauchen aufgehört und das ziehe ich jetzt auch durch.“ Lanz: „Nee durchziehen ist ganz schlecht. Das hast du schon gemacht.“ Ah ja. (ah)
Fotos: Screenshots/ZDF
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