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"Markus Lanz"-Talk nach Zug-Attacke: "Wir haben ein Problem mit Menschen, die unser Land verachten"

Bei Markus Lanz diskutierten am Mittwochabend, von links: Omid Nouripour, "Spiegel"-Journalist Martin Knobbe und Ahmad Mansour (zugeschaltet). (Bild: ZDF)
Bei Markus Lanz diskutierten am Mittwochabend, von links: Omid Nouripour, "Spiegel"-Journalist Martin Knobbe und Ahmad Mansour (zugeschaltet). (Bild: ZDF)

Nach der Bundestagsrede von Olaf Scholz zum Thema "Leopard 2" sorgte ein Vorfall für Entsetzen in Deutschland: Bei einer Messerattacke in einem Regionalzug kamen zwei Menschen ums Leben. Am Mittwochabend stellten sich die Gäste bei "Markus Lanz" die Frage, wie es weitergehen soll.

Es ist Gewissheit: Nicht nur Deutschland beliefert die Ukraine mit mehreren Kampfpanzern vom Typ Leopard 2. Auch US-Präsident Joe Biden verkündete am Mittwoch in Washington D.C., der Regierung in Kiew insgesamt 31 "M1 Abrams"-Panzer bereitzustellen. Zuvor war viel über das vermeintlich zögerliche Handeln von Bundeskanzler Olaf Scholz diskutiert worden.

Bei "Markus Lanz" debattierten die Gäste am Mittwochabend jedoch nicht nur über die jüngsten Entwicklungen im Krieg in der Ukraine, sondern auch über die Messerattacke, die sich wenige Stunden vor Aufzeichnung des ZDF-Talks in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg abgespielt hatte.

Besonders der Psychologe Ahmad Mansour fand im Gespräch mit Markus Lanz klare Worte zur Attacke, bei der zwei Menschen ums Leben kamen und mehrere verletzt wurden. Bei dem mutmaßlichen Angreifer soll es sich laut ersten Angaben um einen staatenlosen Palästinenser handeln.

Mansour, selbst palästinensisch-arabischer Herkunft, sagte dazu per Video-Anruf aus Berlin: "Ich komme aus einem Land, das solche Taten tagtäglich mit ansehen muss. Es macht mich wütend, fassungslos und traurig, dass so etwas immer öfter auch in Deutschland passiert. Das ist meine Heimat und ich bin hierhin gekommen, weil ich Sicherheit wollte."

Omid Nouripour gab bei "Lanz" zu bedenken: "Natürlich müssen wir über Abschiebungen auch reden, aber der Rechtsstaat kann Leute nicht bestrafen, wenn sie nicht verurteilt sind." (Bild: ZDF)
Omid Nouripour gab bei "Lanz" zu bedenken: "Natürlich müssen wir über Abschiebungen auch reden, aber der Rechtsstaat kann Leute nicht bestrafen, wenn sie nicht verurteilt sind." (Bild: ZDF)

Ahmad Mansour: "Es gibt keine Willkommenskultur ohne Abschiebungs-Möglichkeiten"

Auch Grünen-Politiker Omid Nouripour reagierte schockiert, erklärte aber zugleich: "Es ist richtig, dass man sich die Hintergründe jetzt ganz genau anschauen muss. Ich weiß nicht, ob der Mensch im Drogenrausch oder psychisch labil war. Ich weiß das alles nicht."

Ahmad Mansour erwiderte, dass es für ihn nicht primär um die Aufarbeitung der Hintergründe gehe: "Wir haben 2020 um die 20.000 Messerattacken gehabt mit fast 100 Toten. Davon sind fast 40 Prozent mit Migrationshintergrund. Das ist eine Zahl, die zeigt, dass wir ein Problem haben. Wir haben ein Problem mit Menschen, die bei uns Schutz suchen und dieses Land verachten. All das gehört zur Debatte. Natürlich spielen psychische Erkrankungen auch eine Rolle, aber wir müssen auch über Ideologien sprechen."

Er ergänzte: "Ich bin froh, in einem Land zu leben, in das man fliehen kann, um Schutz zu suchen. Aber es gibt keine Willkommenskultur ohne Abschiebungs-Möglichkeiten. Wichtig ist: Wie funktioniert Integration? Wie vermitteln wir unsere Werte? Da haben wir noch einen ganz langen Weg vor uns."

Zu möglichen weiteren Lieferungen militärischer Geräte sagte Omid Nouripour (Mitte): "Wir reden darüber, wenn es so weit ist, aber ich kann nichts ausschließen." (Bild: ZDF)
Zu möglichen weiteren Lieferungen militärischer Geräte sagte Omid Nouripour (Mitte): "Wir reden darüber, wenn es so weit ist, aber ich kann nichts ausschließen." (Bild: ZDF)

"Wir sind kurz davor, die Gesellschaft so zu spalten, dass mehr Menschen rechtsradikal werden"

Grünen-Politiker Nouripour entgegnete schlicht: "Natürlich müssen wir über Abschiebungen auch reden, aber der Rechtsstaat kann Leute nicht bestrafen, wenn sie nicht verurteilt sind." Mit scharfem Blick warnte Mansour daraufhin: "Wir sind kurz davor, die Gesellschaft so zu spalten, dass mehr Menschen rechtsradikal werden. Ich hoffe, dass die Parteien die Verantwortung sehen, die sie jetzt haben. Es geht darum, den Menschen Antworten zu geben, dass sie sich wieder sicher fühlen."

Abschließend fragte Markus Lanz den Autor und Psychologen: "Finden Sie, dass wir gut darin sind, das Recht geltend zu machen?" Mansour antwortete mit strengem Blick: "Nein, absolut gar nicht. Wenn ich sehe, wie respektlos Jugendliche mit Polizisten umgehen - da haben wir enormen Nachholbedarf. Wir müssen den Menschen, die unseren Rechtsstaat verachten, mit mehr Klarheit entgegentreten und im gegebenen Fall auch abschieden."

Kampfjets für die Ukraine? Omid Nouripour will "nichts ausschließen"

Ähnlich intensiv war die Debatte beim Thema Panzerlieferungen. Zugeschaltet war dafür ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen aus Washington D.C., der erklärte: "Es geht jetzt darum, Russland zurückzudrängen und die Ukraine zurückzuerobern." Nachdem sowohl Olaf Scholz als auch Joe Biden zu den Panzerlieferungen Stellung bezogen hatten, sagte Theveßen nachdenklich: "Ohne Amerika wäre die Ukraine nicht in der Lage gewesen, gegen Russland zu kämpfen."

Markus Lanz echauffierte sich derweil - wie in seiner Sendung am Vorabend - über die fehlende Kommunikation von Olaf Scholz innerhalb der Koalition. Als er Grünen-Politiker Nouripour fragte "Waren Sie genervt vom Kanzler?", antwortete dieser bloß: "Nein, er hat ein Kalkül, das ich nicht vollends teilen muss. Es gibt Gespräche, die der Kanzler nur mit dem amerikanischen Präsidenten führen kann."

Besonders spannend wurde es, als es um den erwarteten weiteren Kriegsverlauf ging. Nachdem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj aktuell Raketen und Flugzeuge aus dem Westen gefordert hatte, erklärte ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen: "Es wird im Pentagon darüber gesprochen, Raketen zu schicken, aber ich glaube, die USA zieht eine Grenze beim Thema Kampfjets." Markus Lanz fragte daraufhin Grünen-Chef Nouripour: "Wie weit kann das gehen? Würden Sie ablehnen?" Der Politiker ließ sich jedoch nicht in die Karten blicken und sagte schlicht: "Ich sage zu nichts 'Auf gar keinen Fall'. Wir reden darüber, wenn es so weit ist, aber ich kann nichts ausschließen."