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Marsch der Angehörigen von Hamas-Geiseln erreicht Jerusalem

Family members, friends and supporters of hostages held in the Gaza Strip since the October 7 attack by Hamas militants in southern Israel, wave flags and hold images of those taken during a protest calling for their release outside the Prime Minister's office in Jerusalem on November 18, 2023, amid the ongoing battles between Israel and the Palestinian group Hamas. (GIL COHEN-MAGEN)

Fünf Tage zu Fuß von Tel Aviv nach Jerusalem: Hunderte Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln haben nach einem langen Marsch am Samstag Jerusalem erreicht und die Regierung in dringenden Appellen zum Handeln aufgefordert. Bei ihrer Ankunft am Nachmittag schwenkten sie israelische Flaggen und hielten Plakate mit den Fotos der Geiseln in die Höhe. Sie bangen seit Beginn des Krieges vor sechs Wochen um das Schicksal ihrer Angehörigen.

Der Demonstrationszug war am Dienstag in Tel Aviv zu dem rund 60 Kilometer langen Marsch nach Jerusalem gestartet. Dort angekommen schlossen sich tausende Unterstützer an und marschierten zum Büro von Regierungschef Benjamin Netanjahu.

Die Angehörigen der Geiseln werfen der Regierung vor, sie nicht über die Bemühungen zur Befreiung der Verschleppten zu informieren. "Bringt sie nach Hause, jetzt", skandierte die Menge. Auf einem Plakat war zu lesen: "Mama, wir warten auf Dich, komm' zurück."

Als sich der Protestzug dem Büro Netanjahus näherte, ließen die Teilnehmenden hunderte gelber Luftballons in den Himmel steigen. Organisiert hatte den Marsch Yuval Haran, dessen Vater bei dem Angriff der Hamas getötet wurde.

Harans Mutter wurde zusammen mit sechs weiteren Familienmitgliedern in den Gazastreifen verschleppt. Anfang der Woche hatte die israelische Armee bestätigt, dass die Leichen von zwei Geiseln im Gazastreifen gefunden wurden. "Wir können nicht noch weitere Menschen verlieren", sagte Haran.

Die 43-jährige Dvora Cohen, deren Schwager und Neffe im Gazastreifen vermutet werden, sagte: "Ich will, dass die Regierung sie wieder nach Hause bringt. Ich will, dass uns die Welt hilft, dass das Rote Kreuz seine Arbeit tut, in den Gazastreifen geht und schaut, ob sie am Leben sind, was sie brauchen und ob sie medizinische Hilfe bekommen", sagte Cohen.

Bisher konnte das Rote Kreuz jedoch keine der Geiseln treffen, wie die israelische Regierung vor einigen Tagen bestätigte. "Wir wollen Antworten", sagte der 68-jährige Ari Levi. Sein Cousin und dessen zwölfjähriger Sohn wurden aus dem Kibbuz Nir Oz verschleppt. "Es ist nicht normal, dass Kinder 43 Tage lang als Geiseln gehalten werden", sagte er. "Wir wissen nicht, was die Regierung tut, wir haben keinerlei Informationen."

In den vergangenen Tagen hätten Gerüchte die Runde gemacht, dass die israelische Armee im Gazastreifen weitere getötete Geiseln gefunden habe. "Wenn es dann solche Gerüchte gibt - wie sollen wir dann noch Schlaf finden?" fragte Levi. "Wir wissen nichts. Niemand sagt uns etwas."

Das Forum der Familien von Geiseln und Verschwundenen war nach dem Großangriff der Hamas gegründet worden. Hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften islamistischen Palästinenserorganisation waren am 7. Oktober nach Israel eingedrungen, hatten dort Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Nach israelischen Angaben wurden etwa 1200 Menschen getötet und etwa 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Bisher hat die Hamas vier Geiseln freigelassen. Aus diplomatischen Quellen hatte es in dieser Woche geheißen, es gebe Verhandlungen, die vom Golfemirat Katar vermittelt würden. Dabei sei die Rede davon, einige Geiseln gegen in Israel inhaftierte Palästinenser freizulassen. Bisher sind Verhandlungen dieser Art ergebnislos geblieben.

Als Reaktion auf den schlimmsten Angriff in seiner Geschichte führt Israel massive Gegenangriffen auf Ziele im Gazastreifen aus, inzwischen sind auch Bodentruppen in das Gebiet eingerückt. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit Beginn des Krieges etwa 12.300 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.

ju/se