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Martin McGuinness: Vom Terror-Anführer zum Wegbereiter des Friedens in Nordirland

Sein Leben gilt als Symbol für die wechselhafte Geschichte Nordirlands. In der Nacht zum Dienstag ist der frühere IRA-Terrorist und spätere Politiker Martin McGuiness mit 66 Jahren gestorben. Das bestätigte seine Partei, die katholisch-republikanische Sinn Fein. McGuinness war erst im Januar als nordirischer Vizeregierungschef zurückgetreten. Offizielle Begründung waren Differenzen mit dem Koalitionspartner. Es gab jedoch auch Gerüchte um Gesundheitsprobleme. Als junger Mann kämpfte er für die Wiedervereinigung mit der Republik Irland. Während des Bloody Sunday 1972 war er im Führungskreis der paramilitärischen Gruppe IRA (Provisorische irisch-republikanische Armee). Er wurde in der Republik Irland zweimal verurteilt. Sechs Monate verbrachte er im Gefängnis, nachdem er in der Nähe eines mit Sprengstoff beladenen Autos festgenommen worden war. 1984 war er an einem Bombenattentat auf britische Politiker beteiligt. Später sagte er sich los von der Gewalt und trat für die republikanisch-katholischen Partei Sinn Fein an. Sein einstiger Erzfeind, der protestantische Politker Ian Paisley junior, findet für diesen Wandel anerkennende Worte zum Tod von Martin McGuinness: “Er war zum Einen der Anführer der militanten IRA, zum Anderen wurde er ein wichtiger Pfeiler der nordirischen Regierung. Er war derjenige, der die Republikaner in den Friedensprozess leitete.” Denn beim Karfreitagsabkommen von 1998 nahm McGuinness als Chefunterhändler für die katholisch-republikanische Sinn-Fein-Partei an den Verhandlungen teil. Das Abkommen beendete den jahrelangen Bürgerkrieg zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland, den zwischen 1968 und 1994 mehr als 3600 Menschen mit dem Leben zahlten. Im Jahr 2012 schüttelte er Queen Elizabeth in Belfast lächelnd die Hand. Ein Zeichen der Versöhnung mit dem Königreich. Ebenfalls unerwartet war das freundschaftliche Verhältnis, das er in späten Jahren mit führenden Köpfen der protestantischen Nordiren pfelgte. Zusammen mit der protestantisch-unionistischen Partei DUP (Democratic Unionist Party) schmiedete er 2007 ein Bündnis zwischen den bis dahin unversöhnlichen Parteien. Weniger gut kam er mit Arlene Foster aus, die seit 2016 als Regierungschefin für die DUP im Amt war. Die Koalition zerbrach im Januar 2017 am Streit um ein aus dem Ruder gelaufenes Förderprogramm für erneuerbare Energien. Dabei waren umgerechnet fast 500 Millionen Euro Steuergeld verschwendet worden. Neuwahlen bescherten Sinn Fein im März einen erheblichen Zuwachs an Sitzen in der Nordirischen Nationalversammlung. McGuinness trat nicht mehr an. Er mag schon geahnt haben, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Medien spekulierten über eine schwere Herzkrankheit. Der britische Ex-Premierminister Tony Blair würdigte den Beitrag von McGuinness zum Friedensprozess. “Das Nordirland-Friedensabkommen wäre niemals zustande gekommen ohne McGuinness’ Führung, Mut und ruhiges Beharren darauf, dass die Vergangenheit nicht die Zukunft bestimmen sollte”, schrieb Blair am Dienstag. Der Tod von Martin McGuinness fällt in eine politisch schwierige Zeit für Nordirland. Der geplante Brexit rüttelt an den Grundfesten des Karfreitagsabkommens. Es wurde in dem Glauben geschlossen, dass zwischen den EU-Mitgliedern Großbritannien und der Republik Irland nie wieder Grenzposten errichtet würden. Doch das steht nach dem Brexit-Votum vom vergangenen Jahr im Zweifel. London will aus dem Europäischen Binnenmarkt und der Zollunion austreten. Kontrollen an der inneririschen Grenze werden damit fast unvermeidbar.