Terroranschläge in Brüssel - Mehr als 30 Tote und über 180 Verletzte

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Terror im Herzen Europas: In Brüssel sind bei Explosionen am Flughafen und in der U-Bahn Dutzende Opfer getötet worden. Nach belgischen Medienberichten starben insgesamt über 30 Menschen. Es soll über 200 Verletzte gegeben haben. Allein in der U-Bahn seien 106 Menschen verletzt worden, sagte Brüssels Bürgermeister Yvan Mayeur.

Der belgische Premierminister Charles Michel sprach von “blinden, gewalttätigen und feigen Anschlägen”. Ob es sich bei den Terroristen um Unterstützer des erst am Freitag festgenommenen Hauptverdächtigen der Pariser Anschläge vom November 2015, Salah Abdeslam, handelte, war zunächst unklar.

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Angst in Europa vor neuem Terror

Michel sagte, die Sicherheitskräfte wappneten sich gegen weitere Bluttaten. Auch in vielen anderen europäischen Städten ging die Terrorangst um: Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte patroullierten an Flughäfen und an anderen Verkehrsknotenpunkten.

Am Brüsseler Flughafen habe sich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt, sagte Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw. Die Terrorwarnung in Belgien wurde auf die höchste Stufe angehoben.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannte sich bereits wenige Stunden nach den Explosionen zu den Attentaten.

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Der mutmaßliche Topterrorist Abdeslam war bei einem Polizei-Großeinsatz in der als Islamistenhochburg bekannten Brüsseler Gemeinde Molenbeek festgenommen worden. Bei den Anschlägen am 13. November 2015 in Paris gab es 130 Todesopfer.

Seit Abdeslams Festnahme suchte Belgien noch mutmaßliche Komplizen. In belgischen Medien wird nun über die möglichen Täter und Drahtzieher der Anschläge vom Dienstag spekuliert. Immer wieder taucht vor allem der Name Najim Laachraoui auf. Er war erst vor kurzem identifiziert und zur Fahndung ausgeschrieben worden.

Fotos: Wenn Worte fehlen - Reaktionen auf die Anschläge in Brüssel

Polizei sucht Hintermänner der Anschläge

Am Dienstag gab es in Brüssel erneut mehrere Razzien. Ermittler seien auf der Suche nach Verdächtigen, die mit den Attentaten zu tun haben könnten, berichtete der Sender RTBF mit Hinweis auf Justizquellen.

Das Auswärtige Amt in Berlin richtete einen Krisenstab ein. Unklar ist weiterhin, ob auch Deutsche unter den Opfern sind. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte darüber bislang keinerlei Informationen.

Zwei Explosionen am Flughafen, eine in der U-Bahn

Nach Angaben von Augenzeugen ereigneten sich am Dienstagmorgen gegen 8.00 Uhr zunächst am Flughafen kurz nacheinander zwei Explosionen. Zeugen wollen zuvor Schüsse gehört haben. Der Nachrichtenagentur Belga zufolge wurden am Flughafen Waffen gefunden. Belga verwies auf eine gut informierte Quelle, eine offizielle Bestätigung gebe es aber nicht. Eine Person habe etwas auf Arabisch gerufen, hatten mehrere Menschen der belgischen Nachrichtenagentur berichtet.

Gegen 9.00 Uhr kam es an der Metrostation Maelbeek mitten im EU-Viertel von Brüssel zu einer Detonation - von hier aus sind es nur wenige Minuten zu Fuß zu wichtigen EU-Gebäuden, etwa zum Sitz der Europäischen Kommission. Die Explosion wurde in einer gerade eingefahrenen U-Bahn ausgelöst. Bilder vom Tatort zeigten einen völlig zerstörten Metro-Wagen.

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Später kam es laut Belga zu einer weiteren Explosion in der Nähe der U-Bahnstation Maelbeek. Dabei handelte es sich aber um eine kontrollierte Sprengung durch Experten, wie der Rundfunk RTBF unter Berufung auf Polizeikreise berichtete.

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Der Airport Brüssel-Zaventem wurde geschlossen. Flüge wurden umgeleitet, etwa nach Frankfurt und Düsseldorf. Zudem wurden alle Metro-Stationen und sämtliche Bahnhöfe in Brüssel gesperrt. Die Bahngesellschaft SNCB rief Reisende auf, die belgische Hauptstadt bis auf weiteres nicht anzufahren. Die Deutsche Bahn stellte den Zugverkehr zwischen Aachen und Brüssel ein.

Leben in Belgien lahmgelegt

Auch der Schutz der belgischen Atomkraftwerke wurde verstärkt. Polizei sei vor Ort, ebenso Militär, hieß es vom Betreiber Engie.

Das belgische Atomkraftwerk Tihange ist nach Angaben des Betreibers Electrabel nicht evakuiert worden. Vielmehr sei verzichtbares Personal aus Sicherheitsgründen nach Hause geschickt worden, unterstrich das Unternehmen am Dienstag auf dem Kurzmitteilungsdienst Twitter.

Zuvor hatte die belgische Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf den örtlichen Polizeichef berichtet, die Anlage sei evakuiert worden. Tihange liegt 70 Kilometer von Aachen entfernt nahe der ostbelgischen Stadt Lüttich. Der Standort besteht aus drei Druckwasserreaktoren. Zuletzt waren dort 940 Mitarbeiter beschäftigt.

Die Behörden im Nachbarland Frankreich erhöhten die Polizeipräsenz an den Grenzen sowie in Bahnhöfen und Flughäfen. Innenminister Bernard Cazeneuve schickte dafür am Dienstag 1600 zusätzliche Polizisten und Gendarmen in den Einsatz, wie er nach einem Krisentreffen bei Präsident François Hollande in Paris ankündigte. Hollande versprach Belgien seine Solidarität: “Frankreich und Belgien sind durch das Grauen verbunden, das wir ein weiteres Mal teilen.”

Verstärkte Kontrollen auch in Deutschland

In Deutschland verstärkte die Bundespolizei ihre Kontrollen, etwa am Flughafen Frankfurt. Bundespräsident Joachim Gauck verurteilte die Anschläge als “schreckliches Verbrechen”. “Deutschland steht angesichts dieser terroristischen Gewaltakte an der Seite Belgiens”, schrieb er an König Philippe.

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Auf Bildern vom Brüsseler Flughafen waren blutverschmierte Menschen mit zerrissener Kleidung zu sehen. In einer der Flughafenhallen stürzte offensichtlich durch die Wucht der Explosionen die Deckenverkleidung herab. Eine riesige Glasfront wurde zerstört.

Vor knapp zwei Jahren hat es in Brüssel den bis dahin letzten Anschlag gegeben: Der Islamist Mehdi Nemmouche erschoss im Mai 2014 bei einem Anschlag auf das Jüdische Museum vier Menschen. Der Täter ist Franzose und wurde später in Frankreich verhaftet und nach Belgien ausgeliefert.

Text und Bilder: dpa

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