Er soll mehr als Mercedes-Tochter zahlen - Anruf beim Grundsteuer-Gärtner: „Meine Kunden sagen: Gut so, kämpf weiter!‘“
Dieser Grundsteuer-Fall schlägt hohe Wellen: Gärtnermeister Bernd Gruber aus Baden-Württemberg soll plötzlich mehr Grundsteuer bezahlen als die benachbarte Mercedes-Edelschmiede AMG. Jetzt wollen Anwälte dem Familienvater beispringen und seine Kunden motivieren ihn: „Lass dich nicht unterkriegen“.
Der Grundsteuer-Fall eines Gärtnermeisters in Erdmannhausen (Baden-Württemberg) sorgt für Schlagzeilen. Bernd Gruber soll plötzlich für seine Gewächshäuser 135 Euro Grundsteuer pro Quadratmeter zahlen. Das ist mehr als beispielsweise die benachbarte Mercedes-Edelschmiede AMG berappen muss - und laut Aussage Grubers existenzgefährdend für seinen Betrieb.
Die Wut des Baden-Württembergers ist entsprechend groß: „Das ist doch paradox, dass AMG weniger bezahlen soll als ich. Das ist fernab jeglicher Realität. Es kann doch nicht sein, dass ich das teuerste Gewerbegrundstück der ganzen Umgebung habe“, sagte Gruber.
Krasser Grundsteuer-Fall: „Meine Kunden sagen mir: 'Lass dich nicht unterkriegen‘“
Wie geht es dem Baden-Württemberger, nachdem sein Grundsteuer-Fall derart hohe Welle geschlagen hat? Anruf in Erdmannhausen:
„Ich habe nach der Veröffentlichung des Artikels wirklich viel Zuspruch bekommen. Erst heute morgen im Großmarkt Stuttgart haben mir meine Kollegen gesagt: ‚Gut so, kämpf weiter!‘ Ich soll bloß nicht klein beigeben. Und auch meine Kunden sagen mir: 'Lass dich nicht unterkriegen'. Außerdem habe ich einige Mails von Betroffenen bekommen, denen es ähnlich geht - das Ganze ist also offenbar kein Einzelfall“.
Gruber berichtet im Gespräch mit FOCUS online zudem, dass er zahlreiche E-Mails und Anrufe von Steuerberatern und Anwälten bekommen habe. „Die sagen auch, dass das gar nicht geht und ich rechtlich dagegen vorgehen soll.“
Gruber will Gutachter einschalten: „Meine Mitarbeiter machen sich natürlich Sorgen“
Genau das hat Gruber nun vor – und hofft auf eine Neubewertung seines Grundstücks durch einen Gutachter. Schließlich stehe die Zukunft seines Familienunternehmens auf dem Spiel – und mit ihr die der 20 Mitarbeiter.
„Die machen sich natürlich auch Sorgen“, seufzt Gruber ins Telefon. Die große mediale Aufmerksamkeit für seinen Grundsteuer-Fall mache aber allen etwas Mut, berichtet der Baden-Württemberger. „Wir hoffen alle, dass die Sache doch noch zu unseren Gunsten gelöst werden kann.“
„Dann ist es fertig, dann drehe ich den Schlüssel rum“
Hintergrund: Entscheidend für die Steuerbemessung ist in Baden-Württemberg vor allem der Bodenrichtwert der Grundstücke. Die Kommunen werden in verschiedene Zonen eingeteilt, für die die Gutachterausschüsse je nach Lage Pauschalwerte festlegen.
Grubers Gewächshäuser wurden nach seinen Angaben mit 135 Euro pro Quadratmeter bewertet. Dies entspricht dem Wert, der in Erdmannhausen für eine Wohnbebauung auf einem Aussiedlerhof angesetzt wurde. Firmengelände im Gewerbegebiet wurden hingegen mit nur 125 Euro pro Quadratmeter bewertet.
Zwar müsse die Gemeinde erst noch die Hebesätze für die Grundsteuer bestimmen, woraus sich schließlich der endgültige zu zahlende Betrag ergibt. Doch für Gruber ist angesichts der großen Fläche seines Betriebes klar: „Ich weiß nicht, wie ich das erwirtschaften soll. Dann ist es fertig, dann drehe ich den Schlüssel rum“, klagte der 48-Jährige am Montag.
User: „Ist der Betrieb erstmal weg, dann fehlen 20 Arbeitsplätze"
Dass der Familienvater als Betriebsbesitzer jetzt eine derart hohe Grundsteuer zahlen soll, schockiert nicht nur ihn. Auch in den über 500 User-Kommentaren zu dem Artikel offenbart sich großes Unverständnis: „Wir verbürokratisieren uns zu Tode“, meint ein FOCUS-online-Leser.
Eine andere Leserin schreibt: „Ist der Betrieb erstmal weg, dann fehlen 20 Arbeitsplätze und es gibt keine Gewerbesteuer mehr. Die Gemeinde sollte da doch schalten und ihm helfend beispringen." Und ein weiterer User beklagt, dass „die Festlegung der Grundstückswerte“ heutzutage nur noch „sehr schwer nachvollziehbar“ sei.