Menschlicher Fehler: Nur die Technik rettete zwei Passagiermaschinen vor der Kollision
Über dem Indischen Ozean wäre es vor einigen Tagen beinahe zur Katastrophe gekommen. Fast wäre ein Airbus A380 mit einem anderen Flugzeug zusammengestoßen – wenn die Automatik die Piloten nicht gewarnt hätte.
Es ist das größte Flugzeug der Welt und fasst bis zu 615 Passagiere. Der Airbus A380 hat die Boeing 747, den Jumbojet, das Nonplusultra des Flugverkehrs, längst abgelöst. Eine dieser Maschinen der Fluggesellschaft Emirates wäre am 14. Juli nun beinahe mit einem Airbus A330 der Fluggesellschaft Air Seychelles zusammengestoßen.
Wie im Straßenverkehr gibt es auch im Flugverkehr Regeln, an die sich Piloten penibel genau zu halten haben – schließlich kann jeder Crash unmittelbar zum Tod vieler Menschen führen. Besonders, wenn es um Passagiermaschinen geht. Deshalb muss zu allererst verhindert werden, dass Flugzeuge auf dieselbe Flugbahn geraten. Von Fluglotsen werden sie daher in verschiedene Höhen, weit voneinander entfernt, koordiniert. Wenn sich mal eine Flugbahn kreuzt oder zwei Flugzeuge in entgegengesetzter Richtung aufeinander zufliegen, geschieht das im Idealfall mit einem ausreichenden Höhenunterschied.
Kommt es aber zu menschlichem Versagen, ist dieser Idealfall außer Kraft gesetzt. Und das geschieht immer wieder, da der Flugverkehr hauptsächlich über Funk, also über Sprache, geregelt wird. Wenn ein Pilot die Anweisung eines Lotsen missversteht, kann das bereits zu Problemen führen – zum Beispiel, dass Flugzeuge auf dieselbe Flugbahn geraten und drohen zu kollidieren. In der Fliegersprache heißt das „near miss“. Genau das ist nun auch vor ein paar Tagen passiert.
Der besagte Airbus A380 war auf dem Weg von Dubai nach Mauritius. Während des Sinkflugs auf Mauritius kam es zu einem Missverständnis: Der Fluglotse koordinierte den Piloten der Maschine auf Flight Level 380 zu sinken – das entspricht 380.000 Fuß, also knapp 116 Kilometer. Der Pilot aber scheint den Lotsen falsch verstanden zu haben. Er sank auf Flight Level 360 und teilte dies dem Lotsen mit. Der aber wiederum verstand den Piloten falsch – und so kam es zum Beinahe-Unglück.
Denn ein Airbus A330 von Air Seychelles war kurz zuvor von Mauritius aus gestartet, in Gegenrichtung zum A380. Er hatte die Anweisung des Lotsen bekommen, auf Flight Level 370 zu steigen. Die beiden Flugzeuge flogen also direkt aufeinander zu, mit einem Höhenunterschied von nur knapp 14 Kilometern und einer Geschwindigkeit von 800 Stundenkilometern – was den Piloten nur eine Reaktionszeit von wenigen Sekunden ließ.
Zum Glück verlassen sich Flugzeug-Crews und Lotsen in ihrem Zusammenspiel nicht ausschließlich auf den Funkspruch, weil dieser offensichtlich leicht missverstanden werden kann. Das „Traffic Alert and Collision Avoidance System“, das „Verkehrswarnungs- und Kollisionvermeidungssystem“ (TACS), soll mögliche Fehler in der Kommunikation ausgleichen.
Das TACS springt an, wenn zwei Flugzeuge sich auf Kollisionskurs befinden. Sobald der Sicherheitsabstand unterschritten wird, schlägt es dem Piloten einen Ausweichkurs vor. Auf diese Weise wurde der Pilot der A330 gewarnt und zog sofort nach rechts. Die beiden Flugzeuge näherten sich trotzdem bis in Sichtweite. „Die beiden Crews konnten einander sehen“, berichtet „Aviation Herald“.
Der Fluglotse wies den Piloten der Emirates-Maschine anschließend auf seinen Fehler hin und schlug dem anderen Piloten vor, das Ganze unter den Teppich zu kehren: „Der Emirates-Pilot wird großen Ärger kriegen, wenn Sie den Vorfall melden, was wir dann bestätigen würden. Wenn Sie aber die Sache auf sich beruhen lassen, würde ich die Sache von meiner Seite aus ebenfalls auf sich beruhen lassen.“
Der Pilot der Air-Seychelles-Maschine jedenfalls gilt im Internet nun als Held. Der Vorfall wurde öffentlich. Was aus dem Piloten der Emirates-Maschine wurde, ist nicht bekannt. Die Website „eTurboNews“ berichtete lediglich, der Pilot befinde sich „in trouble“.