Mentale Gesundheit - Wie Angst, Neid und Missgunst das Teamklima vergiften
Die Dynamik am Arbeitsplatz kann oft eine Herausforderung sein, besonders wenn Neid und Missgunst ins Spiel kommen. Nachhaltigkeits-Spezialistin Anabel Ternès zeigt auf, wie mentale Gesundheit und eine nachhaltige Arbeitsumgebung zusammenhängen.
Welche Rolle spielen mentale Erkrankungen bei der Entstehung von Kollegenneid und Missgunst?
Wem ist das nicht schon einmal passiert: Man hat eine Aufgabe mit viel Einsatz und Freude erledigt, vielleicht sogar einen schwierigen Meilenstein erreicht. Der Chef lobt uns vor allen, ein paar Kollegen klatschen höflich, aber im Hintergrund merkt man, dass einige Kollegen still bleiben, vielleicht sogar skeptische Blicke zuwerfen.
Schnell stellt sich die Frage: Woher kommen diese negativen Reaktionen? Ein oft übersehener Aspekt in solchen Situationen ist die Rolle, die mentale Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen bei der Entstehung von Neid und Missgunst im Kollegenkreis spielen können.
Studien zeigen, dass Menschen mit unbehandelten mentalen Erkrankungen oft ein geringeres Selbstwertgefühl haben, was dazu führt, dass sie sich stärker von den Erfolgen anderer bedroht fühlen. Laut einer Erhebung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2023 leiden weltweit etwa 5 Prozent der Erwachsenen an einer Depression. Diese Erkrankung kann dazu führen, dass Betroffene Schwierigkeiten haben, Freude am Erfolg anderer zu empfinden, weil sie sich selbst ständig unter Druck setzen und an ihren eigenen Fähigkeiten zweifeln.
Ein konkretes Beispiel: Stellen Sie sich vor, eine Kollegin, die an einer unbehandelten Angststörung leidet, sieht, wie Sie für Ihre Arbeit gelobt werden. Ihre eigene Unsicherheit könnte sich in Neid und Missgunst äußern, weil sie Ihre Erfolge als eine Bedrohung für ihre Position empfindet. In einer gesunden mentalen Verfassung wäre sie möglicherweise in der Lage, Ihre Leistung zu schätzen und sich mit Ihnen zu freuen, aber die Angst verstärkt negative Gedanken und führt zu einer verzerrten Wahrnehmung.
Dieser Zusammenhang zwischen mentalen Erkrankungen und negativen Emotionen wie Neid und Missgunst sollte nicht unterschätzt werden. Es ist wichtig, sich darüber bewusst zu sein, dass solche Reaktionen oft mehr mit den inneren Kämpfen der betroffenen Person zu tun haben als mit Ihrer eigenen Leistung. In einem unterstützenden Arbeitsumfeld können Aufklärung und Gespräche über mentale Gesundheit dazu beitragen, ein besseres Verständnis zu entwickeln und solche Spannungen zu entschärfen.
Wie können Unternehmen eine nachhaltige Arbeitsumgebung schaffen, die das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördert und somit mentale Erkrankungen vorbeugt?
Wer in den letzten Jahren Bilder von Einrichtungstrends für Büros oder modernen Arbeitsorten allgemein gesehen hat, stieß häufig auf Naturmaterialien, weiche Töne und viele Pflanzen. Geht es Ihnen auch so? Aber hinter diesen Trends steckt mehr als nur Ästhetik. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die nicht nur umweltfreundlich ist, sondern auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördert und somit präventiv gegen mentale Erkrankungen wirkt.
Ein Beispiel: Im Jahr 2022 führte das Fraunhofer-Institut eine Studie durch, die zeigte, dass eine Bürogestaltung mit viel Tageslicht, grünen Pflanzen und ergonomischen Möbeln die Produktivität um bis zu 15 Prozent steigern und das Stresslevel der Mitarbeiter signifikant senken kann (Quelle: Fraunhofer IAO, „Gesundes Arbeiten in einer nachhaltigen Büroumgebung“, 2022). Diese Faktoren tragen wesentlich dazu bei, dass sich Mitarbeiter wohler fühlen und somit weniger anfällig für Burnout oder depressive Verstimmungen sind.
Nachhaltigkeit spielt hier eine doppelte Rolle. Einerseits reduziert sie den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens, andererseits fördert sie ein gesünderes Arbeitsklima. Durch den Einsatz von natürlichen Materialien wie Holz und Baumwolle, die nicht nur umweltfreundlich, sondern auch gesundheitlich unbedenklich sind, können Unternehmen eine Atmosphäre schaffen, die entspannend wirkt und gleichzeitig die Kreativität fördert.
Ein weiteres Beispiel: Ein Unternehmen in Berlin hat seine Büros so umgestaltet, dass die Mitarbeiter in einem offenen Raum mit vielen Pflanzen, natürlichem Licht und Rückzugsmöglichkeiten arbeiten können. Eine interne Befragung ergab, dass 80 Prozent der Mitarbeiter sich seit der Umgestaltung weniger gestresst fühlen und ihre Arbeitszufriedenheit deutlich gestiegen ist (Quelle: Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, „Bericht zur Arbeitsplatzgestaltung“, 2023).
Was sind die langfristigen Auswirkungen von 'Mit fremden Federn schmücken' auf das Arbeitsklima und die psychische Gesundheit der Mitarbeiter?
„Das hab ich doch gerade schon gesagt! Jetzt sagt er es, und alle loben ihn dafür.“ Ist Ihnen so etwas schon einmal passiert? Man bleibt still, aber innerlich brodelt es. Es ist frustrierend, wenn die eigenen Ideen übergangen werden, nur damit jemand anders später die Anerkennung dafür bekommt. Doch was passiert, wenn dieses Verhalten in einem Unternehmen zur Gewohnheit wird?
Langfristig kann das Phänomen des „Mit fremden Federn schmücken“ das Arbeitsklima erheblich belasten. Wenn Mitarbeiter regelmäßig erleben, dass ihre Beiträge ignoriert oder von anderen als die eigenen ausgegeben werden, führt das nicht nur zu Frustration, sondern auch zu einem Gefühl der Entfremdung vom Arbeitsplatz. Eine Studie der Harvard Business School aus dem Jahr 2019 hat gezeigt, dass 75 Prozent der Mitarbeiter, die sich in ihrer Arbeit nicht wertgeschätzt fühlen, eher dazu neigen, den Arbeitsplatz zu wechseln (Quelle: Harvard Business Review, „The Cost of Ignoring Employee Recognition,“ 2019).
Ein Beispiel dafür könnte eine Marketingabteilung sein, in der ein kreatives Teammitglied eine neue Kampagnenidee vorstellt, die jedoch zunächst keine Beachtung findet. Wenige Wochen später bringt der Abteilungsleiter dieselbe Idee als seine eigene ein, und plötzlich erhält sie Zustimmung und Lob. Das betroffene Teammitglied fühlt sich übergangen und demotiviert. Solche Situationen häufen sich und erzeugen eine Kultur des Misstrauens und der Wettbewerbsfeindlichkeit, was die Teamarbeit untergräbt.
Auf lange Sicht kann dieses Verhalten zu einer erhöhten Mitarbeiterfluktuation führen. Laut einer Untersuchung von Gallup aus dem Jahr 2020, verlassen 64 Prozent der Mitarbeiter ihre Stelle nicht wegen des Unternehmens, sondern wegen ihrer direkten Vorgesetzten (Quelle: Gallup, „The Manager Experience: Top Challenges & Perks of Managing,“ 2020). Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihre Ideen und Anstrengungen nicht anerkannt werden, sinkt ihre Loyalität gegenüber dem Unternehmen, und die psychische Belastung steigt. Dies kann zu Stress, Burnout und im schlimmsten Fall zu ernsthaften psychischen Erkrankungen führen.
Können Sie konkrete Maßnahmen nennen, die Unternehmen ergreifen können, um eine nachhaltige und gesunde Arbeitsatmosphäre zu fördern, in der Neid, Missgunst und 'Mit fremden Federn schmücken' minimiert werden?
Es gibt einige gute Ansätze, die sich als besonders effektiv erwiesen haben:
Etablieren Sie eine transparente Anerkennungskultur: Unternehmen wie Google haben gezeigt, dass eine transparente Anerkennungskultur den Teamzusammenhalt stärkt. Google verwendet eine Plattform namens “Google Reviews”, bei der Mitarbeiter regelmäßig Feedback von Kollegen erhalten und geben können. Diese Art von regelmäßiger, offener Anerkennung fördert ein Umfeld, in dem Beiträge und Erfolge klar kommuniziert und gewürdigt werden.
Fördern Sie Teamarbeit und gemeinschaftlichem Erfolg: Ein gutes Beispiel ist Salesforce, das seine Mitarbeiter dazu ermutigt, „Team-Player Awards“ zu vergeben, die auf Teamleistungen basieren. Dies verlagert den Fokus von individuellen Erfolgen hin zu kollektiven Leistungen.
Führen Sie regelmäßig strukturierte Feedback-Gespräche: Microsoft hat mit seiner Einführung von regelmäßigen Feedback-Gesprächen unter Führungskräften und Mitarbeitern einen erfolgreichen Schritt gemacht. Diese Gespräche sind darauf ausgelegt, konstruktives Feedback in Echtzeit zu geben, was hilft, Missverständnisse und das Gefühl von Ungerechtigkeit zu verringern. Die Microsoft-Studie zeigt, dass solche regelmäßigen Feedback-Runden die Mitarbeiterzufriedenheit um 35 Prozent gesteigert haben (Quelle: Microsoft Research, „The Impact of Continuous Feedback on Employee Engagement,“ 2022).
Unterstützen Sie Mentoring-Programme und Karriereentwicklung: IBM hat ein Mentoring-Programm eingeführt, das nicht nur auf berufliche Entwicklung abzielt, sondern auch auf die Förderung von Teamdynamik und gegenseitiger Unterstützung. Ein solches Programm kann das Gefühl der Isolation reduzieren und gleichzeitig den Austausch von Ideen und Anerkennung fördern.
Bieten Sie Führungskräfte-Schulungen an zur Förderung einer positiven Kultur: Unilever setzt auf Schulungen für Führungskräfte, die speziell darauf ausgerichtet sind, eine Kultur der Wertschätzung und Offenheit zu fördern. Diese Schulungen helfen Führungskräften, eine unterstützende und transparente Kommunikationsweise zu entwickeln, die Neid und Missgunst vermindert. Unilever hat festgestellt, dass durch diese Schulungen die Mitarbeiterzufriedenheit um 40 Prozent gestiegen ist und die Fluktuation um 15 Prozent gesenkt wurde (Quelle: Unilever Corporate Report, „Training Leaders for a Positive Work Culture,“ 2023)