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Merkel: Müssen im Klimaschutz wieder besser werden

Bundeskanzlerin Merkel beim Petersberger Klimadialog teil. Foto: Markus Schreiber/POOL AP
Bundeskanzlerin Merkel beim Petersberger Klimadialog teil. Foto: Markus Schreiber/POOL AP

Seit zwölf Jahren führt Angela Merkel die Bundesregierung, als «Klimakanzlerin» feiern Umweltschützer sie längst nicht mehr. Nun warnt sie vor teuren Folgen des Nichtstuns im Klimaschutz - und hat für Deutschland ein «großes Sorgenkind» ausgemacht.

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat größere Anstrengungen im Klimaschutz angemahnt. «Wir in Deutschland müssen zugeben, dass wir besser werden müssen», sagte Merkel in Berlin beim Petersberger Klimadialog vor Vertretern aus mehr als 30 Ländern.

Das Land habe sich «sehr ambitionierte Ziele» gesetzt, sagte sie mit Blick auf das Klimaschutzziel 2020, das Deutschland wohl deutlich verpassen wird. «Deshalb haben wir jetzt auch alle Hände voll zu tun, dass wir die Lücke, die sich jetzt ergibt, noch wirklich schließen können.»

Deswegen sei die Kommission für die Vorbereitung des Kohleausstiegs so wichtig, die kommende Woche ihre Arbeit aufnimmt. Die Aufgabe sei, den vom Strukturwandel betroffenen Menschen zu sagen: «Passt auf, es wird sich etwas ändern. Aber wir denken zuerst an euch, und nicht nur an die CO2-Emissionen.» Auch in anderen Bereichen sieht Merkel Nachholbedarf: «Unser großes Sorgenkind in Deutschland ist der Verkehr», sagte sie. Der Altbau-Bestand sei ein «schlafender Riese», Sanierungen könnten viele Emissionen einsparen. In der Landwirtschaft rechnet Merkel nach eigenen Worten noch mit vielen Streitigkeiten.

Die Kanzlerin warnte vor hohen Kosten, die Versäumnisse im Klimaschutz weltweit hätten. «Die volkswirtschaftlichen Kosten des Nichtstuns lassen sich kaum beziffern, aber sie sind gewaltig», sagte sie. Globale Probleme ließen sich nur gemeinsam lösen. «Sehr bedauerlich» sei, dass sich die USA unter Präsident Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen zurückziehen wollten, sagte Merkel. «Wir sind überzeugt, wir müssen die multilaterale Zusammenarbeit stärken und dürfen eine Schwächung nicht zulassen.» Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte zum Abschluss, der US-Vertreter habe die Position seiner Regierung «sehr deutlich» gemacht.

Den jährlichen Petersberger Klimadialog hat Merkel, die seit 2005 Bundeskanzlerin ist, im Jahr 2010 selbst ins Leben gerufen. Er dient der Vorbereitung des nächsten Weltklimagipfels. Im Dezember kommen die UN-Klimadiplomaten im polnischen Kattowitz zusammen, um unter anderem Regeln für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens zu beschließen. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte, die Staaten müssten anerkennen, dass sie unterschiedliche Voraussetzungen hätten. Polen ist ein Kohleland. Er betonte aber auch, dass Klimaneutralität das Ziel sei und sein Land Fortschritte mache.

Der zweitägige informelle Austausch, an dem unter anderem Russland, China und Indien teilnahmen, stand unter dem Motto «Just Transition» («Gerechter Wandel»). Das Thema Solidarität solle auch bei der Weltklimakonferenz eine Rolle spielen, sagte der designierte Präsident des Gipfels, Michal Kurtyka. Schulze betonte, dass die Staaten ihre CO2-Einsparziele steigern müssten und es klare Richtlinien für die Umsetzung des Pariser Abkommens brauche.

Fast alle Staaten haben sich 2015 in Paris vorgenommen, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Mit den aktuellen nationalen Zielen fürs CO2-Sparen gelten aber rund drei Grad oder mehr als wahrscheinlich.

Merkels Forderung nach mehr Klimaschutz beeindruckte Umweltschützer wenig. «Visionen oder konkrete Pläne hat sie keine geliefert», kritisierte Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND. Germanwatch fand, die Kanzlerin habe «zwar viel Richtiges, aber zu wenig Konkretes gesagt». Der Deutsche Naturschutzring und die Klima-Allianz forderten Merkel auf, im Klimaschutz enger mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron zusammenzuarbeiten, den sie später am Dienstag treffen wollte. «Merkels Warnung vor dem Nichtstun ist nur dann etwas wert, wenn sie selbst endlich handelt», sagte Tobias Münchmeyer von Greenpeace.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock kritisierte, Merkel habe verpasst, gemeinsam mit Frankreich einen Neustart für den Klimaschutz einzuleiten. «Die Klimakrise wartet nicht auf Deutschland», sagte der Linke-Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin. Er bezeichnete Merkels Rede als «lustlos, inhaltsleer, planlos».