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Merkel will rasche Einigung auf Milliarden-Paket

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hört im Foyer des Bundeskanzleramtes EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), die per Video zugeschaltet ist, zu.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hört im Foyer des Bundeskanzleramtes EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), die per Video zugeschaltet ist, zu.

Im Vorsitz der EU-Länder wartet in zwei Wochen auf Deutschland die erste Bewährungsprobe: die verzwickten Haushaltsverhandlungen. Bundeskanzlerin Merkel will den Durchbruch - und ist sich da mit Ursula von der Leyen völlig einig.

Berlin/Brüssel (dpa) - Im Ringen um den nächsten EU-Haushaltplan und das Milliardenpaket zur wirtschaftlichen Erholung machen Kanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen Tempo.

Ziel sei eine Einigung beim Sondergipfel am 17. und 18. Juli, sagte Merkel am Donnerstag. Eine Verzögerung wäre nicht gut. «Jeder Tag zählt», betonte auch von der Leyen in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel.

Deutschland hat seit Mittwoch den Vorsitz der 27 EU-Staaten und soll als Vermittler dazu beitragen, einen Konsens über das beispiellose Finanzpaket zu finden. Von der Leyen hatte einen siebenjährigen Haushaltsplan im Umfang von 1,1 Billionen Euro vorgeschlagen sowie einen Wiederaufbauplan nach der Coronakrise im Umfang von 750 Milliarden Euro. Noch sind die Positionen der EU-Staaten allerdings weit auseinander.

Alle wüssten, wo die Schwierigkeiten lägen, sagte Merkel. Doch wäre eine Einigung noch im Juli gut. «Wenn wir etwas mehr Zeit brauchen, wäre es die nicht so gute Variante», fügte die CDU-Politikerin hinzu. Zu einer Einigung im Laufe des Sommers sehe sie ohnehin keine Alternative. Es sei wichtig, dass die Antwort auf die Krise «so gestrickt ist, dass sie wuchtig ist», betonte Merkel. Die ganze Welt schaue darauf, was die Europäische Union zustande bringe.

Von der Leyen gab sich recht optimistisch, dass letztlich eine Einigung gelingen werde. Die Grundzüge ihres Vorschlags würden nicht in Frage gestellt, das sei ein sehr gutes Zeichen, sagte sie. Ihr Vorschlag ist, die 750 Milliarden Euro als Schulden im Namen der EU auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen und dann über Jahrzehnte hinweg gemeinsam abzubezahlen.

Allerdings sind nach Angaben aus EU-Kreisen praktisch alle wichtigen Details nach wie vor umstritten, darunter auch die Grundfrage, ob auf Kredit aufgenommenes Geld als Zuschuss an EU-Krisenstaaten verteilt werden soll oder nur als Kredit. Außerdem wird darüber gestritten, nach welchen Kriterien das Geld vergeben und welche Bedingungen dafür erfüllt werden müssen. Auch der Umfang des Konjunkturprogramms und des Haushaltsplans sind offen.

Von der Leyen hat Merkel für den 8. Juli zur Vorbereitung zu einem Treffen mit EU-Ratschef Charles Michel und EU-Parlamentspräsident David Sassoli nach Brüssel eingeladen. Für Ende nächster Woche wird dann ein Kompromissvorschlag von Michel erwartet, der den Weg zu einer Einigung ebnen soll.

Merkel und von der Leyen hatten in einer Videokonferenz mit Ministern und Kommissaren das Programm für die deutsche Ratspräsidentschaft in den nächsten sechs Monaten besprochen. Wichtiges Thema ist dabei auch das Verhältnis zu China - vor allem nach der Zuspitzung über das drastische chinesische Sicherheitsgesetz für Hongkong. Merkel sagte, der Dialog mit China solle trotzdem aufrecht erhalten werden, die Beziehungen seien wichtig und von strategischer Bedeutung.

Man werde über Menschenrechte ebenso sprechen wie über andere gesellschaftliche Bereiche, aber auch über das seit Jahren vorbereitete Investitionsschutzabkommen und Klimaschutz. Thema sollen auch die Beziehungen zu Drittstaaten sein. Diese seien sehr schwierig, weil die EU etwa in Afrika auch mit chinesischen Interessen konkurriere, machte Merkel deutlich. Man müsse jedenfalls hier eine Plattform finden.

Auf die Frage, ob die EU ähnlich wie die USA wegen des chinesischen Sicherheitsgesetzes für Hongkong über Sanktionen nachdenke, ging Merkel nicht direkt ein. Sie verwies aber auf die Stellungnahme der europäischen Außenminister, die ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht hätten.

Merkel und von der Leyen betonten ihr großes Einverständnis und Vertrauen als gute Basis für die enge Zusammenarbeit für Europa in den nächsten sechs Monaten. Auf die Frage, ob es gut sei, dass ausgerechnet zwei deutsche Frauen nun die Geschicke in der EU beeinflussen, sagte Merkel: «Früher haben das zwei Männer immer geschafft, jetzt müssen wir das als zwei Frauen schaffen, und wir sind da ganz selbstbewusst, dass wir das hinkriegen, glaube ich, nicht wahr, Ursula?»