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Reinhold Messner rechnet mit vielen Toten am Everest

Der Extrembergsteiger und Abenteurer Reinhold Messner. Foto: Horst Ossinger

Das gewaltige Himalaya-Erdbeben hat am Mount Everest mehrere Lawinen gelöst, die Dutzende Bergsteiger unter sich begruben.

Der Extrembergsteiger Reinhold Messner (70) kennt die Gegend gut, er erlebte selbst einmal ein Erdbeben am Nanga Parbat. Es werde sehr lange dauern, alle Menschen runter ins Basislager zu bringen, sagt der Südtiroler im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Frage: Sie kennen die Gegend - wie schätzen Sie die Lage der Kletterer ein?

Antwort: Ich kann mir das Ganze vorstellen, weil ich häufig dort war. Ich kenne diese tiefen Schluchttäler in Nepal, wo sehr schnell Steinschlag und auch Erdrutsche runterkommen. Das ist eine große Tragödie, die da passiert. Ich bin auch überzeugt, dass die Toten viel mehr sein werden, weil die Nachrichten erst nach Tagen und Wochen nach Kathmandu in die Hauptstadt kommen.

Frage: Wie schwer ist es jetzt, die festhängenden Kletterer vom Berg herunter zu bekommen?

Antwort: Die Saison hat gerade erst begonnen, die Sherpa sind noch nicht fertig mit dem Aufbau der Piste. Die Touristen haben gerade angefangen, sich zu akklimatisieren. Das heißt, sie steigen ein Stück hoch, sie sind jetzt in Lager eins und in Lager zwei. Dann gehen sie wieder runter, um sich an die Höhe anzupassen und dann erst wird der Aufstieg gemacht. Nun sind da oben angeblich 100 Leute. Die können im Notfall ausgeflogen werden. Ein Hubschrauber ist heute in der Lage, in dieser Höhe ohne Probleme zu landen und die Leute auszufliegen. Das wird man im Notfall machen. Aber die können dort oben auch eine Woche lang bleiben, auch einen Monat lang - wenn sie genügend Nahrungsmittel kriegen. Und die Sherpa, die einheimischen Führer, sind sicher in der Lage, wieder einen Weg nach unten zu bauen.

Frage: Aber wie lange wird es dauern, 100 Menschen vom Everest herunter zu bekommen?

Antwort: Man wird sehr lange brauchen, alle runter ins Basislager zu bringen. Dann müssen die Sherpa erst den ganzen Eisbruch wieder präparieren mit Seilen und mit Leitern. Es zeigt sich halt, dass diese Form des Tourismus - bis auf den Gipfel des Everest vorgetragen zu werden - im Grunde ein absoluter Unsinn ist. Wenn jemand nicht selber in der Lage ist, sich einen Weg auf den Everest auszudenken und dann raufzusteigen, ohne diesen riesigen Apparat an Helfern, dann soll er was Gescheites machen.

ZUR PERSON: Reinhold Messner (70) ist Bergsteiger, Abenteurer und Buchautor. Er und Peter Habeler kletterten 1978 als erste ohne Sauerstoff auf den Mount Everest. Messner bestieg alle 14 Achttausender.

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