Meuternde Soldaten: Äthiopischer Premier entschärft Situation mit Liegestützen

Premierminister Abiy Ahmed forderte die protestierenden Soldaten kurzerhand zu einer Runde Liegestütze auf (Bild: Ethiopian Mission EU/Twitter)
Premierminister Abiy Ahmed forderte die protestierenden Soldaten kurzerhand zu einer Runde Liegestütze auf (Bild: Ethiopian Mission EU/Twitter)

Am Mittwoch kam es in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba zu bedrohlichen Szenen: Hunderte unzufriedene Soldaten versammelten sich vor dem Amtssitz des Premierministers, etwa die Hälfte davon bewaffnet. Die Behörden reagierten mit Straßensperrungen, das Internet wurde abgeschaltet. Doch der befürchtete Aufstand blieb aus, die Lage konnte auf etwas unkonventionelle Weise entschärft werden.

Die Militärangehörigen, die gegen ihre schlechte Bezahlung protestierten, ließen sich davon überzeugen, die Waffen abzugeben und durften anschließend Premierminister Abiy Ahmed ihr Anliegen vortragen. Der empfing die Abordnung mit einer scherzhaften Rüge: Für den unangemeldeten Besuch verdonnerte er sie zu zehn Liegestützen – der Staatschef, selbst Militärveteran, ging dabei mit gutem Beispiel voran. Bei den Soldaten kam die unkonventionelle Begrüßung offenbar gut an, Fernsehbilder zeigen breit grinsende Militärs, die die sportliche Übung bereitwillig mitmachten.

In der gelockerten Atmosphäre erklärte Ahmed den Soldaten danach, dass er ihre Beschwerde ernst nehme, betonte aber, vorerst keine Erhöhung des Solds versprechen zu können. Die Mittel seien knapp und die Finanzierung wichtiger Entwicklungsprogramme habe Vorrang, weshalb auch alle anderen Staatsbediensteten mit niedrigen Gehältern auskommen müssten. Er kündigte jedoch weitere Gespräche an. Die uniformierten Demonstranten gaben sich damit offenbar zunächst zufrieden.

Die Details über Vorfall erreichten eine breitere Öffentlichkeit mit Verzögerung, da die Internetsperre erst am Donnerstag wieder aufgehoben wurde. Anhänger des Premiers feiern im Netz seitdem die unkonventionelle Lösung des Konflikts, Gegner kritisieren sein Benehmen dagegen als amtsunwürdig.

Sicherheitsexperten sind indes trotz des versöhnlichen Ausgangs durch den Vorfall beunruhigt. Ein früherer General zeigte sich im Gespräch mit der BBC über den Sicherheitsverstoß alarmiert. Dass der Aufmarsch vor dem Büro des Premiers überhaupt möglich war, spreche für ein massives Versagen des Militärgeheimdienstes – oder Absicht: Womöglich sei der Protest durch höhere Militärkreise gesteuert gewesen. Auch andere Experten gehen von einem Warnschuss des Militärs gegen den Reformkurs Ahmeds aus.

Premier Ahmed gehört der Ethnie der Oromo an, die unter den Vorgängerregierungen jahrzehntelang benachteiligt und unterdrückt worden war. Er wurde im April 2018 in das Amt gewählt, nachdem Vorgänger Hailemariam Desalegn nach dreijährigen Unruhen den Rücktritt eingereicht hatte. Ahmed verfolgt seitdem einen Reformkurs, der die Legalisierung von oppositionellen Gruppen und eine wirtschaftliche Liberalisierung beinhaltet. International sorgte vor allem das Friedensabkommen mit seit Jahrzehnten verfeindeten Nachbarland Eritrea für Aufmerksamkeit.