Von Miete bis Ausbildung der Pfleger - Heimbewohner zahlen fast 2900 Euro im Monat selber – wie sich die Lage ändern lässt

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Es gibt mehr Auszubildende zur Pflegehilfe in Sachsen. (Symbolbild)Marijan Murat/dpa

2871 Euro Eigenanteil kostet ein Platz im Pflegeheim im Durchschnitt die Bewohner. Davon bezahlen sie nicht nur Miete und Verpflegung, sondern auch die Investitionen des Betreibers und die Ausbildung des Personals - eine Aufschlüsselung.

Die Kosten für die Pflege von Senioren steigen in Deutschland weiter rasant an. Die Deutsche Pflegeversicherung warnt davor, bereits nächstes Jahr möglicherweise vor der Pleite zu stehen und auch für die Betroffenen selbst steigen die Kosten. Nach Angaben des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) stieg der durchschnittliche Eigenanteil für einen Platz in einem Pflegeheim dieses Jahr auf 2871 Euro im Monat. Das sind 211 Euro oder rund 8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Von dem Geld zahlen Heimbewohner aber nicht nur Unterkunft, Verpflegung und Pflegeleistungen, sondern müssen das gesamte System mitfinanzieren. Folgende Posten stecken in dem hohen Eigenanteil:

1. Miete und Verpflegung

Rund ein Drittel des Eigenanteils geht für die Miete des Zimmers und die Verpflegung in der Unterkunft drauf. Die Spanne liegt zwischen durchschnittlich 716 Euro in Sachsen-Anhalt und 1193 Euro in Nordrhein-Westfalen, kann aber je nach Kommune noch weiter schwanken. Meist ist hierbei auch die Reinigung des Zimmers enthalten, schließlich können das Pflegebedürftige nicht selbst. Die Kosten für Miete und Verpflegung reduzieren sich bei längerer Abwesenheit aus dem Pflegeheim und dann, wenn ein Pflegebedürftiger ausschließlich oder überwiegend durch eine Magensonde ernährt wird.

2. Personalkosten

Die Personalkosten stellen zum Großteil den Anteil für die eigentliche Pflege dar, aber auch für alle anderen Angestellten des Pflegeheims. Die Kosten hierfür machen im Schnitt 50 Prozent des Eigenanteils aus. Finanziert werden sie über den so genannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE). Das bedeutet, dass jeder Heimbewohner unabhängig von seinen tatsächlichen Pflegebedürfnisse dieselbe Pauschale bezahlt. Heimbewohner mit geringen Pflegegraden zahlen so drauf, Bewohner mit höheren Pflegegraden werden dadurch subventioniert. Der EEE ist dort am höchsten, wo die durchschnittlichen Gehälter am höchsten sind. So zahlen Heimbewohner in Baden-Württemberg im Schnitt einen EEE von 1716 Euro pro Monat, während es in Hamburg nur 1096 Euro sind. Die Personalkosten sind laut vdek einer der Treiber der steigenden Eigenanteile, weil durch gute Tarifabschlüsse die Löhne der Pflegebediensteten steigen.

3. Investitionskosten

Unter den Investitionskosten verbergen sich die Ausgaben eines Heims für den Aus- und Umbau des Heims, Modernisierungsmaßnahmen und Instandhaltung. Das kann vom verbesserten Brandschutz über einen neuen Aufzug bis zu neuen Möbeln in den Gemeinschaftsräumen alles sein. Die Investitionskosten machen rund ein Sechstel des gesamten Eigenanteils aus. Im Bundesdurchschnitt sind das 457 Euro im Monat, wobei die Spanne von 313 Euro in Brandenburg bis 587 Euro in Nordrhein-Westfalen reicht.

Die Investitionskosten könnten in den nächsten Jahren stärker ansteigen als andere Bestandteile des Eigenanteils. Das liegt daran, dass auf Grund der immer höheren Zahl an Pflegebedürftigen Heime entsprechend neu und ausgebaut werden müssen. Staatliche Förderungen dafür wurden in den vergangenen Jahren gekürzt, so dass mehr Kosten auf die Heimbewohner umgelegt werden.

4. Ausbildungsumlage

Je nach Einrichtung trägt dieser Kostenpunkt der Personalkosten vielleicht einen anderen Namen, bezahlt wird damit die Ausbildung neuen Personals. Heimbewohner müssen daran einen Anteil zahlen, der im Vergleich zu den anderen Kosten mit rund 100 Euro pro Monat geringer ausfällt. Gerade diese Umlage ist aber umstritten. Verbände wie der Sozialverband Deutschland argumentieren, dass die Ausbildung von Pflegepersonal eine staatliche Aufgabe sein und daher auch von öffentlicher Hand bezahlt werden sollte.

Wie werden sich die Pflegekosten entwickeln?

Insgesamt werden die Kosten für die Pflege in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Bedingt durch den demografischen Wandel gibt es immer mehr Senioren in Deutschland, bei denen die Wahrscheinlichkeit, zum Pflegefall zu werden, höher ist als bei Jüngeren. Bis 2035 soll die Zahl der Pflegebedürftigen um 540.000 Personen ansteigen, bis 2055 um 1,84 Millionen Personen. Zwar müssen nicht alle davon in ein Pflegeheim, allerdings muss die Zahl der Plätze trotzdem massiv ausgebaut werden. Auch die Personalkosten werden weiter steigen. Dieses Jahr stiegen die Tariflöhne um 200 Euro plus 5,5 Prozent. Daran dürfte sich in den kommenden Jahren wenig ändern, denn Pflegekräfte werden händeringend gesucht – und in einer solchen Notlage steigen für gewöhnlich die Löhne stark.

Die Lösung des Problems könnte sein, den Eigenanteil abzuschaffen und die Pflegeversicherung zu einer Pflegevollversicherung machen. Die Finanzierung könnte etwa dadurch gelingen, dass die Beitragsbemessungsgrenze abgeschafft wird, also Menschen mit höherem Einkommen höhere Beiträge zahlen. Ebenso wird darüber nachgedacht, die private Pflegeversicherung abzuschaffen und alle dort Versicherten – hauptsächlich wohlhabende Menschen – ebenfalls in die gesetzliche Pflegeversicherung zu integrieren. Der Beitrag müsste aber wohl trotzdem für alle leicht um bis zu 0,2 Prozent ansteigen. Ob solche Schritte umgesetzt werden, ist aber fraglich. Eigentlich will keine der Ampel-Parteien den Pflegebeitrag erhöhen, die FDP sträubt sich zudem gegen die anderen beiden Vorschläge.

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