Milliarden werden verteilt - Habecks großes Wasserstoff-Versprechen: „Ab jetzt wird gebaggert und gebuddelt“

Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) am Montag bei einer Pressekonferenz nach der Auftaktveranstaltung zur Übergabe von Förderbescheiden an deutsche Wasserstoffprojekte<span class="copyright">Kay Nietfeld/dpa</span>
Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) am Montag bei einer Pressekonferenz nach der Auftaktveranstaltung zur Übergabe von Förderbescheiden an deutsche WasserstoffprojekteKay Nietfeld/dpa

Für die deutsche Energieversorgung der Zukunft braucht es Wasserstoff - die Entwicklung der dafür nötigen Infrastruktur steckt aber noch in den Kinderschuhen. Die Ampel nimmt jetzt Milliarden in die Hand. Ist das der dringend nötige Turbo?

Natürlich hatte er auch wieder ein großes Bild dabei. Wenn Robert Habeck eine Pressekonferenz gibt, dann erklärt er komplizierte Sachverhalte gerne mit riesigen, einfachen Grafiken. Und am Montag war das Thema besonders kompliziert: Der Wirtschafts- und Klimaminister (Grüne) übergab in Berlin die Förderbescheide für insgesamt 23 potenziell zukunftsweisende Wasserstoff-Projekte in Deutschland. Oder anders formuliert: Die Ampel-Regierung wettet insgesamt 4,5 Milliarden Euro darauf, dass nun die Wasserstoff-Industrie in Deutschland endlich in Fahrt kommt.

Das Henne-Ei-Dilemma

Für die Energie- und Klimawende ist Wasserstoff unverzichtbar. Vor allem die Industrie ist auf große Mengen angewiesen, wenn sie jemals eine Chance haben möchte, klimaneutral zu werden. Der Stahlriese Thyssenkrupp plant etwa, seine mit Kohle betriebenen Hochöfen durch sogenannte DIrektreduktionsanlagen zu ersetzen, die mit Wasserstoff betrieben werden, der wiederum aus Erneuerbaren Energien erzeugt wurde.

WERBUNG

Doch die dafür nötige Infrastruktur steckt noch in den Kinderschuhen - von den Elektrolyseuren, die den Wasserstoff erzeugen sollen über Speicher- und Lagermöglichkeiten bis hin zu den Leitungen, die den Wasserstoff ans Ziel transportieren. Die noch junge Technologie steckt im Henne-Ei-Dilemma: Die Nachfrage ist noch zu unsicher, um im großen Stil Investoren anzulocken. Ohne ein verfügbares Wasserstoff-Angebot entwickelt sich bei den Industriebetrieben aber keine Nachfrage.

Der Süden buddelt nicht mit

Die Milliardenspritze der Ampel soll das jetzt ändern. Mit den insgesamt 4,5 Milliarden Euro sollen Elektrolyseure aufgebaut werden, unterirdische Kavernen zur Speicherung des Wasserstoffs, aber auch Transportwege und innovative Anwendungsmöglichkeiten. „Das ist ein bedeutsamer Tag, der die verschiedenen Bausteine für die Wasserstoffwirtschaft zusammenbringt“, sagte Habeck auf der Pressekonferenz zur Übergabe der Förderbescheide. „Ab jetzt wird gebaggert und gebuddelt.“

Baggern und buddeln will man jetzt vor allem im Westen, Norden und Nordosten der Republik. Insgesamt 19 der 22 bewilligten Projekte werden in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg umgesetzt. Saarland bekommt einen Elektrolyseur und eine neue Leitung bewilligt, Bayern immerhin noch eine sogenannte Hydrieranlage. Für die Produktion von grünem Wasserstoff benötigt man auch große Mengen grünen Strom - bei dessen Erzeugung liegen die nördlichen Bundesländer weit vorne, unter anderem dank großer Windparks in der Nordsee.

Wasserstoff statt Steinkohle

„Wir wollen in Niedersachsen den zentralen Kern dieser Wasserstoffwirtschaft bilden, denn hier entstehen gute, zukunftssichere Arbeitsplätze“, sagt Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) daher. Nahe seiner Raffinerie in Lingen an der Grenze zu den Niederlanden will der Mineralölreise BP jetzt etwa eine Wasserstoff-Produktion aufbauen, mit Hilfe des Essener Energiekonzerns RWE.

WERBUNG

In Mecklenburg-Vorpommern soll eine Produktionsanlage auf dem Gelände des Steinkohlekraftwerks im Rostocker Hafen entstehen. Die Anlage soll auch Fernwärme für die Hansestadt liefern, teilte das Landeswirtschaftsministerium in Schwerin mit. Und in Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt soll ein riesiger unterirdischer Kavernenspeicher für Wasserstoff in Betrieb gehen, mit einen Volumen von 50 Millionen Kubikmetern.

„Deutschland hinkt hinterher“

„Wasserstoffleitungen werden die Lebensadern der Industriezentren sein“, betonte Habeck. „Damit schaffen wir die Voraussetzung für klimaneutrales Wachstum.“ Ein Teil der Fördermittel stammt aus einem EU-Topf. Die Unternehmen selbst investieren zusätzlich 3,3 Milliarden Euro. Insgesamt kommt man laut Ministerium so auf ein Investitionsvolumen von etwa 7,9 Milliarden Euro bis 2030.

+++ Keine Klima-News mehr verpassen - abonnieren Sie unseren WhatsApp-Kanal +++

Die Zeit drängt: Bis 2030 will die Bundesrepublik unter anderem eine Produktionskapazität von zehn Gigawatt aufgebaut haben, in Betrieb sind bislang 0,1 Gigawatt. „Deutschland hinkt seinen Plänen deutlich hinterher“, hieß es erst im April in einer Studie der Unternehmensberatung PWC Strategy& . „Der kapitalintensive Wasserstoffmarkt steckt weiterhin in den Kinderschuhen und hatte zuletzt auch noch mit hohen Zinsen und Inflation bei den Materialpreisen zu kämpfen“, sagte Co-Autor Dirk Niemeier. Hier müsse die Politik tätig werden - etwa in Gestalt einer finanziellen Förderung.

mit dpa-Material