Millionäre gaben jahrelang keine Erklärung ab - US-Behörden treiben eine Milliarde Dollar an fälligen Steuern ein

Janet Yellen, Finanzministerin der USA.<span class="copyright">Manuel Balce Ceneta/AP/dpa</span>
Janet Yellen, Finanzministerin der USA.Manuel Balce Ceneta/AP/dpa

Die US-Behörden haben vermögende Steuersünder ins Visier genommen - und dabei über eine Milliarde Dollar an fälligen Steuern eingetrieben. Doch Zahlen zeigen: Das Problem von Steuerhinterziehung und -vermeidung bleibt dort riesig, ebenso wie in Deutschland.

Großer Erfolg für die US-Steuerbehörde IRS (Internal Revenue Service): Wie die der US-Finanzministerin Janet Yellen unterstellte Behörde am Freitag mitteilte, haben deren Beamten seit vergangenem Herbst über eine Milliarde US-Dollar an fälligen Steuern von Vermögenden eingetrieben. Darüber berichtete zunächst die Presseagentur AP .

Möglich gemacht habe das ein größeres Budget für die Behörde, welches im Zuge einer Legislation durch Präsident Joe Biden im Jahr 2022 bereitgestellt wurde. Laut Finanzministerin Yellen schuldete das reichste Prozent an US-Bürgern im Jahr 2019 ein ganzes Fünftel der fälligen, aber noch nicht gezahlten Steuern in den USA. „Um diesen Missstand zu beheben, haben wir signifikant mehr Gelder des IRS in den Kampf gegen Steuerflucht investiert“, so Yellen.

Reiche Amerikaner gaben teilweise jahrelang keine Steuererklärung ab

Nun haben sich die 2023 und 2024 ergriffenen Maßnahmen der IRS ausgezahlt. Laut AP zielten die Kampagnen der Steuerbehörde auf US-Bürger mit einem Einkommen von mehr als einer Million Dollar ab, deren anerkannte Steuerschuld bei mehr als 250.000 Dollar lag.

Laut IRS hätten nun fast 80 Prozent der rund 1600 Millionäre, welche der IRS ins Visier genommen hat, bereits eine Nachzahlung geleistet. Insgesamt summierten sich die mittlerweile gezahlten Steuern auf über 1,1 Milliarden US-Dollar. Eine weitere, im Februar dieses Jahres gestartete Initiative führte zu weiteren Einnahmen von 172 Millionen Dollar, gezahlt von 21.000 reichen US-Bürgern, die seit 2017 keine Steuererklärung mehr abgaben.

Anders als in Deutschland müssen in den USA fast alle Bürger eine Steuererklärung abgeben. Die Freigrenzen für das jährliche Einkommen sind vergleichsweise niedrig – und ein Überschreiten macht sofort eine Erklärung notwendig. Während deutsche Steuerzahler dank vieler Pauschalen auch oft eine Rückerstattung erreichen können, sind Nachzahlungen in den USA üblicher.

Auch der deutsche Staat verliert durch Steuervermeidung jährlich Milliarden

Allerdings ist Steuerflucht und Steuerumgehung auch in Deutschland ein großes Problem. Wie FOCUS online Anfang des Jahres berichtete, verliert der deutsche Staat jährlich immense Summen, mit denen sich beispielsweise die aktuellen Haushaltslöcher einfach schließen ließen.

Fachleute schätzen, dass es sich um mehr als 110 Milliarden Euro pro Jahr handeln könnte. Dabei geht es zwar auch um Delikte wie Schwarzarbeit, die weit verbreitet ist. Durch die „klassische“ Steuerhinterziehung, wie man sie beispielsweise durch prominente Einzelfälle kennt, entgehen dem Staat aber jährlich fast 40 Milliarden Euro.

Ebenso wie in den USA aber haben die deutschen Steuerbehörden zu wenig Kapazitäten, um jedem Fall nachzugehen, und solche Summen einzutreiben. Immerhin: Für das Jahr 2022 vermeldete das Bundesfinanzministerium rund 45.500 durch die Finanzämter bearbeitete Strafverfahren wegen Steuerdelikten.

Bundesweit wiederum gingen die Steuerfahnder damals rund 30.000 Fällen nach. Die Mehrsteuern, die dabei festgestellt wurden, beliefen sich auf 2,4 Milliarden Euro. Angesichts der Schätzungen von Experten ist das aber nur ein Bruchteil der Gelder, die dem Staat durch Steuerhinterziehung oder Steuervermeidung fehlen.

Ähnlich verhält es sich in den USA. Wenngleich der IRS nun einen Erfolg vermelden konnte, bleibt die „Steuerlücke“ in den USA gigantisch. Im Jahr 2021 erreichte sie laut IRS einen Rekord von 688 Milliarden US-Dollar. Verantwortlich dafür sind beispielsweise Steuerzahler, die teilweise absichtlich ein niedrigeres Einkommen angeben, oder, wie im Falle vieler Einkommensmillionäre, erst gar keine Erklärung abgeben, obwohl sie dazu verpflichtet wären.