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„Mister Tinder“: Ein Hochstapler fliegt um die Welt und betrügt Frauen

Letztlich wenig glamurös: Der als „Tinder Schwindler“ bekannt gewordene Betrüger Shimon Hayut im Juli 2019 bei seiner Ausweisung aus Athen.
Letztlich wenig glamurös: Der als „Tinder Schwindler“ bekannt gewordene Betrüger Shimon Hayut im Juli 2019 bei seiner Ausweisung aus Athen.

Sogenannte „Love Scammer“ gibt leider häufiger, als man glaubt. Dabei handelt es sich gewissermaßen um die moderne Version des Heiratsschwindels: Betrüger oder Betrügerinnen erschleichen sich über Dating-Plattform das Vertrauen ihrer Opfer, indem sie ihnen eine Liebesbeziehung vorspielen – um ihnen letztlich das Geld aus der Tasche zu ziehen. Auf die Spitze getrieben hat diesen Trick der als „Tinder Schwindler“ bekannt gewordene, verurteilte israelische Betrüger Shimon Hayut. Sein Fall hat sich so herumgesprochen, dass der Streaming-Dienst Netflix sich dieses Jahr mit „Der Tinder-Schwindler“ eine True-Crime-Dokumentation über Hayuts Fall gesichert hat, die Anfang 2022 ausgestrahlt werden soll.

Hayuts Geschichte ist die eines klassischen Hochstaplers, wie der „Spiegel“ es in einer ausführlichen Reportage schildert. Über Jahre fliegt er demnach unter verschiedenen Identitäten durch Europa, steigt in Fünf-Sterne-Hotels ab, gibt Millionensummen für seinen ausschweifenden Lebensstil aus. Und das alles mit dem Geld von mindestens zehn der Öffentlichkeit bekannten Frauen, die er über die Dating-Plattform Tinder ausfindig gemacht hat. Bei ihnen gibt er sich meist als der erfolgreiche Diamantenhändler Simon Leviv aus, Gründer des Unternehmens LLD Diamonds und Sohn des tatsächlich existierenden Selfmade-Milliardärs und Diamantenhändlers Lev Leviev.

Falsche Bodyguards und erstes Date im Waldorf Astoria

Damit seine Geschichte glaubhaft war, lebte der mittlerweile 31-jährige Hayut großspurig, bewegte sich souverän durch die Welt der High Society, wie eine der betrogenen Frauen, dem „Spiegel“ berichtete. Sie habe ihn beispielsweise im Berliner Fünf-Sterne-Hotel Waldorf Astoria kennengelernt und für das Treffen habe er einen falschen Bodyguard engagiert. Nach der Kennenlernphase folgen bei ihr wie auch bei den anderen Frauen Einladungen zu extravaganten Reisen: ins Hotel Armani in Mailand, das Hotel Kempinski in Wien oder das Hotel Shangri-La in Paris. Die anderen Frauen trifft Hayut, wenn er vorgibt, für sein Edelstein-Unternehmen auf Geschäftsreise zu sein.

Bezahlt werden die Ausflüge und Reisen mit dem Geld der jeweils anderen Frauen. Oder genauer: mit deren Kreditkarten, zu denen er sie irgendwann überredet und die er dann unter einem Vorwand mitnimmt. Hayuts Opfer bemerken den Betrug irgendwann, so der „Spiegel“, sperren die Karten und konfrontieren ihn. Bis dahin sind allerdings schon enorme Summen abgebucht – und Hayut nutzt Bedrohungs- und Einschüchterungstaktiken, damit sie nicht zur Polizei gehen.

Für viele seiner Taten wird er nicht juristisch belangt

Eine erste Reportage der norwegischen Zeitung „Verdens Gang“ im Februar 2019 macht ihm als Simon Leviv Probleme und verdirbt ihm das Geschäft, im Juni 2019 wird er am Flughafen in Athen von der Polizei gefasst, weil er mit einem gefälschten Pass reist – und nach Israel ausgeliefert. Dort klagt man ihn allerdings nicht wegen seiner Verbrechen als „Tinder Schwindler“ an, sondern wegen acht Straftaten aus den Jahren 2010 und 2011, schreibt der „Spiegel“.

Entgegen seiner Märchengeschichte als Simon Leviv, kommt Hayut nämlich nicht aus einem reichen Elternhaus. Sein Vater arbeitete als Rabbi für eine israelische Fluggesellschaft und der Sohn wuchs in einer kleinen Wohnung in Tel Aviv auf. Im Jahr 2011, mit 20, war er Gärtner bei einer reichen Familie und klaute deren Scheckbuch. Er kaufte sich beispielsweise einen Porsche oder Flugstunden, flog aber schnell auf und floh vor dem Prozess nach Finnland. Dort gab er sich als Waffenhändler Mordechay Tapiro aus und entwickelte seine Frauen-Betrugs-Masche. Bereits 2016 landete er in Finnland wegen Betrugs an drei Frauen für eineinhalb Jahre im Gefängnis.

Nach seiner Verhaftung in Athen wird Hayut im Dezember 2019 erneut zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt, kommt allerdings schon im Mai 2020 frei, wie unter anderem die „Times of Israel“ berichtet hatte. Für seine Taten als „Tinder Schwindler“ werde er erst einmal nicht juristisch belangt, schrieb der „Spiegel“ Anfang 2020. Für Finanzfahnder seien die Zahl der Opfer und die Geldflüsse schwer zu überblicken – und letztlich im Vergleich zu Steuer- und Wirtschaftsdelikten zu klein.

sb