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Mit Klapperkisten bis in den Nahen Osten

Abenteuer erleben und Gutes tun bei die Allgäu-Orient-Rallye. Foto: M. Birsens

Wo täglich Massen von Touristen entlang strömen, haben in diesen Tagen mehr als 600 Männer und Frauen mit ihren klapprigen Kisten an der Blauen Moschee in Istanbul haltgemacht.

Sie befinden sich mitten in einem Abenteuer, das vor einigen Tagen im bayerischen Oberstaufen begonnen hat: einer Rallye vom Allgäu bis in den Orient. In etwa drei Wochen wollen die Fahrer rund 5000 Kilometer zurücklegen - bis in die jordanische Hauptstadt Amman.

Doch damit nicht genug: Die Fahrer müssen strenge Regeln befolgen, wollen sie am Ende der Tour als Sieger dastehen. Die Teams, die jeweils aus sechs Teilnehmern und drei Autos bestehen, dürfen weder Autobahnen noch Navigationsgeräte benutzen. Auch die restlichen Regeln der Rallye sind eher ungewöhnlich - die Fahrzeuge müssen mindestens 20 Jahre alt sein oder dürfen nicht mehr als 1111,11 Euro kosten. Viele der Wagen gleichen aufgemotzten Klapperkisten.

Die meisten Teams sind mit ausgemusterten Kombis deutscher Hersteller unterwegs. Das «Team Bildung» bestreitet die Rallye mit drei rund 20 Jahre alten Autos des Modells VW Passat. «Für 500 Euro kriegst du da etwas, was fährt», sagt Andreas Walz. Der 22 Jahre alte Student aus Augsburg, der in seiner Freizeit gerne schraubt, ist der Mechaniker des Teams.

Drei Wochenenden haben er und seine Mitstreiter an den Fahrzeugen geschraubt - in zwei Wagen haben sie sogar Matratzen eingebaut. Weil Übernachtungen während der Rallye nicht mehr als 11,11 Euro pro Person kosten dürfen, schläft das Team in den Autos oder im Zelt. Das Team «Südheide» schaffte es trotzdem, in einem Nobelhotel zu übernachten - allerdings nur, indem sie in der Lobby zelteten.

Viel Zeit zum Schlafen bleibe während der Rallye aber sowieso nicht, sagt die einzige Frau im «Team Bildung», Rebekka Steinmann aus Frankfurt: «Wir haben am ersten Tag total unterschätzt, dass die Etappen immer super lang sind und wir Nachtschichten einlegen müssen.» Zwei Tage lang waren die junge Frau und ihre Mitfahrer sogar bis zum Morgengrauen auf der Straße, um Istanbul zum Sonnenaufgang zu erreichen. Einmal müssen die Teilnehmer zudem noch aufs Schiff: Syrien wird wegen des Bürgerkriegs mit einer Fähre von der Türkei nach Israel umschifft.

Während der Rallye haben die Teams nicht nur die Strecke, sondern auch Sonderaufgaben zu bewältigen. Auf dem Weg nach Istanbul mussten sie sechs Flaschen Bier gegen Räder tauschen, mit denen jedes Team eine Seifenkiste für ein Rennen im Istanbuler Hypodrom bauen muss. «Man lernt, zu improvisieren», sagt Christian Kreinert vom «Team Bildung», der eigentlich in Frankfurt wohnt.

Überhaupt sind die Fahrer mit großem Eifer dabei, obwohl es eigentlich nur um die Ehre geht: Der Sieger der Rallye erhält zwar ein Kamel - das muss allerdings im Zielland Jordanien bleiben.

Die Organisatoren der Tour haben vor allem das Ziel, Menschen in Not zu helfen. Die Rallyewagen werden in Jordanien gespendet und dort als Ersatzteile verkauft. Der Erlös kommt sozialen Projekten zugute. So wurde in den zehn Jahren seit der ersten Rallye unter anderem eine Käserei für Beduinen in Jordanien aufgebaut sowie Hörgeräte, Rollstühle und sogar ein Krankenwagen nach Jordanien gebracht.

Viele Teams engagieren sich zusätzlich - das «Team Bildung» hat nicht nur Ersatzteile, sondern auch 48 Schulranzen voller Stifte, Blöcke und anderer Schulmaterialien im Gepäck. Sie sollen unterwegs gespendet werden. «Wenn wir schon mitfahren, wollten wir auch was Gutes tun», sagt Teammitglied Haldor Witte, ebenfalls aus Frankfurt.

Auch für ihre eigene Bildung tun die Fahrer etwas auf der Tour quer durch die Kontinente: So viele Länder in so kurzer Zeit sehen die meisten wahrscheinlich nie wieder. «Die Rallye ist ein großes Abenteuer», findet Kreinert. «Da erinnert man sich in zehn Jahren besser dran als an einen Wellnessurlaub.»

Internetseite Allgäu-Orient-Rallye

Internetseite TeamBILDUNG e. V.

Aktuelle Positionen der Rallyeteams