Mitgliederbefragung über Koalition? - Mit einem vergifteten Vorschlag offenbart Höcke das große Macht-Dilemma der CDU

Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke hat mit seiner Partei die Landtagswahl gewonnen.<span class="copyright">Hannes P. Albert/dpa</span>
Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke hat mit seiner Partei die Landtagswahl gewonnen.Hannes P. Albert/dpa

Björn Höcke gibt nach der Thüringen-Wahl ungefragt Demokratie-Ratschläge an die CDU. Damit will er in der Partei Zwietracht in der Koalitionsfrage säen. Die Mitglieder könnten bei einem Bündnis mit BSW und Linken nämlich Sturm laufen.

Björn Höcke ist Sieger der Landtagswahl – wenn es nach der Stimmanzahl geht – und doch Verlierer. Wahrscheinlich wird es auch künftig in Thüringen eine Regierung ohne den AfD-Spitzenkandidaten geben. Denn die zweitplatzierte CDU könnte zusammen mit BSW, SPD und Linken eine Allparteien-Front gegen die Rechtsaußen bilden. Weil Höcke nicht regieren kann, fährt er nun offenbar eine andere Taktik: möglichst großen Unfrieden bei den Konkurrenten anzurichten.

Dass der Thüringer AfD-Landeschef diese Disziplin beherrscht, hat er nun wieder mit einem vergifteten Vorschlag an die CDU bewiesen. Auf Facebook schreibt Höcke, die Partei müsse sich zwischen Marxismus und einer bürgerlichen Politik mit der AfD entscheiden, aber auch, ob sie„Funktionärswahlverein“ bleiben wolle.

„Jetzt ist der Moment gekommen, sich darauf zu besinnen, was eine demokratische Partei eigentlich ausmacht: Respekt vor dem Willen des Souveräns und der eigenen Mitgliedschaft sowie daraus abgeleitete politische Angebote.“

Höcke: „Jetzt ist die CDU-Parteibasis gefragt“

„Jetzt ist die Parteibasis gefragt“, schreibt ausgerechnet der Faschist Höcke, der sich ganz als Demokratie-Lehrer gibt . Offenbar meint er damit eine Mitgliederbefragung darüber, ob die CDU Koalitionsverhandlungen mit BSW, SPD und Linken führen soll, oder nicht – und möglicherweise stattdessen mit der AfD. Das Kalkül des Politikers dürfte sein, dass sich die CDU-Basis gegen eine Koalition mit praktisch dem gesamten parlamentarischen linken Spektrum aussprechen würde und es dort weniger Berührungsängste mit der AfD gibt.

 

Umfragen dazu, wie wahrscheinlich ein solcher Ausgang wäre, gibt es zwar nicht. Bei der Landtagswahl hat Infratest dimap für die ARD aber die CDU- Wähler befragt , wie sie zu einer Koalition mit Linken und BSW stehen würden. Ein Bündnis mit der Wagenknecht-Partei befürworten 60 Prozent der, mit der Linken des amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow nur 55 Prozent.

Konservative CDU-Mitglieder könnten Druck auf Voigt machen

Eine deutliche Mehrheit ist das in beiden Fällen nicht – zumal die Umfragen auch zeigen, dass rund die Hälfte der CDU-Wähler nicht aus Überzeugung für die Partei gestimmt haben, sondern um einen größeren Einfluss der AfD zu verhindern. Zudem muss man aufgrund von vorherigen Umfragen und Forschungsergebnissen davon ausgehen, dass die CDU-Mitglieder deutlich konservativer ticken als die Wählerschaft. Eine Koalition mit linken Parteien würde deshalb auf mehr Ablehnung stoßen.

Der Thüringer CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt dürfte das alles im Hinterkopf haben – und eine Mitgliederbefragung tunlichst vermeiden. Möglicherweise wird sich aber ausgerechnet die CDU-Basis der Höcke-Forderung anschließen und Druck auf ihren Landesvorsitzenden aufbauen.

Mischt sich Merz in Thüringer Koalitionsverhandlungen ein?

Dem AfD-Politiker würde das in die Karten spielen. In seinem Facebook-Post versucht er noch auf einem anderen Weg Zwietracht zu säen, in dem er auf die Landesverbandsautonomie hinweist und zudem unbewiesene Vorwürfe aufstellt: „Was hat ein Friedrich Merz mitzureden, wie in Thüringen Politik gemacht wird? Ihm ist Thüringen völlig egal, ihm geht es nur um ‚seine‘ Bundestagswahl.“

Damit dürfte Höcke bei Merz aber offene Türen einrennen. Wie aus Äußerungen des CDU-Chefs der vergangenen Tage hervorgeht, will er tatsächlich die Koalitionsentscheidung seinen Thüringer Parteifreunden überlassen – um im Zweifel nicht mit einem umstrittenen Linken- und BSW-Bündnis in Verbindung gebracht zu werden.