Mix Flip: Wie gut ist das neue Klapp-Telefon von Xiaomi?
Berlin (dpa/tmn) - Nachdem Konkurrenten wie Samsung oder Motorola bewiesen haben, dass es eine Alternative zum klassischen Smartphone gibt, die tatsächlich funktioniert, bringt nun auch Xiaomi sein erstes klappbares Smartphone im Clamshell-Desin auf den deutschen Markt: das Mix Flip.
So viel sei vorweg verraten: Das Debüt ist gelungen. Xiaomis Foldable liefert High-End-Hardware, Kameras auf Flaggschiffniveau, clevere Software und ist sehr gut verarbeitet. Aber gibt es auch einen Haken?
Die Kehrseite des Klappens
Leider haben Foldables alle einen konstruktionsbedingten Nachteil: Ein Kunststoff-Display, das sich falten lässt, wird sich nie ganz so glatt anfühlen wie ein herkömmlicher Bildschirm, vor allem wegen der zentralen Falz, entlang derer das Display gefaltet wird. Andererseits ist die Unebenheit auf dem Bildschirm des Mix Flip kaum zu bemerken und beim Betrachten von Inhalten praktisch unsichtbar.
Eine der größten Enttäuschungen bei Xiaomois Klapp-Smartphone ist vielleicht, dass man es praktisch nicht mit einer Hand öffnen kann. Zwar fühlt sich das einhändige Zuklappen großartig an, vor allem um Anrufe zu beenden. Aber das ziemlich steife Scharnier bedeutet eben vor allem, dass man im Grunde zwei Hände braucht, um den vollen Funktionsumfang dieses Telefons nutzen zu können.
Das Außendisplay ist der Star
Am Telefon zu beeindrucken weiß überraschenderweise das kleine Außendisplay. Das liegt nicht nur am Design des 4-Zoll-Displays (1392 mal 1208 Pixel), in das zwei Kameralinsen elegant eingebettet liegen. Es ist auch spannend, wie nützlich es ist - und wie selten man den 6,86 Zoll großen Innenbildschirm (2912 mal 1224 Pixel) öffnen muss.
Xiaomi hat mehrere Widgets entworfen, um die 4 Zoll des Außendisplays bestmöglich auszunutzen. Whatsapp, Spotify oder Google Maps laufen alle, ohne dass man das Telefon entsperren müsste. Das erlaubt Nutzerinnen und Nutzern des Mix Flip, das kleine Außendisplay nahezu so zu verwenden, als wäre es ein größerer Bildschirm.
Innendisplay ist sehr hoch geraten
Die Displayecke über den Kameras nehmen einer Reihe praktischer Widgets ein, darunter ein App-Switcher, der das Multitasking auf dem äußeren Bildschirm erstaunlich einfach macht.
Wenn man sich einmal an das kleine Außendisplay gewöhnt hat, kommt einem das große Innendisplay seltsamerweise fast schon störend vor.
Vielleicht liegt das an seinem ungewöhnlich hohen Format, das der einhändigen Bedienung enge Grenzen setzt. Denn ohne größere Anstrengung reicht der Daumen kaum über die Mittelfalz des Displays hinaus. Ansonsten hat man im aufgeklappten Zustand ein recht normal wirkendes Smartphone vor sich, dem man auf den ersten Blick nicht anmerkt, dass es sich zusammenklappen lässt.
Der Vorteil von zwei Bildschirmen
Nach einigen Tagen mit einem Klapp-Smartphone kristallisiert sich eine Art Arbeitsteilung zwischen den Bildschirmen hinaus. Man beginnt automatisch, das kleinere Außendisplay für kurze und schnelle Aktionen zu verwenden: Nachrichten beantworten, Musik steuern oder den Weg suchen.
Der größere Innenbildschirm wird zu einem Raum, in den man eintauchen kann: Inhalte anschauen, längere E-Mails schreiben oder sich in den Strudel der sozialen Medien ziehen lassen.
Ein weiterer Vorteil des Mix Flip ist, dass man es nicht nur ganz auf oder ganz zu klappen kann, sondern dass das Scharnier in fast jedem beliebigen Winkel stehen bleibt. Man kann das Smarpthone also beispielsweise nur halb aufklappen und dann als Tischuhr oder Webcam aufstellen.
Das Innendisplay ist empfindlich
Beim Einrichten unterscheidet das Mix Flip wenig von anderen Android-Telefonen - bis zu dem Punkt, an dem zwei Warnhinweise kommen: Man soll bloß nicht versuchen, die Displayfolie abzuziehen, oder mit harten Gegenständen auf das innere Display drücken.
Mit anderen Worten: Der Innenbildschirm ist - wie bei allen Foldables - sehr empfindlich. Man sollte es niemals aufgeklappt in Tasche oder Rucksack legen, warnt Xiaomi. Denn ein Schlüssel beispielsweise würde auf dem Innendisplay nicht nur Kratzer hinterlassen, sondern größeren Schaden anrichten.
Technische Daten sind top
Das Außendisplay wird dagegen von Spezialglas geschützt. Beide Bildschirme bieten ansonsten alles, was man von einem Top-Smartphone erwartet, etwa eine sehr hohe Spitzenhelligkeit von 3.000 Nits oder eine Bildwiederholfrequenz von 120 Hertz für flüssigere Bewegungen des Bildes.
Der 4.780-mAh-Akku des Mix Flip lässt sich mit dem mitgelieferten 67-Watt-Ladegerät schnell wieder füllen. Als Prozessor setzt Xiaomi Qualcomms Top-Prozessor Snapdragon 8 Gen 3 ein. Ihm stehen 12 Gigabyte (G)B Arbeitsspeicher (RAM) und 512 GB Speicherplatz zur Seite.
Kein Kamera-Trio, aber Live-Vorschau
Ein Bereich, in dem man das Gefühl haben könnte, dass ein Opfer gebracht wurde, ist die Kamera. Anstelle des bei Top-Smartphones üblichen Kamera-Trios aus Weitwinkel, Ultraweitwinkel und Zoom verfügt das Mix Flip nur über zwei 50-MP-Kameras: eine mit Weitwinkel-Linse (23mm) und eine mit Teleobjektiv (etwa 2facher Zoom).
Mit dieser Ausstattung ist das Mix Flip bestens gerüstet für Porträts oder auch Landschaftsaufnahmen. Ohne Ultraweitwinkel fehlen unter Umständen die Reserven für Gruppen-Aufnahmen oder auch Fotos in kleinen Räumen. Ein interessantes Feature ist übrigens die Live-Funktion des Außendisplays: Darin können sich die Menschen sehen, die man auf Foto oder Video aufnimmt.
Fazit: Warten und sparen?
Xiaomi hat bereits vier Generationen faltbarer Smartphones im Buchformat produziert, also Telefone die sich zu einem fast tabletgroßen Bildschirm öffnen lassen. Der Hersteller weiß also, was er tut, wenn es um Foldables geht.
Diese Erfahrung merkt man dem Mix Flip an: Funktionalität, Verarbeitung und Design sind sehr gut. Bleibt der hohe Preis. Xiaomi ruft zur Markteinführung in Europa 1300 Euro auf. Auf dem gleichen Level hatte auch Samsung sein Klapphandy Galaxy Z Flip 6 ursprünglich eingepreist.
Seit dem Start des Z Flip 6 im Sommer ist dessen Marktpreis aber auf um die 800 Euro gesunken. Wer Interesse am Mix Flip hat, darf also die berechtigte Hoffnung hegen, nach einigen Monaten des Wartens viel Geld sparen zu können.