Multiple Sklerose bei Männern - Sexuelle Beeinträchtigungen möglich - das sollten MS-Patienten mit Kinderwunsch wissen

Die Zeugungsfähigkeit von Männern, die an Multipler Sklerose (MS) leiden, ist nicht grundsätzlich eingeschränkt.<span class="copyright">Getty Images/urbazon</span>
Die Zeugungsfähigkeit von Männern, die an Multipler Sklerose (MS) leiden, ist nicht grundsätzlich eingeschränkt.Getty Images/urbazon

Wer an Multipler Sklerose (MS) erkrankt, dem stellen sich ganz neue Fragen, zum Beispiel auch im Hinblick auf die Familienplanung. Neurologe und Psychiater Dr. Mimoun Azizi erklärt die Herausforderungen und Möglichkeiten für männliche Betroffene.

MS bei Männern

Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, die bei Frauen deutlich häufiger auftritt als bei Männern. Tatsächlich sind nur etwa 30 Prozent der Menschen mit MS männlich. Dieses Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern ist nicht nur bei MS, sondern allgemein bei Autoimmunerkrankungen zu beobachten.

Interessant ist, dass sich MS zwischen den Geschlechtern unterschiedlich manifestiert. Studien haben gezeigt, dass Männer in der Regel einen höheren Verlust an Hirnvolumen verzeichnen und die Krankheit bei ihnen schneller fortschreitet als bei Frauen.

Trotz dieser Unterschiede und der Herausforderungen, die mit der Diagnose einhergehen, kann MS heutzutage bei allen Geschlechtern gut behandelt werden. Durch effiziente , früh gestartete Therapien können die Symptome häufig gut gemanagt werden, was die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessert.

Welche Auswirkungen kann MS auf den Kinderwunsch und die Fruchtbarkeit von Männern haben?

Die Diagnose der Multiplen Sklerose fällt häufig in eine Lebensphase, in der viele Menschen sich mit ihrer generellen Lebensplanung und damit auch mit einem Kinderwunsch beschäftigen, nämlich zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr.

Generell gibt es keine direkten Einschränkungen bei der Zeugungsfähigkeit von Männern mit MS. Eine Studie aus dem Jahr 2020, die sowohl MS-Betroffene als auch Nicht-Betroffene einbezog, konnte keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen feststellen.

Allerdings ist zu beachten, dass zwischen 50 und 90 Prozent der betroffenen Männer im Laufe ihres Lebens an sexuellen Beeinträchtigungen leiden können. Diese können direkt durch Entzündungsherde im Gehirn oder Rückenmark entstehen, aber auch eine Folge von Spastiken oder Blasenfunktionsstörungen sein.

Sollte der natürliche Prozess der Zeugung aufgrund dieser Beeinträchtigungen nicht funktionieren, besteht die Möglichkeit einer Kinderwunschbehandlung. Dabei wird die Samenzelle künstlich zur Eizelle geführt, was die Chancen auf eine erfolgreiche Befruchtung erhöhen kann. Somit kann auch bei Männern mit MS ein Kinderwunsch realisiert werden.

Erektionsstörungen und Therapieoptionen

Multiple Sklerose kann eine Vielzahl von Symptomen verursachen, weswegen sie ja auch als die Krankheit mit den tausend Gesichtern bezeichnet wird. Zu den vielfältigen Komponenten gehören auch Erektions- oder Ejakulationsstörungen. Offene Kommunikation ist in solchen Fällen entscheidend.

Betroffene sollten sowohl mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner als auch mit ihrem behandelnden Arzt über diese Probleme sprechen. Durch die richtige Medikation können diese Symptome gemildert oder sogar verhindert werden. Auch mechanische Hilfsmittel können zur Problembewältigung eingesetzt werden. Die Auswahl der geeigneten Therapieoption hängt von den individuellen Umständen des Patienten ab und sollte in enger Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.

Spermienqualität

Die Zeugungsfähigkeit von Männern, die an Multipler Sklerose (MS) leiden, ist nicht grundsätzlich eingeschränkt. Es bleibt jedoch unklar, ob MS direkt die Qualität der Spermien beeinflusst. Bisherige Studien konnten keinen eindeutigen Einfluss nachweisen, aber auch nicht vollständig widerlegen.

Es ist allerdings bekannt, dass bestimmte Medikamente, die im Rahmen von Therapien gegen MS eingesetzt werden, die Spermienqualität beeinträchtigen können. Daher wird Männern mit MS oft geraten, einen Mindestabstand zwischen der letzten Therapie und einer geplanten Zeugung einzuhalten.

Es gibt auch die Möglichkeit, Spermien kyrokonserviert zu lagern. Dabei werden sie mit Stickstoff eingefroren und können zu einem späteren Zeitpunkt für eine Zeugung verwendet werden. Dies kann eine Option sein, wenn eine Therapie ansteht und das Paar den Kinderwunsch nicht aufschieben möchte.

Kann MS vererbt werden und wenn ja, besteht ein Unterschied zwischen der Vererbung bei Männern und Frauen?

Obwohl Multiple Sklerose nicht als klassische Erbkrankheit gilt, können genetische Faktoren das Risiko einer Erkrankung erhöhen. Äußere Faktoren wie Infektionen spielen allerdings eine größere Rolle bei der Entstehung der Krankheit. Bei Kindern, die ein Elternteil haben, das an MS erkrankt ist, ist das Risiko, ebenfalls zu erkranken, etwa 20-mal höher als in der Allgemeinbevölkerung.

Interessanterweise gibt es Studien, die darauf hinweisen, dass Väter die Krankheit eher weitervererben als Mütter, obwohl der genaue Mechanismus dafür noch nicht vollständig geklärt werden konnte. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass ein MS-betroffenes Elternteil keine Garantie für die Entwicklung der Krankheit beim Kind darstellt. Die genetische Veranlagung erhöht lediglich das Risiko, sie bedeutet nicht zwangsläufig das Auftreten der MS.