Münchens Bürgermeisterin gegen sexistische Plakatkampagne
Mit einer neuen Dating-Show macht der Streamingdienst “Joyn” auf sich aufmerksam. Allerdings vor allem wegen der sexistischen Kampagne, über die sich immer mehr Menschen aufregen.
Das Streamingprogramm von ProSiebenSat.1 versucht, sich am Markt zu platzieren. Das geht bekanntermaßen mit provokativen Modellen am schnellsten und so entschlossen die Verantwortlichen bei “Joyn”, ihr neues Datingformat großflächig zu bewerben.
Betitelt ist dieser erste eigene Reality-Versuch mit “M.O.M.- Milf oder Missy?” Hinter “Milf” versteckt sich die Abkürzung für “Mom I’d like to fuck”, was wohl keiner Übersetzung bedarf. Das der Sender freimütig mit diesem Begriff in seine Werbekampagne zieht, kommt bei vielen Menschen gar nicht gut an.
Eindrucksvoller Kurzfilm: Billie Eilish wehrt sich gegen Bodyshaming
So fragte sich zum Beispiel Katrin Habenschaden, ihres Zeichens zweite Bürgermeisterin von München: "Welches Rollenbild vermittelt diese Darstellung von Frauen?" Die Grünen-Politerkin hatte das Plakat in der Stadt entdeckt und machte ihrem Unmut auf ihrer Facebook-Seite Luft: "Die aktuelle Werbekampagne von Joyn macht mich wütend. In der ganzen Stadt hängen diese frauenverachtenden, herabwürdigenden Plakate. Dass im Jahr 2020 so ein rückständiges Format überhaupt noch produziert wird, ist schon daneben. Aber Frauen auf Hunderten im öffentlichen Raum weithin sichtbaren Plakaten in Alt, Neu, Milf etc. zu kategorisieren, ist inakzeptabel. Jeden Tag laufen Mädchen und Buben an diesen Plakaten vorbei." Eine Milf, das ist übrigens eine Mom I’d Like to F (zu deutsch: eine Mutter, die ich gerne f***** würde).
Die Produzenten bei Joyn versuchten, sich selbst einen aufklärerischen Anstrich zu verpassen. Aus dem Sender hieß es auf Anfrage der Abendzeitung: "Alle Protagonistinnen sind starke und selbstbewusste Frauen, die sich in keiner Weise objektivieren lassen – schon gar nicht durch eine Bezeichnung ,Milf’". Vielmehr solle die Sendung dabei helfen, Rollenklischees aufzubrechen und zum “Nachdenken über eigene Klischees” anregen.
Wir wollten auch bewusst eine
gesellschaftliche Diskussion lostreten. Warum ist es immer noch ein Gesprächsthema, wenn
die Frau älter ist als der Mann ?— Joyn (@JoynDeutschland) May 21, 2020
Das sahen viele User auf Twitter nicht ganz so und schlossen sich eher der Meinung von Habenschaden an. Besonders wunderten sich viele in den Kommentaren darüber, dass so ein Sendeformat kurz nach der aufrüttelnden Sendung von Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf ausgestrahlt und sogar in den Werbepausen von ProSieben beworben wurde.
#Männerwelten: Joko und Klaas zeigen schockierende Realität von Frauen
Die beiden Entertainer hatten ihre bei einem Spiel gewonnenen 15 Minuten Sendezeit der Ausstellung “Männerwelten” überlassen, in der Autorin Sophie Passmann gemeinsam mit anderen Frauen den Alltagssexismus offenbarte, den viele Frauen täglich erleben. Das Format hatte für großes Echo gesorgt und eine öffentliche Diskussion über Sexismus angestoßen.
Seit langem mal wieder Bahn gefahren und ich möchte 🤮.
Wie lange ist die #Männerwelten -Diskussion her? Dass der Begriff „Milf“ fernsehtauglich ist, finde ich schon erstaunlich. Aber bei so einem Format wundert mich dann wiederum auch gar nichts mehr. 😓🤢 Danke für nichts. pic.twitter.com/aoFiG1yfzA— missespancake❤️ (@misses_pancake) May 28, 2020
Und wer von @JoynDeutschland hat beschlossen, dass MILF auf einmal positiv und anstrebsam im allgemeinen ist? Und was bedeutet eigentlich Missy? Merkt ihr nicht, dass ihr mit eurer Werbung Frauen kategorisiert und degradiert auf ihre Fi**barkeit?
— Laura Müller (@coeurtendre) May 21, 2020
Nicht nur Bürgermeisterin Habenschaden fordert nun, dass der Sender die Plakatkampagne stoppen sollte. Auf den Punkt brachte die Absurdität der Kampagne übrigens dieser User, der das Plakatmotiv etwas anpasste und die “Milfs” kurzerhand durch Politiker ersetzte.
Milf oder Missy mit Politikern ....
und ja MOM auf Joyn is der größte sexistische Dreck seit Langem. #joyn pic.twitter.com/pAy5yWbsxr— Trumpelstilzchen (@Stumpeltrillz) May 28, 2020