Feuer im Mund: Der Reiz des Chili-Schmerzes und warum wir ihn suchen

Feurige Currys und scharfe Saucen – viele lieben intensiv scharfe Gerichte und würzen sogar noch nach. Dahinter steckt die Suche nach dem Schmerz, den Capsaicin verursacht. Doch warum genau haben manche diese Vorliebe? Wir klären auf.

Eigentlich dient die Schärfe der Chilischoten als Schutzmechanismus der Pflanze gegen gefährliche Fressfeinde wie etwa Säugetiere – die Rechnung wurde nur leider ohne den Menschen gemacht. Expert*innen vermuten, dass manche Menschen beim Essen sogar gewissermaßen nach diesem schmerzhaften Erlebnis suchen. Welcher Sinn steckt aber nun bei uns dahinter, wenn wir Chilis essen?

CHIP-Lesetipp: Scharfer Genuss aus eigenem Anbau: So gelingt die Chili-Ernte

Warum stehen so viele auf den Chili-Schmerz?

Chilis enthalten Capsaicin, eine chemische Verbindung, welche die Schmerzrezeptoren vom Typ TRPV1 in Mund und Nase aktiviert. Diese Rezeptoren reagieren normalerweise auf hohe Temperaturen. Sobald sie durch Capsaicin stimuliert werden, senden sie Schmerzsignale über den Trigeminusnerv, der fünfte Hirnnerv, an das Gehirn. Als Reaktion darauf schüttet der Körper Stresshormone und Glückshormone aus, um den Schmerz zu lindern, was einen angenehmen "Hormon-Kick" erzeugt. Viele Menschen suchen diesen Kick immer wieder, da er eine Art "Gefühls-High" erzeugen kann.

Außerdem kann der scharfe Schmerz einen Adrenalinschub auslösen, der den Körper in einen Zustand erhöhter Wachsamkeit versetzt. Für viele kann dies ein aufregendes und intensives Erlebnis darstellen. Andere Menschen mögen die Schärfe von Chilis hingegen einfach. Für sie gehört der Geschmack in Kombination mit der intensiven, fast euphorischen Wirkung schlichtweg zum Genuss dazu.

Natürlich gibt es auch die "ganz harten" Personen unter den Chili-Genießern: Mit der Zeit gewöhnen sich viele an die Schärfe und entwickeln eine Toleranz. Für sie wird der "Schmerz" zu einer gewohnten Erfahrung, die sie als angenehm empfinden.

Schon gewusst?

  • In vielen Kulturen, insbesondere in Ländern mit einer langen Tradition scharfer Küche wie Mexiko, Indien, Thailand oder auch in einigen afrikanischen Ländern, wird der Genuss von scharfen Chilis als Teil der kulinarischen Identität betrachtet. Der Umgang mit Schärfe wird oft mit einer gewissen Widerstandsfähigkeit und einem kulturellen Stolz verbunden.

  • Im Gegensatz zum Menschen und Säugetieren machen die scharfen Stoffe anderen Tierarten wie etwa Vögeln nichts aus. Möglicher Grund: Die Pflanzen profitieren von diesen Tieren, da sie die Samen fressen und damit zur Verbreitung beitragen.

Auch spannend

Chili-Schärfe gleich innere Desinfektion?

Capsaicin, der scharfe Bestandteil in Chili, hat antibakterielle Eigenschaften, die in einigen Fällen tatsächlich das Wachstum bestimmter Bakterien hemmen können. Allerdings ist die Wirkung im Vergleich zu anderen Desinfektionsmitteln oder Antibiotika gering. Es ist also nicht richtig zu sagen, dass Chili Keime allgemein tötet, es kann jedoch zur Verringerung von Bakterienwachstum in Lebensmitteln beitragen.

Chili hat zudem einen paradoxen Effekt. Obwohl es im Mund ein brennendes Gefühl erzeugt, kann Capsaicin in bestimmten Fällen den Körper dazu anregen, Schweiß zu produzieren, was wiederum bei dessen Verdunstung eine kühlende Wirkung hat. Um es genau zu nehmen ist dieser kühlende Effekt also jedoch nicht direkt durch die Chilis selbst, sondern durch unseren Körpermechanismus der Thermoregulation verursacht.

Kann zu viel Schärfe schaden?

Wer in einem Land mit scharfer Küche zu Beginn der Reise begeistert die lokalen Gerichte probiert hat, kennt diese unangenehme Nebenwirkung vermutlich leider schon: Denn zu viel Schärfe kann den Magen und den Verdauungstrakt reizen, was Sodbrennen, Übelkeit, Bauchschmerzen oder sogar Durchfall zur Folge haben kann. Besonders Menschen mit empfindlichem Magen oder einem Reizdarmsyndrom reagieren oft stärker auf scharfe Lebensmittel.

Sehr hohe Dosen Capsaicin, wie sie in extrem scharfen Chili-Sorten oder konzentrierten Extrakten vorkommen können, können unangenehme Reaktionen hervorrufen, darunter Schwindel, Erbrechen oder sogar Kreislaufprobleme. Aber kein Grund zur Sorge: solche extremen Mengen sind in Speisen und Saucen ziemlich ungewöhnlich.

Tatsächlich kann zu viel Capsaicin aber auch giftig sein. Das Bundesinstitut für Risikobewertung rät Erwachsenen, aufgrund möglicher Nebenwirkungen nicht mehr als fünf Milligramm Capsaicin pro Kilogramm Körpergewicht zu konsumieren. Es ist jedoch sehr schwierig, diesen Grenzwert zu überschreiten: Ein 60 Kilogramm schwerer Erwachsener müsste etwa ein Kilogramm Tabasco-Soße oder 100 Gramm scharfes Chili-Pulver essen, um auf 300 Milligramm Capsaicin zu kommen.

Tipp: Wenn man mit besonders scharfen Chilischoten oder Capsaicin-Extrakten arbeitet, ist es ratsam, Einweghandschuhe zu tragen. So wird verhindert, dass das scharfe Öl auf die Haut gelangt. Sollte das aber doch einmal der Fall sein und die Stelle stark brennen, kann es helfen, die betroffene Stelle mit Olivenöl oder einem anderen Pflanzenöl abzuwischen, da Öl das Capsaicin besser aufnimmt und entfernt als Wasser.


Dieser Artikel kann Partnerlinks enthalten, von denen Yahoo und/oder der Herausgeber möglicherweise eine Provision erhält, wenn Sie über diese Links ein Produkt oder eine Dienstleistung erwerben.