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Missbrauchsvorwürfe: Termin für Kavanaugh-Anhörung steht

Gerät durch weitere Missbrauchsvorwürfe schwer unter Druck: Supreme-Court-Kandidat Brett Kavanaugh. Foto: Andrew Harnik/AP
Gerät durch weitere Missbrauchsvorwürfe schwer unter Druck: Supreme-Court-Kandidat Brett Kavanaugh. Foto: Andrew Harnik/AP

US-Präsident Trump attackiert jene Frau, die seinem Anwärter für den Supreme Court versuchte Vergewaltigung vorwirft. In sozialen Netzwerken formiert sich sofort eine Gegenbewegung. Kurz vor der US-Zwischenwahl wird der Fall zunehmend zum Problem für Trump.

Washington (dpa) - An diesem Donnerstag kommt es vor dem US-Senat zum Showdown im Fall des Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh, dem eine versuchte Vergewaltigung vor mehr als 30 Jahren vorgeworfen wird.

Die mit Spannung erwartete Anhörung Kavanaughs und der Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford, die ihn der Attacke beschuldigt, wurde für Donnerstag 16 Uhr deutscher Zeit (10 Uhr Ortszeit) angesetzt. Der Justizausschuss des US-Senats veröffentlichte den Termin am Sonntag auf seiner Webseite.

Fords Anwälte hatten zuvor tagelang mit dem Gremium über den Termin und die Umstände einer solchen Befragung verhandelt. Ford hatte zahlreiche Bedingungen für ihre Aussage vor dem US-Senat gestellt. Wie genau die Anhörung ablaufen wird, blieb am Sonntag zunächst unklar.

US-Präsident Donald Trump hatte Kavanaugh als Richter für den Supreme Court vorgeschlagen, das höchste Gericht in den USA. Kurz vor der Entscheidung des US-Senats über die Personalie hatte Ford die schweren Vorwürfe gegen den umstrittenen konservativen Juristen erhoben. Sie gibt an, Kavanaugh habe versucht, sie am Rande einer Schülerparty Anfang der 1980er Jahre zu vergewaltigen. Der Richter bestreitet das vehement.

Mit provokanten Äußerungen zu den Missbrauchsvorwürfen gegen Kavanaugh hatte Trump zuvor einen Proteststurm ausgelöst.

Unter dem Hashtag #WhyIDidntReport (Warum ich keine Anzeige erstattete) solidarisierten sich über das Wochenende Zehntausende Frauen und Männer mit der Psychologie-Professorin Ford. Trump zweifelte öffentlich Fords Glaubwürdigkeit an und warf die Frage auf, warum sie den angeblichen Vorfall damals nicht sofort gemeldet habe.

In sozialen Netzwerken sprangen Zehntausende Frauen und Männer Ford zur Seite und beschrieben, warum sie eigene Missbrauchserfahrungen lange für sich behielten und sich niemandem anvertrauten - etwa aus Angst, aus Scham, aus Verzweiflung, weil man ihnen nicht glauben würde oder weil ihr Peiniger zur eigenen Familie gehörte oder in einer machtvollen Position war. Auch Prominente meldeten sich zu Wort, darunter die Tochter des Ex-US-Präsidenten Ronald Reagan, Patti Davis. Nur wenige Stunden nach den Trump-Tweets am Freitag war der Hashtag einer der weltweit am häufigsten verwendeten. Über das Wochenende kamen viele weitere Wortmeldungen hinzu.

Die Debatte ist von großer Bedeutung für die anstehende Zwischenwahl zum US-Kongress Anfang November. Trumps Republikaner müssen um ihre Mehrheit im US-Repräsentantenhaus fürchten. Trump hatte die Supreme-Court-Besetzung bei seinen Anhängern als großen Erfolg verkauft und muss nun liefern. Er kann es sich auch nicht leisten, massenhaft Wähler vor den Kopf zu stoßen, vor allem die weiblichen. Seine Berater hatten ihn daher zu Zurückhaltung in der Debatte gedrängt, wie US-Medien berichteten. Dies hielt aber nicht lange.

Am Freitag griff Trump Ford in mehreren Tweets an, stellte ihre Glaubwürdigkeit in Frage und forderte sie auf, ihre Anschuldigungen zu untermauern. Er habe keinen Zweifel, dass sich Ford oder ihre «liebevollen Eltern» damals sofort an die Strafverfolgungsbehörden gewandt hätten - falls die so schlimm gewesen sei, wie sie es sage, schrieb Trump. Er rufe sie auf, eine Anzeige von damals vorzulegen, damit Datum, Zeit und Ort des Angriffs klar würden.

Ford hatte allerdings bereits erklärt, dass sie über viele Jahre niemandem von dem Vorfall erzählt habe, auch ihren Eltern nicht.

Zehntausende Frauen und Männer solidarisierten sich in sozialen Netzwerken mit Ford, darunter auch Prominente. Die Schauspielerin Ashley Judd etwa schrieb: «Das erste Mal, als ich vergewaltigt wurde, war ich sieben. Ich habe es den ersten Erwachsenen erzählt, die mir begegnet sind. Sie sagten: Oh, er ist ein netter alter Mann. Er hat es nicht so gemeint. Als ich mit 15 wieder vergewaltigt wurde, habe ich es nur meinem Tagebuch erzählt.»

Auch die Tochter des ehemaligen US-Präsidenten Reagan, Patti Davis, schaltete sich ein. In der «Washington Post» schrieb die 65-Jährige, sie sei vor etwa 40 Jahren vergewaltigt worden. Ein Musikmanager habe sie damals in seinem Büro missbraucht. Jahrzehntelang habe sie niemandem davon erzählt. «Ich fühlte mich alleine, ich habe mich geschämt und ich war angewidert von mir selbst.» Deshalb wundere es sie keineswegs, dass Ford so lange geschwiegen habe.

Mit Blick auf die Anhörung vor dem Senat beklagte eine Sprecherin des Weißen Hauses am Wochenende, dass von Fords Seite immer neue Fristen und Bedingungen kämen. Kavanaugh dagegen stehe seit Tagen bereit für eine Befragung. Sie betonte, jene Personen, die nach Fords Angaben damals bei der Schülerparty gewesen seien, hätten klargestellt, dass sie nichts von dem Vorfall wüssten.

Die Vorwürfe gegen Kavanaugh sind Gegenstand einer heftigen parteipolitischen Auseinandersetzung. Die Demokraten sehen eine Chance, Kavanaughs Bestätigung hinauszuzögern, bis sich nach der Zwischenwahl am 6. November möglicherweise die Mehrheitsverhältnisse im Senat ändern und der erzkonservative Richter verhindert werden könnte. Die Besetzung des Richterpostens ist in den USA ein großes Politikum. Die Nachbesetzung mit Kavanaugh könnte dem obersten Gericht der USA auf viele Jahre ein konservatives Übergewicht geben.