Nach Anti-AfD-Flyer-Coup: Die Aktionen vom Zentrum für Politische Schönheit

Das Zentrum für Politische Schönheit ist für aufsehenerregende Aktionen bekannt. Nicht zum ersten Mal gelang ihnen bei der Bundestagswahl ein empfindlicher Schlag gegen die AfD.

Gräber vor dem Bundestag: Diese Aktion vom Zentrum für Politische Schönheit machte weltweit Schlagzeilen. (Bild: REUTERS/Stringer)
Gräber vor dem Bundestag: Diese Aktion vom Zentrum für Politische Schönheit machte weltweit Schlagzeilen. (Bild: REUTERS/Stringer)

Ihren letzten Coup machten die Polit-Aktivisten vom Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) am Tag nach der Bundestagswahl öffentlich. Die Gruppe um den Aktionskünstler Phillip Ruch hatte es geschafft, der AfD ihre Dienste als "Flyerservice Hahn" anzudienen. Laut des ZPS hätten sie damit 85 Parteiverbände der AfD als Kunden gewinnen können. Doch die Flyer wurden nie verteilt. "Die Partei nahm das Angebot dankbar an und lieferte über fünf Millionen Flyer, 72 Tonnen Werbematerial, in die Logistikkette des ZPS. Wohlgemerkt ohne Auftragsbestätigung oder rechtsgültigen Vertrag", heißt es in der Mitteilung des Kollektivs zu der Aktion. Die AfD kündigte an, eine Strafanzeige stellen zu wollen.

Stelen vor Höckes Haus

Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Partei und das Zentrum für Politische Schönheit vor Gericht begegnen. Denn eine der aufmerksamkeitserregendsten Aktionen des Künstlerkollektivs traf ebenfalls die AfD. Im November 2017 wurden auf einem gepachteten Nachbargrundstück von Björn Höckes Privathaus im thüringischen Bornhagen 24 Stelen enthüllt. Das Protestprojekt trug den Titel "Bau das Holocaust-Mahnmal vor Höckes Haus!" Damit wollte das ZPS gegen Höckes Aussagen im Januar 2017 demonstrieren, in denen der thüringische AfD-Vorsitzende davon gesprochen hatte, die Deutschen seien "das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat". Der Nachbau des Holocaust-Denkmals sorgte für große Empörung bei der AfD und eine Klage gegen die Künstler. Die hatten zusätzlich behauptet, Höckes Haus gefilmt und über Monate überwacht zu haben. Ob dies der Realität entsprach oder inszeniert war, blieb offen.

Kreuze vor dem Bundestag

Denn das Spiel mit der öffentlichen Wahrnehmung und der Inszenierung gehört fest zum Programm des Kollektivs. So ließen sie bei einer ihrer umstrittensten Aktionen auf der Flucht gestorbene Menschen auf einem Berliner Friedhof beisetzen. Damit sollte auf die tödlichen Folgen der Flüchtlingspolitik aufmerksam gemacht werden. Unter dem Namen "Die Toten kommen" sollten exhumierte Körper nach Berlin gebracht und dort beerdigt werden. Gleichzeitig wurden vor dem Bundestag 100 symbolische Gräber ausgehoben, nach Angaben des ZPS waren etwa 5000 Menschen an dem Demonstrationszug beteiligt, bei dem angeblich auch die Leichname von verstorbenen Flüchtlingen mitgeführt wurden, 91 Demonstranten wurden verhaftet. Die Bilder der Kreuze auf der Wiese vor dem Regierungssitz gingen um die Welt.

Mit vier sibirischen Tigern folgte im Jahr darauf die nächste spektakuläre Aktion. Das ZPS hatte Geflüchtete dazu aufgefordert, "sich im Widerstand gegen Deutschlands tödlichstes Gesetz" von den Raubtieren fressen zu lassen. Die Tiger sollten das Bild eines Gladiatoren-Kampfes symbolisieren. Wie auch in den Auseinandersetzungen mit der AfD erzwang das Künstlerkollektiv so eine öffentliche Reaktion aus der Politik auf ihre provokativen Aktionen.

Umstrittene Gedenksäule

Im Dezember 2019 wollte das ZPS mit einer Gedenkstätte vor dem Bundestag an die Opfer des Holocaust erinnern. Die mit Erde aus der Umgebung eines Vernichtungslagers gefüllte Säule sollte den Umgang mit Gedenken und die Öffnung von Teilen der CDU und CSU für eine Zusammenarbeit mit der AfD kritisieren. Die Reaktionen auf die Installation waren allerdings sehr gemischt. Kritik gab es unter anderem vom Zentralrat der Juden und Holocaust-Überlebenden, die durch die Verwendung der Erde die Totenruhe gestört sahen. Als Reaktion entschuldigte sich das ZPS und ließ das Fenster in der Säule, das die Erde zeigte, verhängen. Die Säule wurde schließlich auf Kosten der Aktivisten von der Stadt entfernt.

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