Nachhaltigkeit: Was hat sich 2019 getan und was bringt die Zukunft?

Gefühlt ist das Jahr 2019 das Jahr, in dem mit der globalen "Fridays for Future"-Bewegung und der Etablierung von Begriffen wie "Flugscham" Umweltbewusstsein und die Forderung nach Nachhaltigkeit so hoch im Kurs stehen, wie seit den Siebzigerjahren nicht mehr. Doch was hat sich in diesem Jahr konkret getan und was können wir uns 2020 erhoffen?

Schüler demonstrieren am "Fridays for Future" in Köln. (Bild: Getty Images)
Schüler demonstrieren am "Fridays for Future" in Köln. (Bild: Getty Images)

Das Klimaschutzgesetz

Im November hat die Regierungskoalition nach langem Streit mit den Stimmen der Union und SPD für das Klimaschutzgesetz gestimmt. Damit Deutschland bis 2030 rund 55 Prozent an Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 einspart, sind die einzelnen Ministerien nun selbst dafür verantwortlich, die Vorgaben über die nächsten Jahre zu erreichen. Mit knapp 30 Prozent ist Deutschland derzeit noch ziemlich weit von der Zielvorgabe entfernt und hängt im Zeitplan deutlich hinterher.

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Preis auf den CO2-Ausstoß, Bahnfahren wird billiger

Nach dem Gesetzespaket wird ab 2021 ein Preis auf den CO2-Ausstoß bei der Verbrennung von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas mit zehn Euro pro Tonne erhoben. Bis 2025 soll der Preis schrittweise auf 35 Euro steigen, langfristig gilt eine Obergrenze von 60 Euro. Besonders dieser Punkt wurde von Kritikern als vollkommen wirkungslos bezeichnet, da der Preis viel zu niedrig angesetzt sei. Dazu beschloss die Regierung Steuererleichterungen für Pendler, die Dämmung von Häusern soll steuerlich gefördert werden. Durch eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Fernbahntickets wird Bahnfahren billiger, wogegen das Fliegen durch eine Erhöhung der Luftverkehrssteuer teurer wird.

Die neuen Plastik-Alternativen: Warum nachwachsend nicht gleich nachhaltig ist

Die beinahe einhellige Meinung zum Klimaschutzgesetz: Ein großer Wurf ist der Bundesregierung damit nicht gelungen. Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen, sagte an die Bundesregierung gewandt: "Sie sind an der Menschheitsaufgabe Klimaschutz gescheitert."

Werden die Menschen tatsächlich weniger fliegen, wenn es teurer wird? (Bild: Getty Images)
Werden die Menschen tatsächlich weniger fliegen, wenn es teurer wird? (Bild: Getty Images)

NABU: Fliegen müsste noch teurer werden

Julia Balz, Referentin für Strategische Planung, Umweltpolitik und Nachhaltigkeit beim Naturschutzbund Deutschland (NABU), kann der Sache zumindest ein Gutes abgewinnen: "Dass es das Klimaschutzgesetz und damit eine gesetzliche Verankerung gibt, ist erst einmal gut", sagte sie gegenüber Yahoo! Nachrichten. Sie begrüßt vor allem die Maßnahme, den Bahnverkehr günstiger und den Flugverkehr teurer zu machen. Allerdings hätte die Preissteigerung beim Flugverkehr aus Sicht des NABUS höher ausfallen müssen und auch die anderen Maßnahmen seien insgesamt "unzureichend".

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Bei der EU ging einiges voran

Ebenso auf der Plus-Liste in puncto Nachhaltigkeit steht das Verbot von Einwegprodukten aus Plastik durch die EU, die darin laut Julia Balz relativ schnell gehandelt hat. "Nun wird entscheidend, wie das Gesetz umgesetzt wird und Mehrweg-Alternativen gefördert werden", sagt sie.

Ebenso positiv wertet der NABU den "Green Deal", den die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als gewünschtes "Markenzeichen Europas" angekündigt hat.

Das Hauptziel des Green Deals ist es, Europa bis Mitte des Jahrhunderts zum "ersten klimaneutralen Kontinent der Welt" zu machen. Julia Balz: "Damit bekommt der Umweltschutz eine hohe Priorität." Dafür, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Hierarchie der EU aufgestiegen sei, hätte übrigens die Europawahl gesorgt.

Deutschland muss die Düngeverordnung überarbeiten

Auch, dass die EU-Kommission Vertragsverletzungsverfahren und damit den Umweltschutz 2019 wieder ernster genommen hätte, ist aus Sicht des NABU ein Fortschritt. So muss Deutschland zum Beispiel seine Düngeverordnung überarbeiten, um die Nitrat-Belastung im Grundwasser zu reduzieren. Um einer Strafzahlung zu entgehen, haben das Bundesumweltministerium und das Bundeslandwirtschaftsministerium im September geplante Maßnahmen nach Brüssel geschickt, die u.a. eine Verlängerung der Sperrfristen für die Ausbringung von Düngemitteln in den Herbst- und Wintermonaten sowie eine generelle Sperrfrist für bestimmte Düngemittel enthalten, durch die besonders viel Phosphat in die Gewässer gelangt.

Auch das Insektensterben ist in den Fokus der Politik gerückt. (Bild: Getty Images)
Auch das Insektensterben ist in den Fokus der Politik gerückt. (Bild: Getty Images)

Insekten werden besser geschützt

Wegen des dramatischen Insektensterbens hat die Bundesregierung das "Aktionsprogramm Insektenschutz" verabschiedet, das die Artenvielfalt schützen und das Insektensterben stoppen soll. Unter anderem setzt es auf eine deutlich geringere Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat, zudem stellt der Bund mehr Geld für den Insektenschutz zur Verfügung.

Was wird 2020 bringen?

Im Hinblick auf das kommende Jahr bleibt beim Thema Nachhaltigkeit vor allem spannend, inwieweit die Ziele des "Green Deals" angeschoben werden. Ein konkreter Fortschritt, der schon ab dem 1. Januar 2020 in Kraft tritt, ist der maximale Grenzwert für Schwefel im Treibstoff für Schiffe, der ab dann weltweit gilt. Die internationale Schifffahrts-Organisation IMO hatte den Grenzwert schon 2016 beschlossen, wobei einige Reedereien noch auf eine Übergangsfrist gehofft hatten.

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