"Im Nachtlicht": Mordserie und Kannibalismus in der tiefsten Provinz

Deutschland - Tiefste Abgründe mitten in der Provinz! Mit "Im Nachtlicht" von Regisseur Misha L. Kreuz startet am 7. April ein Mix aus Horror und Sozialkritik in den deutschen Kinos. Ob sich das Anschauen auf der großen Leinwand lohnt, erfahrt Ihr in der TAG24-Filmkritik.

Minthe (Diana Maria Frank) wird von Albträumen und einem mysteriösen Wesen terrorisiert.
Minthe (Diana Maria Frank) wird von Albträumen und einem mysteriösen Wesen terrorisiert.

Das ehemalige Heimkind Minthe (Diana Maria Frank) wird ständig von wiederkehrenden Albträumen und depressiven Stimmungen geplagt. Das macht der jungen Frau die Suche nach einem neuen Job sehr schwierig.

Dann bekommt sie endlich als gelernte Schreinerin ein Angebot, das sie ausgerechnet nach Hellheim verschlägt - den Ort, wo sie geboren wurde. Obwohl ihr Hellheim als Ursprung ihrer Ängste nicht geheuer ist, fängt sie an, die dortige "Wolfsmühle" zu reparieren. Der dazugehörige Eiskeller ist für sie aber tabu.

Minthe ahnt nicht, dass der idyllische Platz direkt unter ihren Füßen dunkle Geheimnisse beherbergt und ihre Auftraggeber ein falsches Spiel mit ihr spielen.

Doch nicht nur diese scheinen Böses im Schilde zu führen, auch ihre verwirrt wirkende Nachbarin (Stefanie Phillips) weiß mehr über Minthe, als sie zugeben will.

Als dann auch noch gewalttätige Männer auf grausame Weise umgebracht werden und Hellheim in eine Mordserie verstrickt wird, ist es für eine Flucht längst zu spät ...

Trailer zu "Im Nachtlicht" von Misha L. Kreuz mit Diana Maria Frank

"Im Nachtlicht" will hoch hinaus, fällt aber flach

Hellheim ist ein Spielplatz für Bösewichte, darunter Eddy (Peter Eberst, l.).
Hellheim ist ein Spielplatz für Bösewichte, darunter Eddy (Peter Eberst, l.).

"Im Nachtlicht" von Kino-Debütant Kreuz ("Greenhorn", "Arminius") startet ambitioniert und mit Themen, die Lust auf mehr machen.

Drama wird mit Horrorelementen vermischt, antike griechische Motive mit gruseligen Provinzlegenden.

Auch die verschiedenen Gesichter des Bösen inmitten einer harmlos wirkenden Landschaft üben Anziehungskraft aus.

Ab und an geraten die Andeutungen dann schon ziemlich plump, zum Beispiel, als Minthe in einen Bus mit der Nummer 666 steigt. Auch die Dialoge wirken stellenweise ungeschickt und tun den weitgehend unterdurchschnittlichen schauspielerischen Leistungen der eindimensionalen Nebenfiguren keinen Gefallen.

Wo der zeitgleich startende Death of a Ladies' Man mit ähnlichem Problem zumindest mit einem guten Hauptdarsteller punkten kann, weiß Diana Maria Frank ("Die Schönste im ganzen Land") leider nicht zu überzeugen. Ihre abwesende Mimik passt über große Strecken hinweg nicht zu den Wutausbrüchen, der Depression oder Angst, die Minthe zu kommunizieren versucht.

Neben den Darstellungen liegt die größte Schwäche von "Im Nachtlicht" ganz klar im Drehbuch, denn bei aller Liebe zum Genremix scheint es nicht zu wissen, was es denn genau vermitteln möchte.

Welchen Leckerbissen der zwielichtige Bankdirektor Strasser (David Rott, 44) da wohl gerade verspeisen will?
Welchen Leckerbissen der zwielichtige Bankdirektor Strasser (David Rott, 44) da wohl gerade verspeisen will?

Der größte Pluspunkt von "Im Nachtlicht" besteht im Drehort

Die rätselhafte Eva (Ruby O. Fee, 26, l.) ist ein weiteres Puzzlestück, das sich weder Minthe noch dem Zuschauer so ganz erschließt.
Die rätselhafte Eva (Ruby O. Fee, 26, l.) ist ein weiteres Puzzlestück, das sich weder Minthe noch dem Zuschauer so ganz erschließt.

Minthes privates Familiendrama oder halbherzige Romanze bleibt ebenso lau erzählt wie diverse kannibalistische Szenen oder eben der komplette Höhepunkt der Geschichte, während andere offensichtliche Sequenzen wiederum zu ausführlich erklärt werden.

Im Kontrast zur schwachen Story stehen die fabelhaft gewählten Orte, an denen sich "Im Nachtlicht" entfaltet. Die Wolfsmühle und ihr dazugehöriges Tal sowie Hellheims Architektur werden mit Liebe zum Detail gezeigt.

Entstanden ist ein überraschend lichtdurchfluteter Horrorfilm mit künstlerisch gelungenen Traumsequenzen, der sich angenehm zwischen klischeehaftem Horror-Dunkel und schmerzhafter "Midsommar"-Helligkeit einfügt.

So wirkt das Böse umso alltäglicher, wenn auch die Nachtszenen etwas zu dunkel und dementsprechend schlechter erkennbar geraten sind.

"Im Nachtlicht" ist ein ambitionierter Beitrag zum deutschen Horror-Kino, überzeugt allerdings schauspielerisch nicht und lässt seinen eigentlichen Hauptplot leider im Sand verlaufen. Eingefleischte Genre- und Indie-Fans mit Lust auf starke Ideen, die großzügig über Schwächen im Skript hinwegsehen können, dürfen durchaus einen Gang ins Kino wagen.