Nachwahlbefragung weist knappe Mehrheit aus - Regierungspartei gewinnt umstrittene Parlamentswahlen in Aserbaidschan
In Aserbaidschan wird die Partei von Präsident Alijew die Parlamentswahlen voraussichtlich gewinnen.
Eine Oppositionspartei, die zuletzt mehrere Wahlen boykottierte, zweifelt deren Fairness allerdings an.
Aserbaidschans Regierungspartei „Neues Aserbaidschan“ steht vor einer knappen Mehrheit im Parlament, ergab eine Nachwahlbefragung. „Reuters“ berichtet, dass die Partei von Präsident Ilham Alijew 63 der 125 Sitze und damit eine ganz knappe absolute Mehrheit gewinnen könnte, mit sechs Sitzen weniger als zuvor.
Dutzende weitere Sitze werden laut „Reuters“ voraussichtlich von Kandidaten gewonnen, die offiziell parteilos sind, in der Praxis jedoch die Regierung unterstützen, oder gehen an kleinere, regierungsfreundliche Parteien.
Oppositions-Partei kritisiert unfaire Bedingungen
„Die Wahlen finden nicht unter demokratischen Bedingungen statt,“ sagte Arif Gadzhili, Vorsitzender der oppositionellen Musavat-Partei, gegenüber „Reuters“. Die Musavat-Partei nahm nach mehreren Boykotten bei vergangenen Wahlen erstmals seit 15 Jahren wieder an den Parlamentswahlen teil, wird jedoch laut Prognosen keine Sitze gewinnen.
Parteichef Arif Gadzhili sagte gegenüber der Nachrichtenagentur bereits vor den Abstimmungen, dass er nicht an faire Wahlen glaube, die Partei jedoch kandidiere, um „die politische Atmosphäre im Land zu beleben“.
Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew regiert das Land seit 2003 und gewann im Februar seine fünfte Amtszeit mit über 92 Prozent der Stimmen. Wie der „Spiegel“ berichtet, gibt es allerdings immer wieder scharfe Kritik am Staatsoberhaupt. Laut Bürgerrechtlern soll er unter anderem unabhängige Journalisten und politische Aktivisten verhaften.
Verhaftung von Journalisten wegen angeblicher Geldwäsche und Schmuggel
Das „ZDF“ berichtete zum Beispiel von der Festnahme eines Journalisten, der über das aserbaidschanische Parlament berichtetet und auch mit dem deutschen Fernsehen zusammenarbeitete. Er wurde demnach im April in Baku verhaftet. Laut „Amnesty International“ wurde ihm vor Gericht „Verschwörung zur illegalen Einfuhr von Geld“ vorgeworfen.
Wie das „ZDF“ im April berichtete, wurden ähnliche Vorwürfe auch gegen mehrere Journalisten der regierungskritischen Website „Abzas Media“ erhoben.
Erschwerte Medienarbeit durch restriktive Gesetze
„Amnesty International“ zufolge hat Aserbaidschan in den letzten Jahren restriktive Gesetzesänderungen vorgenommen, die die Arbeit von Medien und Nichtregierungsorganisationen einschränken. Das 2022 verabschiedete Mediengesetz erschwere demnach die Registrierung und Finanzierung von Medienorganisationen.
Kritischen Medien und Journalisten werde die Registrierung laut „Amnesty “ oft aus willkürlichen Gründen verweigert, was sie zwinge, ihre Arbeit abzubrechen oder das Risiko strafrechtlicher Verfolgung einzugehen, wenn sie weitermachen. Präsident Alijew hingegen behauptet, es sei notwendig die Medien im Land vor „negativen Einflüssen von außen“ schützen, berichtet der „Spiegel“.