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Nähe zu Reichsbürger-Bewegung: Verfassungsschutz ermittelt wegen illegaler Schule in Bayern

Vor Kurzem schlossen die Behörden eine illegal betriebene Schule im bayerischen Rosenheim. Nun hat sich Medienrecherchen zufolge auch der Verfassungsschutz in die Ermittlungen eingeschaltet - wegen Bezügen zur Reichsbürger-Szene.

Mit einer russischen
Mit einer russischen "Stiftung" im Rücken wurde im Landkreis Rosenheim eine illegale Schule betrieben - die rief nun sogar den Verfassungsschutz auf den Plan (Bild: Peter Kneffel/dpa)

Im September hatte die Schulaufsichtsbehörde eine illegale Schule dichtgemacht, die auf einem Hof bei Deutelhausen im Landkreis Rosenheim betrieben wurde. Leitern war eine verbeamtete Lehrerin, die offiziell seit Monaten im Krankenstand steht. Dem Bayerischen Rundfunk (BR) teilte sie jedoch mit, eine "aus dem System ausgestiegene Lehrerin" zu sein, die "eine Eingebung von oben" bekommen hätte.

Rund 50 Kinder und Jugendliche waren an der Schule unterrichtet worden, nachdem Veronika G., so der Name der Leiterin, kurz vor den Sommerferien einen Aufruf im Messenger-Dienst Telegram gepostet hatte. Gesucht waren darin "Montessori-, Waldorf - oder staatliche Pädagogen / Lehrer, die ab September das Schulsystem nicht mehr weiter bedienen wollen und eine Alternative suchen", wie der BR berichtet.

Ein Fall für den Verfassungsschutz

Wie Wolfgang Rupp, Sprecher der Regierung Oberbayern, dem "Spiegel" sagte, steht hinter dem Betrieb eine vermeintliche Stiftung aus Russland namens "Freiheit braucht Mut". Corona-Tests, Masken oder Hygienemaßnahmen wurden an an dieser den Behörden zufolge "schulähnlichen" Einrichtung strikt abgelehnt.

Doch offenbar geht die Gesinnung der illegalen Schule über Corona-Leugnen hinaus. Beamte fanden laut Rupp auf dem Gelände Materialien, die auf die Querdenker- und Reichsbürger-Szene hindeuten würden.

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Aus diesem Grund hat sich nun auch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz in den Fall eingeschaltet. Es gebe "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung", wie der "Spiegel" dessen Sprecher zitiert.

"Kontrollverlust" des Kultusminsteriums?

Der BR traf auf dem Hof, auf dem die geschlossene Schule betrieben worden war, indes im Oktober weiterhin beteiligte Akteure an. Es gebe Diskussionen darüber, wie man den Unterricht wieder aufnehmen könne.

Ob die rund 50 Schüler der Einrichtung mittlerweile wieder im staatlichen Schulbetrieb unterrichtet oder weiterhin nicht beschult werden, ist der zuständigen Regierung in Oberbayern nicht bekannt - ein Aspekt, der auf ein tiefergreifendes Problem hinweist. Denn der BR erfuhr von weiteren Fällen von Vorstößen illegaler Unterrichtsinstitutionen.

So hatte eine Frau aus dem Allgäu im März Antrag auf Gründung einer Grund- und Mittelschule gestellt. Als dieser abgelehnt wurde, wandte sie sich an Telegram, um Gleichgesinnte zu finden. Ebenfalls im Allgäu warb eine Frau mit "Ersatzunterricht" für 350 Euro monatlich pro Kind.

Lehrerverbände üben heftige Kritik am Kultusminsterium: "Wir müssen wissen, wie viele Schülerinnen und Schüler der staatlichen Schulversorgung verloren gehen", zitiert der BR Bernhard Baudler von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Bayern. Er spricht von einem "Kontrollverlust" des Ministeriums.

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