Nahostkonflikt und Ukraine-Krieg beherrschen Auftakt der UN-Generaldebatte
Der eskalierende Nahost-Konflikt und der Krieg in der Ukraine haben am Dienstag in New York den Auftakt der UN-Generaldebatte mit Staats- und Regierungschefs aus aller Welt beherrscht. US-Präsident Joe Biden warnte vor einem "umfassenden Krieg" im Libanon und appellierte an die Konfliktparteien, weiter an einer diplomatischen Lösung zu arbeiten. UN-Generalsekretär António Guterres sagte, der Libanon stehe "am Rande des Abgrunds".
"Niemand hat ein Interesse an einem umfassenden Krieg", sagte Biden angesichts des seit Tagen eskalierenden Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon. "Auch wenn die Situation eskaliert ist, ist eine diplomatische Lösung noch möglich", sagte der US-Präsident.
Biden ging zugleich auf den mit der Lage im Libanon verbundenen Gaza-Krieg ein, der am 7. Oktober durch den Überfall der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel ausgelöst worden war. Es sei Zeit, "diesen Krieg zu beenden" und ein Abkommen zu schließen, sagte der US-Präsident. Das von den Vereinigten Staaten, Katar und Ägypten vermittelte Abkommen werde "die Geiseln nach Hause bringen" sowie "das Leiden im Gazastreifen lindern", sagte Biden.
UN-Generalsekretär Guterres mahnte, die in New York versammelten Staats- und Regierungschefs "sollten alle über diese Eskalation alarmiert sein". Es müsse alles getan werden, "um zu verhindern, dass der Libanon zu einem weiteren Gaza wird". Die Situation im Gazastreifen sei "ein ständiger Albtraum, der die ganze Region ins Chaos zu stürzen droht", sagte Guterres weiter.
Israels UN-Botschafter Danny Danon nannte die UN-Generaldebatte eine "jährliche Parade der Heuchelei". Wenn Guterres über die israelischen Geiseln spreche, schweige die UN-Vollversammlung. Wenn er über das Leid im Gazastreifen spreche, bekomme er Applaus.
Im Nahostkonflikt richten sich die Blicke derzeit vor allem auf die Lage im Libanon, wo das israelische Militär am Montag den bisher größten Einsatz gegen die Hisbollah seit Beginn des Gaza-Krieges ausgeführt hatte. Rund 1600 Ziele wurden angegriffen, nach Angaben der libanesischen Regierung wurden dabei mindestens 558 Menschen getötet.
Die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz ist mit der Hamas verbündet. Am Dienstagnachmittag wollte auch der iranische Präsident Massud Peseschkian in der Generaldebatte sprechen. Im Laufe der Woche werden zudem der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas als Redner in der Generaldebatte erwartet, zu der mehr als hundert Staats- und Regierungschefs aus aller Welt anreisen.
Für Biden war es seine letzte Rede als US-Präsident in der UN-Generaldebatte. Neben dem Nahost-Konflikt war auch der Ukraine-Krieg Thema der ersten Reden und zahlreichen ranghohen Gespräche am Rande des diplomatischen Spitzentreffens am Sitz der UNO.
Biden sagte dazu, der russische Präsident Wladimir Putin sei mit seinem Einmarsch in die Ukraine gescheitert. "Putins Krieg ist mit seinem Hauptziel gescheitert. Er wollte die Ukraine zerstören, aber die Ukraine ist immer noch frei", sagte der US-Präsident. Mit der Situation in der Ukraine wollte sich am Nachmittag auch der UN-Sicherheitsrat befassen. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj wird am Mittwoch vor der Vollversammlung reden, einen Tag später wird er von Biden in Washington empfangen.
Guterres mahnte angesichts der zahlreichen militärischen Konflikte weltweit, die Welt sei "in einem Strudel gefangen", in dem die geopolitischen Spaltungen immer größer würden und "Kriege toben, ohne dass man weiß, wie sie enden werden". "Wir bewegen uns geradewegs auf das Unvorstellbare zu, ein Pulverfass, das die Welt zu verschlingen droht."
Deutschland wird in diesem Jahr durch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei der Generaldebatte vertreten. Ihre Rede ist für Donnerstag geplant.
ju/mid