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Nasa stoppt Kooperation mit Russland

Laut «New York Times» dürfen Vertreter der russischen Regierung keine Nasa-Einrichtungen mehr besuchen. Foto: NASA/Bill Ingalls

Im Zuge der Krim-Krise liegt nun auch die russisch-amerikanische Zusammenarbeit in der internationalen Raumfahrt weitgehend auf Eis. Wegen der Ukraine-Politik des Kreml stoppte die US-Raumfahrtbehörde Nasa demonstrativ einen großen Teil ihrer Zusammenarbeit mit Russland.

Bei dem mit Abstand wichtigsten Kooperationsprojekt, dem Betrieb der Internationalen Raumstation ISS, soll es jedoch keine Abstriche geben, teilte die Nasa mit. Russland reagierte in einer ersten Stellungnahme gelassen. Außer der ISS gebe es überhaupt keine Zusammenarbeit mit den USA auf Staatsebene, teilte Vizeregierungschef Dmitri Rogosin per Twitter mit.

Der «New York Times» zufolge dürfen Nasa-Mitarbeiter nicht mehr nach Russland reisen und Vertreter der russischen Regierung keine Nasa-Einrichtungen mehr besuchen. Wie die Nasa in einer E-Mail an Führungskräfte der Raumfahrtbehörde weiter schrieb, soll es keine bilateralen Treffen, E-Mail-Kontakte sowie Telefon- und Videokonferenzen mehr geben.

«Russlands andauernde Verletzung ukrainischer Hoheitsgewalt und territorialer Integrität», nannte die Nasa als Grund für den Vorstoß. «Im Weltraum ist es gerade einsamer geworden», kommentierte das «Time»-Magazin.

Der «sichere und andauernde Betrieb» der Raumstation ISS solle trotzdem gemeinsam mit Russland weiter sichergestellt werden, hieß es in einer Mitteilung der Nasa. Bei diesem Großprojekt kann die US-Raumfahrtbehörde auch gar nicht mehr ohne ihren russischen Partner: Seit dem Ende des Shuttle-Programms sind die USA auf russische Sojus-Kapseln für den Transport von Astronauten zur ISS angewiesen.

Pro Reise zahlt die Nasa umgerechnet 50 Millionen Euro. Derzeit arbeiten zwei US-Amerikaner auf der ISS. Der Nasa-Astronaut Reid Wiseman soll Ende Mai gemeinsam mit dem Deutschen Alexander Gerst und dem Russen Maxim Surajew in den Kosmos starten. Die Mission sei nicht gefährdet von dem Streit, hieß es zuletzt.

Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow sprach von einer «bedauerlichen Entscheidung» der USA. Alexander Koptew von der Flugleitzentrale bei Moskau sagte, der Schritt werde den USA mehr schaden als Russland. «Die ISS wird in der Umlaufbahn zwar weiter ihre Runden drehen - aber darüber hinaus ist unklar, welche Auswirkungen die Sanktionen haben werden», sagte Koptew. Die Formulierungen seien «phrasenhaft». Russland helfe der Nasa etwa bei der «Curiosity»-Marsmission, dies stehe jetzt in den Sternen.

Das russische Maschinenbauunternehmen Energomash kritisierte das Verbot. Die Firma lieferte bisher Triebwerke vom Typ RD-180 an die USA für deren Trägerrakete Atlas. «Die US-Sanktionen werfen Russland und die USA auf dem Gebiet der Weltraumforschung um Jahrzehnte zurück», sagte Direktor Wladimir Solnzew der Agentur Ria Nowosti. «Die Strafmaßnahmen zielen auf Moskau, treffen im Endeffekt aber die ganze Welt, weil Wissenschaft für alle wichtig ist.»

Auch aus der Nasa selbst kamen kritische Stimmen. Die Entscheidung sei nur mit sehr wenigen Menschen im Voraus abgesprochen worden, hieß es. Nasa-Chef Charles Bolden hatte noch vor wenigen Wochen öffentlich betont, dass trotz Krim-Krise die Zusammenarbeit mit Russland in punkto Raumfahrt «normal» verlaufe. «In jeder Krise ist ein Ende der Kommunikation das Schlimmste, was man machen kann», kritisierte Nasa-Astronaut Ronald Garan, der bereits zwei Raumflüge hinter sich hat, per Twitter.

Ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter der russischen Weltraumbehörde Roskosmos sprach von einem «ernsten Schritt» der USA. «Wir hängen von der Nasa zwar nicht ab, weil wir im Unterschied zu ihr ein einsatzfähiges Raumschiff besitzen», sagte er. Allerdings hätten beide Länder 1975 sogar zu Zeiten des Kalten Krieges beim sogenannten Apollo-Sojus-Test-Projekt zusammengearbeitet.

«Bereits die Kopplung von Sojus und Apollo im Jahr 1975 hat gezeigt, welchen völkerverbindenden Platz die Raumfahrt in der Geschichte einnehmen kann», betonte auch Johann-Dietrich Wörner, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Köln. «Aus dem All sind keine Grenzen zu sehen - wissenschaftliche Zusammenarbeit muss auch über Grenzen hinweg möglich sein.»

Der russische Raumfahrtexperte Juri Karasch sagte, der Streit werde die USA vermutlich veranlassen, die Entwicklung eines eigenen Raumschiffs schneller voranzutreiben. Der Nasa zufolge soll der Test des neuen Raumschiffs «Orion» noch in diesem Jahr erfolgen. Der erste bemannte Flug ist 2017 geplant.

Er hätte schon 2015 starten können, wenn der US-Kongress das Budget der Raumfahrtbehörde nicht so stark gekürzt hätte, kritisierte die Nasa ungewöhnlich scharf. «Entweder wird der Plan komplett finanziert, so dass bemannte Weltraumstarts wieder zurück nach Amerika gebracht werden, oder wir schicken weiter Millionen von Dollar nach Russland. So einfach ist das.»

New York Times-Bericht

Nasa-Statement

Fox News-Bericht

ISS-Seite des DLR, deutsch

ISS-Seite der Nasa, englisch

ISS-Seite von Roskosmos, russisch

Ron Garan bei Twitter