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Das Netz streitet über Philipp Amthors Auftritt bei "Markus Lanz": Coup oder dreist?

"Hey Rezo, Du alter Zerstörer!" - Mehr als die Eingangszeile war bisher nicht bekannt vom zurückgezogenen Antwortvideo der CDU auf den "Zerstörungs"-Clip des YouTubers Rezo. Der Auftritt von Philipp Amthor bei Markus Lanz am gestrigen Abend sollte mehr Erhellendes bieten. Stattdessen wurde man Zeuge eines gewagten PR-Stunts, der im Netz für Aufregung sorgt.

Von der Journalistin und Webvideoproduzentin Eva Schulz gab es gleich mal ein Lob für den jüngsten Bundestagsabgeordneten der CDU. Eines! "Gelungene Reichweitenstrategie", urteilte sie über die Art und Weise, wie Philipp Amthor im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vor einem Millionenpublikum die Existenz seines neu gegründeten Instagram-Auftritts bewarb.

Amthor schaltete ihn gestern tagsüber frei, kündigte dort ein Video an, und parallel dazu empfahl er, am Abend die ZDF-Talkshow von Markus Lanz einzuschalten. Dort stellte sich allerdings, nicht untypisch für etablierte PR-Strategien, bald schon Ernüchterung ein. Nur wenige Sekunden des bislang vollkommen unbekannten und daher mit Interesse erwarteten Videos durfte Lanz im ZDF am Abend um 23.15 Uhr zeigen. "Ey, LOL, ey - Rezo..."

Mit dem Video "Die Zerstörung der CDU" hatte der YouTuber und Influencer Rezo im Vorlauf auf die Europawahlen im Mai 2019 bundesweite Bekanntheit erlangt. Der 55-minütige Clip wurde bis zum Tag der Wahl mehr als zehn Millionen Mal aufgerufen und später auch in seiner möglichen Wirkung auf das enttäuschende Abschneiden der Unionsparteien diskutiert.

Nachdem der YouTuber Rezo mit seinem "Zerstörungs"-Video die CDU im Mai 2019 in Bedrängnis gebracht hatte, sollte ein vom Bundestagsabgeordneten Amthor eingesprochener Clip die passende Antwort geben. Doch auf die Ankündigung folgte der Rückzieher: Der CDU-Bundesvorstand gab die Veröffentlichung nicht frei - ein PR-Debakel für die Partei. In der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" verriet der unter öffentlichen Druck geratene Amthor schon damals immerhin die ersten Zeilen seiner verhinderten YouTube-Replik: "Hey Rezo, Du alter Zerstörer!" Die waren auch diesmal bei Lanz wieder zu hören, viel mehr aber auch nicht.

"Genug Schabernack"

Wie also Amthors Replik auf das millionenfach geklickte Rezo-Video aussieht, musste man sich schon selbst im Netz ansehen. Um 0 Uhr wurde Amthors Antwort freigeschaltet. Und die Überraschung dort war fraglos groß: "Hier das Video, auf das schon zu lange gewartet wurde: Mein erstes eigenes Video auf Instagram", textete er. "Genug Schabernack", verkündet Amthor dort nach wenigen Sekunden des vermeintlichen echten Videos, das rüde abgeschnitten wurde. "Ihr habt doch nicht ernsthaft geglaubt, dass ich jetzt hier mein Rezo-Antwortvideo poste? Statt alter Videos gibt es auf meinem neuen Instagram-Kanal nur neue Videos." Amthor wolle die Plattform demnach nutzen, um mit seinen Followern in die Diskussion zu den aktuellen Herausforderungen dieser Zeit zu kommen: "Weil ich Lust auf Debatten und auf Sachthemen habe."

"Clickbait wie es kein RTL Youtuber besser könnte"

Die Antworten der User auf Amthors gewagte Aktion fielen bei Instagram erwartungsgemäß unterschiedlich aus. Während einige medial versierte Nutzer den Coup lobten, kritisierten andere die Idee. "Da fehlen mir die Worte. Clickbait wie es kein RTL Youtuber besser könnte und das als Politiker." Von "So geht es" bis "unterirdisch" reichten die Reaktionen.

Nicht mehr als Makulatur war demnach auch das aufgezeichnete Gespräch bei Lanz, in dem der Moderator Amthor fragte, ob auch die Kanzlerin das Video gesehen habe. Das könne er nicht beantworten, erklärte Amthor. Wohl aber gestand er, dass die ganze Debatte ihn auch persönlich "zum Nachdenken gebracht" habe. Schließlich sei es durchaus aber auch wichtig gewesen, die Fähigkeit einer Partei wie der CDU zur Selbstironie zu zeigen, die mit Ernsthaftigkeit zu kombinieren sei.

Zur Sache!

In der Folge fragte Lanz eine ganze Reihe von politischen Positionen seines jungen Gastes ab, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Amthor sprach sich strikt gegen ein Tempolimit aus ("da gibt es sinnvollere Maßnahmen"). Billigflüge will er in Deutschland laut stärker besteuert sehen. Zur Notwendigkeit einer generellen Kerosinsteuer äußerte er sich jedoch nicht. Vehement argumentierte der Politiker darüber hinaus für eine Beibehaltung des Mindestalters von 18 Jahren bei Wahlen, nachdem die Koppelung von staatsbürgerlichen Pflichten und Rechten eben erst in diesem Alter gegeben sei.

Er selbst trat bereits mit 16 in die Partei ein und absolvierte seine ersten Engagements im Wahlkampf, ohne selbst wählen zu dürfen. Lobende Worte fand er demnach auch für eine junge politisch engagierte Generation, wohl wissend, dass diese seine CDU-Positionierungen womöglich nicht teilt. Und er blieb bei seiner viel zitierten Aussage, nach der bei der Jugend eine Entscheidung zwischen Klimademos und Schule am Vormittag durchaus anders ausfallen können als die zwischen Klimaschutz und Playstation am Nachmittag.