Neu im Kino: „David Copperfield“: Charles Dickens, farbenblind

Mit eiligen Schritten hastet die schrullige Dame zu ihrer Schwester, um deren frisch geborene Tochter in die Arme zu schließen. Alle Hinweise, dass das Kind kein Mädchen, sondern ein Junge ist, werden von ihr geflissentlich überhört. Wie groß aber ist das Entsetzen, als die Tante das Baby in Händen hält! Mit genau so eiligen Schritten hastet sie wieder davon. Dabei müsste eine andere Erkenntnis sie viel mehr erschüttern: Das Baby ist dunkelhäutig, während die Eltern doch beide weiß sind.

Das ist der Clou der bereits 18. Verfilmung des Charles-Dickens-Klassikers „David Copperfield“: Die Titelfigur wird von „Slumdog Millionär“-Star Dev Patel verkörpert. Erst jüngst hat Burhan Qurbani in seiner Neuverfilmung von „Berlin Alexanderplatz“ allein durch die Besetzung der Hauptfigur mit einem Schwarzen dessen Stigmatisierung und Ausweglosigkeit radikal auf heutige Verhältnisse übertragen.

Der vor allem für seine Politsatiren wie „Veep“ oder „The Death of Stalin“ bekannte Regisseur Armando Iannucci „erklärt“ die Besetzung in seinem „David Copperfield“ dagegen nie, nimmt sie im Gegenteil für gegeben hin.

„David Copperfield“: der Trailer zum Film

Der junge David Copperfield (Ranveer Jaiswal) wird von allen gejagt.<span class="copyright">Entertainment One</span>
Der junge David Copperfield (Ranveer Jaiswal) wird von allen gejagt.Entertainment One

Auch sonst ist der Cast konsequent ethnisch divers. Asiaten, Schwarze und Weiße spielen wie selbstverständlich in einem Kostümfilm der viktorianischen Zeit, die nicht nur durch Klassendünkel geprägt war, sondern erst recht durch Kolonialismus und Ausbeutung vermeintlich niederer Rassen.

Und während farbige Mimen in Kostümfilmen sonst meist nur dienen...

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