Die neue nukleare Aufrüstung: Atomwaffen-Staaten modernisieren Arsenale

Die Zahl atomarer Sprengköpfe nimmt ab. Doch das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri beobachtet die Entwicklungen in Atomwaffen-Staaten mit Sorge.

Für längere Zeit hatten die Atommächte eher wenig in ihr nukleares Arsenal investiert. Das ändert sich gerade, wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri beobachtet. „Zwar sinkt die Gesamtzahl nuklearer Sprengköpfe weiter, aber alle Staaten, die Atombomben besitzen, modernisieren ihr Arsenal“, sagt Jan Eliasson von Sipri. An diesem Montag stellen die Friedensforscher unter anderem neue Zahlen zu Atomwaffen vor.

Sipri nahm dabei die atomaren Sprengköpfe von neun Staaten in den Fokus: USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea. Für Anfang 2019 zählte das Institut insgesamt 13.865 Atomwaffen, ein Jahr zuvor waren es noch 14.465. Der Rückgang der Stückzahlen geht vor allem auf die USA und Russland zurück, während China, Pakistan und Nordkorea die Zahl dieser Sprengköpfe wohl vergrößerten.

Weniger Sprengköpfe - aber die neuen sind moderner

Sorgen bereitet den Sipri-Forschern allerdings weniger die absolute Zahl der Sprengköpfe als vielmehr Ansagen aus allen Atomwaffen-Staaten, dass sie ihre Arsenale modernisieren wollen. Die USA und Russland, die noch immer über 90 Prozent aller Atomwaffen verfügten, hätten Programme aufgelegt, alte Atomsprengköpfe durch modernere zu ersetzen und die sie tragenden Raketen und Kampfflugzeuge ebenfalls zu erneuern.

Dass Atomwaffen wieder eine größere Rolle spielen sollen, verkündeten die Vereinigten Staaten bereits im vergangenen Jahr in ihrer neuen Militärstrategie. Zudem kündigten sie den INF-Vertrag von 1987 über die Vernichtung aller landgestützten nuklearen Kurz- und Mittelstreckenraketen. Damals warf die US-Regierung Russland vor, den Vertrag gebrochen zu haben.

Auch die Entwicklungen in Asien beobachtet das Friedensforschungsinstitut mit Sorge. Indien und Pakistan hätten ihre Atomwaffenfabriken so stark ausgebaut, dass mit einer erheblichen Vergrößerung ihres Arsenals in den nächsten Jahren zu rechnen sei, befürchtet Sipri.

Zahlen beruhen auf Schätzungen

Die Friedensforscher bedauern allerdings, dass zuverlässige Informationen über Atomwaffen oft kaum verfügbar seien. Die USA und Großbritannien hätten wichtige Informationen zu ihren Arsenalen veröffentlicht, auch Frankreich veröffentlichte einige Informationen. Die anderen Atomwaffen-Staaten gewährten nur sehr begrenzte Einblicke. Die Sipri-Zahlen beruhen demnach auf Schätzungen, deren Grundlage Raketentests und Aussagen von Regierungsmitgliedern darstellen.

Dass die USA und Russland die Zahl ihrer atomaren Sprengköpfe verringerten, geht auf den New-START-Vertrag von 2010 zurück, der einen Abbaupfad für diese Waffen vorzeichnet. Der Vertrag läuft allerdings 2021 aus. Und bisher zeigen beide Staaten keine Verhandlungsbereitschaft darüber, ihn zu verlängern. Angesichts der Spannungen zwischen den USA und Russland hält es Shannon Kile, SIpri-Direktor für nukleare Abrüstung, für sehr unwahrscheinlich, dass es zu einer neuen Runde von Abrüstungsverhandlungen kommt.

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