Der neue Sancho - Jamie Gittens wird zum neuen Superstar in Dortmund, aber der BVB macht zu wenig draus

Dortmunds Jamie Gittens wird immer mehr zum Star<span class="copyright">IMAGO/Moritz Müller</span>
Dortmunds Jamie Gittens wird immer mehr zum StarIMAGO/Moritz Müller

Borussia Dortmund hat wieder einen Offensivstar für die außergewöhnlichen Momente. In seinem fünften Jahr in schwarz und gelb entwickelt sich Jamie Gittens zum Unterschiedsspieler des BVB.

An zwei aufeinanderfolgenden Bundesliga-Wochenenden erzielte Jamie Gittens das aufsehenerregendste Tor. Zweimal auf sehr ähnliche Art und Weise. Sowohl gegen Bayern München als auch Borussia Mönchengladbach kam der 20-jährige Engländer über die linke Außenbahn und zog von dort in Richtung Tor, einmal vollendet über den Kopf von Manuel Neuer hinweg, ein anderes Mal ins obere rechte Toreck unhaltbar für Moritz Nicolas. Beide Szenen unterstreichen die Ausnahmequalitäten von Gittens, der bis vor kurzem noch unter dem Namen „Bynoe-Gittens“ firmierte. Auch wenn er das wohl marketingtechnische spannende Kürzel JBG nicht mehr tragen kann, so zeigt seine Leistungskurve in die perfekte Richtung. Mal kommt Gittens mit Tempo auf der Außenbahn zu Durchbrüchen, mal lässt er ein bis zwei Gegenspieler mit Übersteigern und Haken aussteigen.

Jamie Gittens: Vergleiche zu Sancho und Dembélé

Die Vergleiche zwischen Gittens und Jadon Sancho, einem früheren BVB-Flügelstar, liegen auf der Hand. Beide stammen gebürtig aus London, werden von der identischen Agentur vertreten und kamen von der Jugendakademie von Manchester City im Teenager-Alter nach Dortmund. Doch Sancho war kein brillanter Eins-gegen-Eins-Spieler, sondern vielmehr ein exzellenter Passgeber vom Flügel und in den Halbräumen. Einen spektakulären Dribbler wie Gittens hatte der BVB wohl seit Ousmane Dembélé in der Saison 2016/17 nicht mehr.

Jamie Gittens mit Ex-BVB-Star Jadon Sancho<span class="copyright">IMAGO/Moritz Müller</span>
Jamie Gittens mit Ex-BVB-Star Jadon SanchoIMAGO/Moritz Müller

Auf gewisse Art ist Gittens für Dortmund jedoch Fluch und Segen zugleich. Dortmund musste sich nach den Abgängen von Sancho, Erling Haaland und Jude Bellingham sowie dem nahenden Karriereende von Marco Reus neu erfinden. Vorbei schienen die Zeiten, in denen sich die Borussen auf Individualisten und deren Glanzmomente verlassen konnten. Als Haaland und Bellingham zu Hochform aufliefen, brauchte Dortmund – salopp gesagt – gar kein funktionierendes Offensivsystem. Ohne solche Ausnahmekünstler jedoch schon.

Der BVB nutzt die „Gittens-Räume“ zu wenig

In den vergangenen Wochen konnte Dortmund in puncto Spielaufbau und offensiver Spielgestaltung zuweilen überzeugen, aber die Torerfolge besorgte mehrfach Gittens mit Einzelaktionen. An den Toren waren seine Mitspieler nur marginal beteiligt, wenn überhaupt. Dadurch lastet Druck auf den Schultern von Gittens, welche nebenbei gesagt in den ersten Jahren beim BVB verletzungsanfällig wirkten. Mehrfach musste er aufgrund von Schulterblessuren aussetzen.

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Im Hier und Jetzt ist Gittens der offensive Fokusspieler. Ob das jedoch reicht, wenn der BVB wie am Mittwochabend auf ein europäisches Top-Team wie den FC Barcelona trifft, muss sich erst noch zeigen. Beim 2:5 gegen Real Madrid im Oktober hatten Gittens seinen Beitrag zu einer starken ersten Halbzeit geleistet, als der BVB nach den ersten 45 Minuten mit 2:0 in Führung lag. Im Anschluss brach ein passiv agierendes Dortmund auseinander.

Wenn der BVB tief steht und nur noch schwerlich hintenraus kommt, wie es auch in der zweiten Halbzeit gegen Bayern München vor elf Tagen der Fall war, kommt natürlich auch Gittens nicht mehr so zur Geltung. Läuft allerdings das Spiel nach vorn und Dortmund kontrolliert den Ball, dann ist der junge Engländer meist derjenige, der die gegnerische Defensivformation aufbrechen soll und kann. Nach Sancho, Bellingham und Haaland reift ein neuer Star in schwarz und gelb heran.