Neue Staffel "Black Mirror": Darum war Dystopie noch nie schöner

Einfallsreich, niederschmetternd und entlarvend: "Black Mirror" hält nach Technik süchtigen Zuschauern gerne den (schwarzen) Spiegel vor - ab 5. Juni mit drei brandneuen Folgen.

"Sklave der Technik!" - wer hat diesen fortschritts-pessimistischen Gedanken noch nicht gehegt, nachdem die Kollision mit einem Smartphone-Zombie gerade noch durch einen beherzten Ausfallschritt in den Rinnstein vermieden wurde? Charlie Brooker (48) jedenfalls muss sich das und Schlimmeres gedacht haben, als er seine dystopische Anthologie-Serie "Black Mirror" ersann. Sein Vorwurf: Zu oft sehen wir inzwischen auf die "schwarzen Spiegel" unserer Technik-Geräte, lassen uns von ihnen hypnotisieren, räumen ihnen und nicht etwa den Mitmenschen die wichtigste Rolle in unserem Alltag ein.

Wenn das aber jetzt schon so ist, wie soll das erst in der nahen bis etwas ferneren Zukunft sein? Diese Frage fasziniert nun schon seit vier "Black Mirror"-Staffeln mit insgesamt 18 regulären Episoden, einem Weihnachtsspecial und zuletzt sogar einem interaktiven Film namens "Bandersnatch". Ab 5. Juni stehen via Netflix drei brandneue Folgen der Serie bereit, in denen unter anderem "Avengers"-Star Anthony Mackie (40), Topher Grace (40) und Miley Cyrus (26) mitwirken. Doch warum zieht der düstere Blick in die Technik-Kristallkugel Fans wie Stars gleichermaßen an?

Abgeschlossene Geschichten

Zwar gab es auch schon Folgen, die sehr lose in Verbindung miteinander standen. Den großen Reiz von "Black Mirror" macht aber aus, dass jede Episode ein in sich abgeschlossenes Universum zeigt. Immer neue Ideen warten auf den Zuschauer, der sich über den Ausgang der Folge und das Schicksal der Hauptfiguren nie sicher sein darf. Gängige Konventionen klassischer Serien werden so umgangen und (meist) raffinierte Gedankenspiele nicht über ihren Zenit hinaus ausgereizt.

Stichwort "Erwartungen": Hier haben die Serienmacher rechtzeitig die Kurve bekommen. Denn während zunächst ausnahmslos jede Episode mit einem deprimierenden Ende aufwartete, wurden später mitunter selbst reinrassige Happy-Ends eingestreut. Das steigerte nicht nur die Abwechslung, sondern hatte auch den angenehmen Nebeneffekt, nicht mehr nach jeder Folge den Drang zu verspüren, sich in Fötushaltung unter die Dusche zu kauern.

Viel Starpower

Ein anderer angenehmer Effekt des Serien-Aufbaus ist, dass er zahlreiche Stars anzieht. Denn diese müssen hier nicht Jahre oder gar Jahrzehnte ihres Lebens einer Serie widmen. Bekanntestes Beispiel war zuletzt Andrew Lincoln (45), der für "The Walking Dead" letztendlich zu sehr auf seine Familie verzichten musste und am Ende recht glücklich über sein Ausscheiden wirkte.

Im Gegensatz hierzu bietet "Black Mirror" für viele gestandene Hollywood-Stars eine willkommene Abwechslung, die mit keinen Langzeitverpflichtungen einhergeht. Und so gafften für jeweils eine Folge schon Jon Hamm, Toby Kebbell, "Game of Thrones"-Star Jerome Flynn, Hayley Atwell, Mackenzie Davis oder "Star Wars"-Schurke Domhnall Gleeson in den "schwarzen Spiegel", um nur einige zu nennen.

Jeder kann sich identifizieren

Wer hat sich noch nicht dabei ertappt, Herzchen oder Likes in den Sozialen Netzwerken zu viel Bedeutung beizumessen? Oder sich darüber geärgert, dass ausgerechnet der Schwarm keinen Daumen nach oben auf der Pinnwand gelassen hat? Ja, selbst die anfangs übertrieben wirkende Folge "Die Waldo-Kandidatur", in der eine obszöne Cartoonfigur ins Amt gewählt wird, erscheint beim Blick über den großen Teich überhaupt nicht mehr absurd.

Die meisten Szenarien von "Black Mirror" sind im Hier und Jetzt verortet, spinnen aktuelle Entwicklungen aber clever und nachvollziehbar weiter. Wer nicht seit 50 Jahren als Einsiedler in einer Höhle oder in einem Amish-Dorf haust, kann sich demnach damit auch identifizieren - ob er nun will oder nicht.

Foto(s): Netflix/Stuart Hendry