Uwe Knop - Leben Veganer wirklich länger? Ernährungsprofi ordnet brisante Studie ein
Inmitten der Debatte um die ideale Ernährungsweise bringt eine aktuelle Studie frischen Wind in die Diskussion um pflanzliche Kost und Langlebigkeit. Ernährungswissenschaftler Uwe Knop nimmt die Ergebnisse unter die Lupe.
Eine neue Studie erfreut gerade die vegane Community: Pflanzliche Ernährung soll jung halten! Was ist dran?
Eine kleine, kurze Studie untersuchte die Auswirkung veganer und Mischkost-Ernährung über acht Wochen an 21 Zwillingspaaren. Dabei hatten die Forscher genetische DNA-Marker im Fokus, die mit der Lebenslänge in Verbindung gebracht werden. Das Ergebnis: Die Veganer hatten "bessere" Werte für Veränderungen am Erbgut und an den Telomeren, was als Hinweis für ein geringeres biologisches Alter interpretiert wurde.
Doch diese Werte sind in vielerlei Hinsicht nicht aussagekräftig: Denn die Studie ist zu kurz, hat zu wenig Probanden und zeigt nur beobachtete Veränderungen an Ersatzwerten (Surrogaten). und Korrelationen - sie reiht sich damit nahtlos in die Reihe der vielen schwachen Ernährungsstudien ein, die allesamt an den gleichen Limitierungen kranken.
Denn ob die Veränderungen kausal, also ursächlich auf die vegane Ernährung zurückzuführen sind, das ist unklar - aus dem einfachen Grund, weil die Teilnehmer mit veganer Kost auch weniger Kalorien zu sich nahmen und etwa zwei Kilogramm mehr an Gewicht verloren als ihre omnivoren (alles-essenden) Zwillingsgeschwister.
Der beobachtete Jungbrunneneffekt könnte demnach zum Beispiel also auch auf den Gewichtsverlust zurückzuführen sein und eben nicht auf die vegane Ernährungsweise. Und zu den Telomeren als Lebenslängenindikator gab es bereits 2016 ganz andere spannende Ergebnisse.
Was hat es mit den Telomeren auf sich?
Die Telomere sind so etwas wie Schutzkappen am Ende der Chromosomen (Erbgut). Sie werden als Indikator für die Lebenszeit der Zellen erachtet, sozusagen die Zündschnur des Lebens, die immer kürzer wird, bis die Zelle stirbt. Je länger diese Telomere, desto länger leben die Zellen. Daher wird diskutiert: Menschen mit langen Telomeren leben durchschnittlich länger als solche mit kurzen.
Wissenschaftler konnten 2016 in einer Studie zeigen: Rotfleischesser haben die längsten Telomere. Aber auch hier war wie immer klar zu konstatieren: Diese Publikation lieferte nur eine Korrelation, die ausschließlich zum ökotrophologischen Universalcredo beiträgt: "Nichts Genaues weiß man nicht." Und so enden sowohl die aktuelle Veganer- als auch die 2016er-Telomer-Studie unisono mit dem Lieblingssatz aller Ernährungsforscher: "Weitere Studien müssen durchgeführt werden, um diesen Zusammenhang noch näher zu untersuchen."
Welche Ernährungsform ist mit der längsten Lebenserwartung verbunden?
Auch dazu gibt es viele Studien und noch mehr Hypothesen. Aber die meisten Studien - wie sowohl das Flaggschiff der Ernährungsstudien, EPIC, als auch eine Analyse der University of Oxford - haben ergeben: Weder Vegetarier noch Veganer leben länger als Menschen, die auch Fisch und Fleisch essen. Sie leben alle insgesamt vergleichbar lang. Aber auch das ist nur eine Korrelation. Welche kausalen Einfluss die Ernährungsform auf die Lebenserwartung hat, weiß bis heute niemand.
Wie soll ich am besten essen, um gesund und lang zu leben?
Es gibt so viele Ernährungen, wie es Menschen gibt, denn jeder Mensch is(s)t anders. Ergo gilt: Die passende persönliche Essweise ist stets absolut individuell. Und dabei spielt das ehrliche, tiefe innere Urvertrauen in die evolutionsbiologische Weisheit seines eigenen Körpers die wichtigste Rolle. Auf dieser Gewissheit, dass unsere einzigartige individuelle kulinarische Körperintelligenz genau weiß, welche Nahrung, welche Nährstoffe wir wann in welchen Lebenslagen und Alltagssituationen brauchen, darauf basiert die beste, gesündeste und natürlichste Art menschlicher Ernährung: das intuitive Essen.