Werbung

Neuer Antrieb für Oldtimer

Marco Stromberg von der Maschinenbau-Firma Lorey hat einen Jaguar E-Type aus dem Baujahr 1972 mit einem Elektromotor ausgerüstet.
Marco Stromberg von der Maschinenbau-Firma Lorey hat einen Jaguar E-Type aus dem Baujahr 1972 mit einem Elektromotor ausgerüstet.

Der Oldtimer-Weltverband ist skeptisch. Mit E-Motor sind historische Fahrzeuge nicht mehr historisch. Befürworter verweisen auf die Alltagstauglichkeit und die Umweltfreundlichkeit. Ein Maschinenbauer in Offenbach rüstet seit mehr als zehn Jahren Oldtimer um.

Offenbach (dpa/lhe) - Die Elektromobilität spielt für das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung eine zentrale Rolle. Millionen Autos sollen in den kommenden Jahren ohne Benzin und Abgase auf Deutschlands Straßen rollen.

Doch wer denkt dabei an Oldtimer? Für die einen ist es Frevel am historischen Automobil, für andere eine logische Alternative zu den spritfressenden Verbrennungsmotoren früherer Jahre.

«Mit einem Elektromotor sind die Autos alltagstauglich und er ist wartungsfreundlich», sagt Marco Lorey. Der 40 Jahre alte Maschinenbauer bastelt seit 2007 E-Motoren in alte Autos und Oldtimer, also schon lange bevor Elektromobilität in der Autoindustrie Tagesthema wurde und zu einer Zeit, als die Fahrzeugbauer eher auf immer leistungsfähigere Verbrennungsmotoren setzten.

E-Motor statt Verbrenner

«Wir waren mit einer der Ersten», sagt Lorey über seine Werkstatt in Offenbach, in der er derzeit zusammen mit Vater Rainer und Mitarbeiter Moritz Gerber einen Porsche 912 und einen Chevrolet Baujahr 1925 umrüstet. Dabei werden die alten Verbrennungsmotoren ausgebaut, der E-Motor an das alte Getriebe geflanscht und Platz für die Batterien geschaffen ohne am äußeren Erscheinungsbild der historischen Karosse etwas zu verändern. Die Bauzeit liege zwischen 60 und 120 Stunden, die anschließende Reichweite gehe von 60 bis weit über 100 Kilometer. Die Kosten würden bei durchschnittlich 15 000 Euro liegen.

«Es gibt immer noch Leute, die nicht wissen, dass es diese Möglichkeit gibt», sagt Lorey. Umrüsten könne man vom kleinen Traktor bis zum 3,5 Tonner alles. Er baut in der mit Maschinen, Ersatzteilen, Batterien und Werkzeug vollgestellten Halle allerdings nur ältere Fahrzeuge bis maximal Baujahr 2002/2003 um. «Ab dann wird es mit der Bordelektronik problematisch.»

Umweltzonen und Fahrverbote

Der Trend gehe aber klar zum Oldtimer. Lorey selbst nimmt nur Auftragsarbeiten an. Auf Halde baut er nicht und ist bis April auch erst einmal ausgebucht. In die Karten gespielt hat ihm dabei offensichtlich auch die ganze Diskussion um Umweltzonen und Fahrverbote. «Es scheint damit zusammenzuhängen. Man hat an den Anfragen gemerkt, dass da ein Nachdenken da ist.» Bei den Umbauten helfen seine Kunden auch mit, wie sein Mitarbeiter Gerber, der früher selber Kunde war.

Lorey ist mit seinem Betrieb nicht der Einzige in Deutschland. Konkurrenzdenken gebe es allerdings nicht. «Der Markt ist noch friedlich», sagt der 40 Jährige. Vielmehr würden sich die Umrüster unter einander auch mal aushelfen bei kniffligen Fragen. Er selbst habe Anfragen für Umbauten aus ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich, Dänemark und sogar von den Kanarischen Inseln.

Wer seinen Oldtimer umrüstet auf einen E-Motor verliert sein H-Kennzeichen. Allerdings, so Lorey, kann er dann zehn Jahre steuerfrei fahren. Wie viele Oldtimer in Deutschland umgerüstet wurden, ist beim Kraftfahrt-Bundesamt statistisch nicht erfasst. Ob mit oder ohne H-Kennzeichen, am 1. Januar 2019 habe es bundesweit 536.515 Oldtimer gegeben. In Hessen waren es 44.513.

Neue Alltagstauglichkeit

Für Marco Stromberg war der Schritt nur konsequent. Er rollt mit einem Jaguar E-Type, Baujahr 1972, auf Loreys kleines Fabrikgelände. Statt des typischen Brummens eines Sechszylinders macht der Wagen keinen Mucks. «Ich bin überzeugter E-Mobilist», sagt der Projektentwickler für Erneuerbare Energien. «Viele Oldtimer stehen einfach nur rum. Mit dem E-Motor bekommen sie eine Alltagstauglichkeit.»

Eine Umrüstung, die beim deutschen ADAC und beim Oldtimer-Weltverband FIVA (Fédération Internationale des Véhicules Anciens) skeptisch gesehen wird. Als Organisation könne man den Austausch des Antriebs durch Elektrokomponenten nicht empfehlen, heißt es in einer Stellungnahme des Weltverbandes auf seiner Homepage. «Historische Fahrzeuge, deren Original-Verbrennungsmotor durch einen Elektromotor ersetzt wurde, gelten laut Definition der FIVA nicht mehr als historisch.» Das sieht auch der ADAC so: «Elektrifizierte Oldtimer sind keine historischen Fahrzeuge im Sinne der Fahrzeugzulassungsverordnung, deshalb wird ihnen das H-Kennzeichen aberkannt.»

Auflagen für Oldtimer

Oldtimer sind mindestens 30 Jahre alte Autos oder Motorräder. Im Paragrafen 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung heißt es: «Fahrzeuge, die vor mindestens 30 Jahren erstmals in Verkehr gekommen sind, weitestgehend dem Originalzustand entsprechen, in einem guten Erhaltungszustand sind und zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes dienen.» Dem Kraftfahrzeugbundesamt zufolge gab es Anfang 2019 mehr als eine halbe Million Oldtimer in Deutschland. Jüngere Fahrzeuge in einem Alter von mehr als 20 Jahren nennt man «Youngtimer».