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Neuer und ter Stegen: Das läuft in ihrer Kommunikation falsch

Kommunikation ist keine einfache Sache. Egal, was wir tun, sagen oder ausstrahlen: Es gibt immer die Möglichkeit, dass die Botschaft völlig anders ankommt, als sie gemeint war.

Bestes Beispiel im Auto: "Die Ampel ist grün", kommt es vom Beifahrersitz auf dem Weg zum Bahnhof. Der Fahrer kann nun wählen, ob er den Satz als reine Sachinformation annimmt und sich bedankt, ob er ihn als Vorwurf versteht, er sei zu langsam unterwegs, oder sich grundsätzlich als schlechter Autofahrer abgewertet fühlt. In vielen Fällen wählen Sender und Empfänger unterschiedliche Kommunikationsebenen, was dann zu Missverständnissen, Ärger und Fehlinterpretationen führen kann.

So wie auch im Fall von Marc-André ter Stegen. Der deutsche Torwart in Diensten des FC Barcelona sagte vor sechs Tagen: "Aktuell spielt Neuer, er macht das gut, aber natürlich warte ich auf meine Chance und will als Nummer eins im Tor stehen. Die Länderspielreise war ein harter Schlag für mich. Ich werde aber weiterhin kämpfen." Ein Sender, doch welche Botschaft?

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Je nachdem auf welcher Ebene man sich mich bewegt, kann man die Sätze unterschiedlich interpretieren. Hört man vor allem auf dem Ohr, das die Selbstoffenbarung des Torwarts ins Zentrum rückt, dann nimmt man einen enttäuschten und angeschlagenen Sportler wahr.

Das Problem: Manuel Neuer verstand die Sätze seines Konkurrenten vor allem als Beziehungshinweis. Die Botschaft, die er verstand, war, dass ter Stegen sich als gleichberechtigter Konkurrent sieht und die Rollenverteilung nicht als in Stein gemeißelt ansieht. Dies kränkte ihn.

Die oberen Herren seines Klubs, Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, interpretierten die Sätze gar als Angriff auf Neuer, als Aufforderung an den Bundestrainer, die Machtverhältnisse umzukehren.

Mounir Zitouni - Autor dieses Textes - arbeitet als Business-Coach für Veränderung, Entwicklung und Persönlichkeit (www.mounir-zitouni.de). Als Ex-Profifußballer (unter anderem Kickers Offenbach und Eintracht Frankfurt) und ehemaliger Sportjournalist (kicker Sportmagazin) weiß er genau um die Anforderungen und den Druck in einem spannungsgeladenen und leistungsausgerichteten Umfeld.

Betrachtet man dies durch eine solche Brille, sind die heftigen Worte des Bayern-Präsidenten sogar nachvollziehbar. Er hat die Aussagen als einen Appell verstanden. Das kann passieren, man muss ihm dabei also noch nicht einmal böse Absicht unterstellen.

Natürlich - es wäre schön gewesen, wenn Neuer, Hoeneß und Co. die Selbstoffenbarung ter Stegens registriert hätten. Eine Reaktion hätte sich dann so angehört: "Ich kann die Enttäuschung ter Stegens gut nachvollziehen, denn es ist nicht einfach für einen Spitzentorwart dauerhaft die Rolle der Nummer zwei einzunehmen." Ein Satz, der alle Wogen geglättet hätte.

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Doch manchmal ist man in seinem eigenen Film. So wie der Autofahrer, der seinen Beifahrer anherrscht: "Du musst mir nicht sagen, wie ich Auto fahren muss. Immer meckerst du." Wie geht man aber nun vernünftig in einem solchen Fall vor? Um Kommunikationsfallen zu überwinden, muss man die Kommunikation verstärken. Erwachsen und vernünftig ist es, sich durch Nachfragen rückzuversichern, wie der Sender das Gesagte gemeint hat. Ein unmittelbares Gespräch zwischen Neuer und ter Stegen hätte also direkt zur Klärung der Frage beigetragen: "Wie hast du das gemeint?" Im Austausch hätten die beiden Torhüter dafür sorgen können, sich auf eine gemeinsame Kommunikationsebene zu hieven.

Dies muss nun wohl der Bundestrainer initiieren. Man kann davon ausgehen, dass sich in einem Gespräch zwischen den beiden aller Ärger relativ schnell auflösen wird. In dem Konflikt steckt sogar eine Chance. Neuer verfügt an sich über die notwendige Empathie, um für die Gefühlssituation des Vertreters Verständnis zu haben. Und ter Stegen hat in seinem Interview nie die Wahl des Bundestrainers infrage gestellt.

Wenn beide in diesem Sinne aufeinander zugehen und sich austauschen, werden Neuer und ter Stegen gestärkt aus dieser Auseinandersetzung gehen können. Denn ein echtes, wertschätzendes Gespräch darüber, wie man zueinander steht, führt in den meisten Fällen zu einer persönlichen Weiterentwicklung, zu einem Mehr an Miteinander statt Gegeneinander.