Neuer wieder verletzt: Das Dilemma um einen linken Fuß

Der FC Bayern München muss erneut mehrere Monate auf seine Nummer eins verzichten. Die dritte schwere Verletzung innerhalb eines halben Jahres an immer der gleichen Stelle wirft die Frage auf: Ist sogar Neuers Karriere in Gefahr?

Manuel Neuer fällt erneut mehrere Monate aus
Manuel Neuer fällt erneut mehrere Monate aus

Sergio Ramos ist ein Social-Media-Freak. Der Kapitän von Real Madrid teilt seinen Fans und Followern gerne seine Gedanken mit begegnet dabei der Welt des Fußballs mit jeder Menge Respekt. Nach dem Bombenanschlag auf den Dortmunder Mannschaftsbus twitterte er: “Hoy @MarcBatra y @BVB y nada mas!” “Heute zählt nur Marc Bartra und der BVB!”

Ramos ist stets up to date, den neuesten Beweis lieferte er am Dienstagmittag. Die Bestätigung des FC Bayern München vom neuerlichen Ausfall Manuel Neuers war gerade draußen, da erschien auf Ramos’ Twitteraccount folgende Nachricht: “Los grandes, siempre en el césped. Recupérate pronto, @Manuel_Neuer” “Wir wollen die besten Spieler immer auf dem Platz sehen. Werd’ schnell wieder gesund, @Manuel_Neuer.”

Eine tolle Geste von Ramos und in der wohl schwierigsten Phase seiner Karriere zumindest ein kleiner Trost für die Nummer eins des FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft.

Party auf Krücken

Vier Monate war Neuer nach seinem im Champions-League-Viertelfinale gegen Real Madrid erlittenen Mittelfußbruch im April zum Zuschauen verurteilt. Er feierte die deutsche Meisterschaft auf Krücken tanzend in seinem Haus am Tegernsee und musste das volle Programm über sich ergehen lassen: Operation, Gips, Kraftraum, Reha, Lauftraining, Mannschaftstraining. Sein Comeback gab er Ende August beim 2:0-Sieg in Bremen.

Seitdem hat er viermal 90 Minuten schmerzfrei gespielt. Ausgerechnet vor dem Auftritt bei seinem Heimatklub Schalke 04 hat es Neuer im Training wieder erwischt. Erneut ein Haarriss im linken Mittelfuß. Erneut war eine Operation unumgänglich und erneut wird Neuer mehrere Monate ausfallen.

Karl-Heinz Rummenigge bestätigte via Presseerklärung den voraussichtlichen Comeback-Termin im Januar 2018. Neuer muss wieder von vorne anfangen und der FC Bayern abermals für lange Zeit auf seine Nummer eins und den Kapitän dieser Mannschaft verzichten.

Ulreich kein adäquater Ersatz

Rein sportlich ist das natürlich eine immense Schwächung. Neuers Qualitäten sind unumstritten; der 31-Jährige gehört seit vielen Jahren zu den besten Torhütern der Welt. Seinen Part übernehmen wird nun erneut Sven Ulreich. Das Eigengewächs vom VfB Stuttgart ist ein solider Bundesligatorwart, der den Bayern im August mit zwei gehaltenen Elfmetern gegen Borussia Dortmund den Supercup sicherte.

Aber Ulreich haftet auch der Ruf an, immer wieder mal auch daneben zu langen und Tore zu verschulden. Für die nationalen Wettbewerbe reicht seine Qualität. Er muss aber vor allem in den anstehenden Champions-League-Spielen gegen Paris Saint-Germain liefern.

Mit Christian Früchtl rückt ein 17-Jähriger zur Nummer zwei auf. Früchtl spielt seit 2014 bei Bayern und stieg vor der Saison von der A-Jugend zu den Profis auf. Er ist zudem Stammkeeper der deutschen U 17-Nationalmannschaft. Früchtl hat zweifelsfrei Talent, doch die Versuche des FC Bayern, Eigengewächse zur Nummer eins der Profis zu formen, scheiterten in der jüngeren Vergangenheit gleich zweimal. Michael Rensing und Thomas Kraft waren schlicht und ergreifend nicht gut genug, um den Ansprüchen des FC Bayern gerecht zu werden.

Neuers Karriere gefährdet?

Die Torhüterposition sollte eigentlich bis mindestens 2021 geregelt sein, solange läuft Neuers Vertrag. Das Aufbrechen der alten Verletzung der Nummer eins liefert aber Anlass zum Umdenken. Mit 31 ist Neuer zwar im besten Torhüteralter, sein lädierter linker Fuß bereitet den Bayern aber schon länger Kopfzerbrechen.

Im März wurde ein erster kleiner Haarriss mit einer Schraube fixiert, zwei Wochen später passierte das Malheur in Madrid. Neuer drängte Ende August auf sein Comeback, obwohl er sich nach dem Bremen-Spiel infolge der Länderspielpause zwei Wochen lang auf das nächste Bundesligaspiel hätte vorbereiten können. Seine Ungeduld zwingt ihn nun zu einer erneuten Zwangspause.

Rummenigge erklärte, dass Neuer im Januar “in alter Stärke wieder zur Verfügung stehen” wird. Das ist dem Spieler und dem Klub nur zu wünschen. Doch die dritte schwere Verletzung an immer der gleichen Stelle innerhalb von sechs Monaten wirft Fragen und Zweifel auf, die es auch an der Säbener Straße gibt. Kostet die neuerliche Verletzung Neuer möglicherweise sogar die Karriere? Ganz abwegig ist dieses Worst-Case-Szenario nicht.

Es wäre nicht verwunderlich, wenn die Klubchefs alsbald die Köpfe zusammenstecken und über mögliche langfristige Alternativen zu Manuel Neuer als Nummer eins beim FC Bayern diskutieren werden.