Neues Auto mit alten Talenten: So fährt sich der BMW X3

Berlin (dpa/tmn) - BMW zäumt das wichtigste Pferd im Stall neu auf und bringt in diesem Herbst zu Preisen ab 57.900 Euro den nächsten X3 an den Start. Weil der Geländewagen das bislang weltweit das meistverkaufte Auto der Bayern war, verkneifen sie sich dabei jedes Risiko. Deshalb zählt er auch noch nicht zur viel beschworenen «Neuen Klasse» mit neuem Antriebsbaukasten und Betriebssystem und fährt auch nicht rein elektrisch.

Das bleibt einem SUV ähnlichen Formats vorbehalten, mit dem nächstes Jahr der große Aufbruch beginnen soll. Stattdessen ist der Konkurrent von Autos wie Audi Q5 und Mercedes GLC die konservative Fortschreibung einer Erfolgsgeschichte und setzt deshalb auf seine alten Talente.

Dezentes Design

Das beginnt bei einem für aktuelle BMW-Modelle fast schon dezentem Design, das auf Proportionen setzt statt auf Provokationen. Nicht umsonst ist das Auto ein paar Zentimeter breiter und flacher und deshalb etwas knackiger geworden. Und wo früher vor allem Chrom glänzte, glimmen jetzt die LED-Leisten – zum Beispiel um die fast schon verhältnismäßig gewöhnlich anmutende Niere. Einzig die riesigen Luftauslässe darunter zeugen noch vom Übermut, dem die BMW-Designer zuletzt zuweilen erlegen sind.

Mehr Platz in der neuen Hütte

Weil sich die vierte Generation des Bestsellers zudem auf eine Länge von 4,76 Metern streckt und der Radstand bei soliden 2,87 Metern liegt, bietet er das bessere Packet: So taugt er auch dann noch als Familienkutsche, wenn der Nachwuchs schon aufs Abi zusteuert. Und der Kofferraum hinter der nun immer elektrischen Klappe fasst mit 570 bis 1.700 Litern eine Reisetasche mehr als bisher.

Ein BMW von altem Schrot und Korn

Vor allem aber fährt der neue X3 wie ein typischer BMW: Er ist direkt und stramm abgestimmt, folgt scharf und präzise jeder kleinen Bewegung am griffigen Lenkrad und bietet damit jenen Fahrspaß, der so vielen klassischen Familienautos fehlt. Die Drei im Typenkürzel trägt er zu Recht: Wo man sich dort selbst am Lenkrad oft wie ein Passagier fühlt, bleibt man sich hier im Zentrum des Geschehens.

Mehr oder minder elektrifiziert - aber nicht mehr voll elektrisch

Treibende Kraft sind anfangs je ein Vierzylinder-Benziner und -Diesel. Diese verfügen über 153 kW/208 PS oder 145 kW/197 PS und werden beide mit 48-Volt-Technik zum Mildhybriden und sollen entsprechend weniger verbrauchen. Außerdem hat BMW einem Sechszylinder-Benziner mit 293 kW/398 PS für den X3 M50 im Angebot und für 2025 einen neuen Sechszylinder-Diesel geplant.

Schon der Basisbenziner beschleunigt dabei mit bis zu 330 Nm in 7,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und erreicht maximal 215 km/h. Für die stärkeren Varianten sind 250 Sachen gesetzt. Während es mit Blick auf die «Neue Klasse» keinen rein elektrischen iX3 mehr geben wird, füllt ein Plug-in-Hybrid mit spürbar vergrößertem Akku die Lücke: Er hat eine Systemleistung von 220 kW/299 PS und schafft bis zu 90 Kilometer elektrische Reichweite.

Neue Zeiten bei Material und Bedienung

Zwar setzt BMW noch einmal auf die alten Tugenden, leistet sich aber trotzdem einen kleinen Vorgriff auf die «Neue Klasse» - die Materialauswahl soll deshalb besonders nachhaltig sein, auch wenn das bisweilen arg billig aussieht und viel Finesse vermissen lässt.

Und das Bedienkonzept weist vorsichtig in die Zukunft. Das leicht gebogene Doppel-Display kennt man aus anderen Modellen, das Lenkrad hat noch immer Schalter und es gibt auf dem Mitteltunnel sogar noch eine Wippe fürs Getriebe.

Aber bei der Lüftung spielen die Bayern mit Sensorleisten unter der Mittelkonsole und an knubbeligen Bedieninseln in den Türen. Das sieht zwar neu aus, hat aber wenig Klasse. Es wirkt billig und erfordert mehr Aufmerksamkeit bei der Benutzung als die alten Schieber und Einstellrädchen.

Und für die Lichtleisten um die Türen und um die Ablage zwischen den Sitzen würden sich wohl selbst die schrillsten Chinesen schämen, weil sie viel zu bunt und billig wirken für den vermeintlichen Premium-Anspruch, den BMW immer predigt.

Da wirkt der X3 ein wenig so, als würde sich der Abteilungsleiter im Finanzamt am Kleiderschrank seines pubertierenden Sohnes bedienen.

Fazit: Er hat weiterhin das Zeug zum Bestseller

Sonst allerdings gibt es wenig auszusetzen am neuen X3. Zumindest, wenn man mit beiden Beinen fest im Hier und Heute steht. Er hat ein passendes Format und endlich mal wieder eine halbwegs gelungene Form, hat effiziente Motoren und macht trotzdem jede Menge Spaß. Obendrein macht einem die Elektronik das Leben leicht: Kaum eine Sprachsteuerung ist derzeit besser. Und abgesehen von der verspielten Klimaregelung ist keine Bedienung eingängiger, und zum autonomen Fahren fehlt bei all der Unterstützung nicht mehr viel.

Solange sich die elektrische Euphorie nicht wieder merklich anheizt, spricht vieles dafür, dass auch der neue X3 wieder zum meistverkauften BMW wird. Im Wettbewerbsumfeld allerdings taugt er nicht zum Selbstläufer. Ja, der Mercedes GLC wirkt dagegen nun noch ein bisschen älter, als er mittlerweile ohnehin ist. Aber der Audi Q5 geht nahezu zeitgleich in die nächste Generation und nimmt das Rennen damit wieder auf.

Datenblatt: BMW X3 20 xDrive

Motor und Antrieb:

Vierzylinder-Benziner + E-Motor

Hubraum:

1.998 ccm

Max. Leistung (gesamt):

153 kW/208 PS

Max. Drehmoment (gesamt):

330 Nm

Antrieb:

Allradantrieb

Getriebe:

Achtgang-Automatik

Maße und Gewichte

Länge:

4.755 mm

Breite:

1.920 mm

Höhe:

1.660 mm

Radstand:

2.865 mm

Leergewicht:

1.855 kg

Zuladung:

645 kg

Kofferraumvolumen:

570-1.700 Liter

Fahrdaten:

Höchstgeschwindigkeit:

215 km/h

Beschleunigung 0-100 km/h:

7,8 s

Durchschnittsverbrauch:

6,9 Liter/100 km

Reichweite:

940 km

CO2-Emission:

156 g/km

Kraftstoff:

Super

Schadstoffklasse:

Eu6

Energieeffizienzklasse:

F

Kosten:

Basispreis des BMW X3 20 xDrive:

57.600 Euro

Typklassen:

k.A.

Kfz-Steuer:

162 Euro/Jahr

Wichtige Serienausstattung:

Sicherheit:

Neun Airbags, Abstandsregelung, Spurführungshilfe

Komfort:

Digitalcockpit mit Spracherkennung, elektrische Heckklappe, Smartphone als Zündschlüssel

Spritspartechnik:

48-Volt-Mild-Hybrid-System