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Wie Bischoffs WWE-Comeback im Desaster endete

Nicht mal vier Monate nach dem Aufsehen erregenden WWE-Schachzug, die ehemaligen Chefs der früheren Konkurrenzligen WCW und ECW in hochrangigen Jobs einzubinden, ist einer von ihnen diesen schon wieder los.

Eric Bischoff, als Boss von World Championship Wrestling einst großer Rivale von WWE-Boss Vince McMahon, ist zu Beginn der Woche von seinem Posten als hinter den Kulissen tätiger Exekutivdirektor der Show Friday Night SmackDown entlassen worden.

Das spektakuläre Comeback entpuppte sich als großes Missverständnis, dieses Bild zeichnen diverse Hintergrundberichte von mit WWE vernetzten US-Medien übereinstimmend.

Und im Grunde war es ein Missverständnis mit Ansage.

Sündenbock für Quotensturz bei SmackDown?

In einer Pressemitteilung hatte WWE am Dienstag verkündet, dass Bruce Prichard - langjährige rechte Hand McMahons im kreativen Bereich - den bisher von Bischoff besetzten Posten bekommt. Dass dieser Schritt Bischoffs Aus bedeutete, bestätigte die Liga erst auf Nachfrage von US-Medien, ohne weiteren Kommentar.

Wie der Pro Wrestling Insider meldet, wurde Bischoff am Dienstagmorgen informiert, Sports Illustrated zufolge fiel die interne Entscheidung am Tag zuvor, unter dem Eindruck der stark gesunkenen Einschaltquote der zweiten SmackDown-Episode auf dem neuen US-Heimatsender Fox.

Die mit einem Gastauftritt von Dwayne "The Rock" Johnson und vielen weiteren Ankündigungen bekannter Ex-Stars garnierte Premierenshow zog 3,9 Millionen Zuschauer an, die zweite nur noch 2,9 Millionen, obwohl sie durch den Start des WWE Draft in Las Vegas auch keine normale war. Zwar war zu erwarten, dass das Debüt-Rating nicht zu halten war, das Ausmaß des schnellen Absturzes hat aber anscheinend doch geschmerzt.

Sports Illustrated deutet Bischoffs Entlassung vor diesem Hintergründ als Sündenbock-Aktion und Signal nach außen - wobei alles, was zu Bischoffs viermonatigem Intermezzo nach außen dringt, darauf hindeutet, dass sich die Unzufriedenheit mit Bischoff länger aufgestaut hat und er als Sündenbock deshalb ein sehr willkommener war.

WWE holt Paul Heyman und Eric Bischoff im Juni zurück

Bischoff war im Juni eingestellt worden und bekam die neu geschaffene Stelle als direkter Zuarbeiter von McMahon, Bischoffs einstiger Intimfeind Paul Heyman bekam den selben Job bei der Montagsshow Monday Night RAW.

WWE hatte die beiden alten Bekannten Ende Juni 2019 aus dem Hut gezaubert, unter dem Eindruck sinkender TV-Quoten in den USA wenige Monate vor Inkrafttreten der neuen, milliardenschweren TV-Verträge für RAW und SmackDown - und auch unter dem Eindruck der ersten Erfolgserlebnisse für die neue Liga All Elite Wrestling (AEW). WWE hat in diesem Jahr viele bekannten Stars von einst wie den Undertaker, Bill Goldberg und Kurt Angle mit neuen Verträgen ausgestattet, um sie vom Markt zu nehmen.

Die Rückholaktion von Bischoff und Heyman war schlagzeilenträchtig und sorgte auch für steigende Kurse bei der börsennotierten Showfight-Firma. Bei Branchenkennern allerdings war die Verwunderung über Bischoffs Verpflichtung groß.

Während Heyman sich auch nach seiner Zeit bei ECW als kreativer Kopf profiliert hatte, war Bischoff zwar für den großen Aufstieg von WCW verantwortlich, unter ihm begann aber auch der Verfall, der 2001 im Aufkauf durch WWE geendet war. Danach hatte er im Wrestling kein erfolgreiches Projekt mehr vorzuweisen. Seine Zeit mit Weggefährte Hulk Hogan bei der kleineren Liga TNA (heute Impact) zwischen 2010 und 2014 blieb als Fehlschlag in Erinnerung.

"Eric hatte absolut keine Vision"

Angeblich soll Bischoff schon damals nicht sehr vertraut mit den veränderten Gegebenheiten des Wrestling-Geschäfts gewirkt haben, dieser Eindruck hat sich bei WWE offenbar bestätigt.

Recht bald nach seiner Einstellung wurde publik, dass der 64-Jährige entgegen erster Erwartungen keine Kreativmacht bei SmackDown bekam und nur organisatorisch wirken sollte. Auch das hat sich aber anscheinend nicht im Sinne von WWE entwickelt. Der Wrestling Observer berichtete schon unter der Woche, dass WWE-Mitarbeiter, die mit der Situation vertraut seien, "nicht überrascht" über die Trennung wären.

"Eric hatte absolut keine Vision", zitiert der Observer nun einen anonymen WWE-Offiziellen: "Und in dem Moment, in dem es zu Fox ging, fiel alles durch die Maschen. Er hat mit Fox mehrfach Mist gebaut. Außerdem hatte er nicht die Energie für die Härten des Jobs." Sports Illustrated ergänzt, dass Bischoff es nach allgemeiner Einschätzung "nicht geschafft hat, sich an die Unternehmensstruktur anzupassen".

Bruce Prichard übernimmt

Bischoff war bereits zwischen 2002 und 2005 bei WWE aktiv, allerdings nur als Darsteller der Rolle des General Manager von RAW - was damals mit einer inszenierten Entlassung durch McMahon geendet war, der Bischoff am Schluss eines Comedy-Schauprozess in einen Mülltransporter geworfen hatte.

Nachfolger Prichard war ironischerweise schon zu Jahresbeginn wieder eingestellt worden und sollte einen wichtigen Job im Kreativteam bekommen, der sich dann aber erstmal als nicht ganz so wichtig materialisiert hatte.

Prichard - Fans der früheren WWF durch seine Auftritte als schmieriger Fernsehprediger Brother Love bekannt - war schon bis 2008 hinter den WWE-Kulissen in der Verantwortung und arbeitete damals eng mit McMahon zusammen. Danach blieb er unter anderem als Podcaster in der Szene präsent.

Wie der Observer berichtet, soll Prichard nun zusammen mit SmackDown-Chefautor Ed Koskey die Federführung bei der Show übernehmen.

Eric Bischoff nun zu AEW? Fraglich

Prichard gilt als Getreuer McMahons und auch eher von den vergangenen Zeiten geprägt (ein Vorwurf, den sich auch McMahon selbst immer häufiger anhören muss), ironischerweise soll er sich auch für Bischoffs Verpflichtung stark gemacht haben.

Bischoff und Prichard sind befreundet, was auch erklärt, dass Bischoffs erste Worte nach seiner Entlassung eine Würdigung seines Nachfolger sind. "Bruce ist ein toller Producer, guter Freund und ich bin sicher, er wird auf seiner Position aufblühen. Er wird mit einem tollen Team sehr engagierter und hart arbeitender Leute arbeiten. Es war eine Freude sie kennen zu lernen und mit ihnen zu arbeiten."

Bischoff hat, anders als entlassene Wrestler, nicht die übliche 90-tägige Nichtantrittsklausel nach seiner Entlassung. Er könnte also sofort einen Job bei einer anderen Liga übernehmen. Ob AEW aber wirklich Interesse an ihm hat: mehr als fraglich.

Die neue Liga des 37 Jahre alten Milliardärssohns Tony Khan hat eine sehr junge Führungsriege und setzt zwar auch zum Teil auf ältere Stars, trotzdem sieht alles danach aus, als ob ihre Vorstellung, wie eine zeitgemäße Wrestling-Show heute auszusehen hat, eine völlig andere ist als die von Bischoff.