"Neutralität ist oberstes Gebot": So blickt Ex-Sprecher Jo Brauner heute auf die "tagesschau"

Der Ex-Nachrichtensprecher Jo Brauner feierte seinen 85. Geburtstag und blickt auf seine langjährige Karriere bei der "tagesschau" zurück. Auch beim Mauerfall war er im Einsatz. (Bild: NDR)
Der Ex-Nachrichtensprecher Jo Brauner feierte seinen 85. Geburtstag und blickt auf seine langjährige Karriere bei der "tagesschau" zurück. Auch beim Mauerfall war er im Einsatz. (Bild: NDR)

Das "tagesschau"-Urgestein Jo Brauner blickt auf drei Jahrzehnte beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen zurück und hat nach wie vor ganz klare Vorstellungen davon, wie man als Nachrichtensprecher aufzutreten hat. Was hinter dem "Ehrenkodex" der Sendung steckte, verriet er nun in einem Interview.

Bevor er 2004 in den Ruhestand ging, moderierte Jo Brauner drei Jahrzehnte lang die "tagesschau". Die Nachrichten-Ikone feierte am Dienstag seinen 85. Geburtstag und blickt im "t-online"-Interview anlässlich der Feierlichkeiten auf die Karriere im Ersten zurück. Es war eine Zeit geprägt von Höhen und Tiefen, die ihn auch als Ex-Nachrichtensprecher nicht loslassen. "Man sprach mit Kollegen oder Familie über die Ereignisse. Das hat geholfen, Belastungen von sich abzustreifen", so Brauner.

Besonders in Zeiten wie diesen, geprägt von Krieg und Krisen, erinnere er sich an eine prägende Devise zurück: "Neutralität zu bewahren, ist das oberste Gebot", betont der 85-Jährige. Man müsse die Bewertung der Nachrichten den Zuschauerinnen und Zuschauern überlassen. Schließlich könne man durch ein markantes Lächeln oder das Hochziehen einer Augenbraue das Publikum beeinflussen. "Mir ist das in 30 Jahren ganz gut gelungen, möchte ich behaupten", so Brauner augenzwinkernd.

Sein langjähriges Erfolgsrezept: eine gewisse Distanz und damit ein professionelles Auftreten bewahren zu können. "Sobald ich das Studio betreten habe, schloss ich - metaphorisch ausgedrückt - eine Tür hinter mir", erinnert sich der TV-Profi. Auch abseits der Sendezeiten galt es laut Brauner, das Image der seriösen Sendung zu schützen. Es habe zwar keine direkten Verbote vom Sender gegeben, verrät er gegenüber "t-online", aber "man muss sich schon so verhalten, dass die "tagesschau" als ehrwürdige Sendung keinen Schaden nimmt".

Die Familie sei für den Ex-Nachrichtensprecher Jo Brauner immer eine Art Ventil gewesen, um mit Belastungen umgehen zu können. Gemeinsam mit seiner Frau Ann Brauner feierte er nun den 85. Geburtstag. (Bild: 2015 Getty Images/Oliver Hardt)
Die Familie sei für den Ex-Nachrichtensprecher Jo Brauner immer eine Art Ventil gewesen, um mit Belastungen umgehen zu können. Gemeinsam mit seiner Frau Ann Brauner feierte er nun den 85. Geburtstag. (Bild: 2015 Getty Images/Oliver Hardt)

Brauner: Das Publikum schätzt die Konstanz

Dass sich das Format als älteste Sendung im deutschen Fernsehen über die Jahre hielt, führt Brauner auf einen bestimmten Grund zurück: "Ein Erfolg ist, dass man Änderungen - selbst minimale - über die Jahre nicht mitgemacht hat. Die 'tagesschau' hat diese immer nur in kleinen Schritten ausgeführt." Schließlich würden die Zuschauerinnen und Zuschauer eine gewisse Konstanz sehr schätzen, betont der Ex-Nachrichtensprecher.

Dass die Sprecher der Nachtausgabe seit Oktober selbst entscheiden dürfen, ob sie mit Krawatte oder ohne vor die Kamera treten, betrachtet Brauner als eine Art "Versuchslabor" für eine neue Regelung. Er plädiere jedoch immer für den Schlips, da man einfach "seinen Truthahnhals besser verstecken kann". Seinen Humor hat der 85-Jährige offenbar nicht verloren.

Auf eine Konstante scheint er nach wie vor besonders stolz zu sein: Intern habe es immer eine Art "Ehrenkodex" unter Kollegen bezüglich deren Privatleben gegeben: "Details werden gehütet und nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben".