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Nichts gelernt: Donald Trumps Corona-Fehler

Donald Trump ist nach seiner Corona-Infektion ins Weiße Haus zurückgekehrt und inszeniert sich nun als starker Sieger über das Virus. Dabei ist seine lange Fehlerkette unübersehbar.

Demonstrativ nimmt Donald Trump seine Maske ab, nachdem er gerade aus dem Walter-Reed-Krankenhaus wieder im Weißen Haus angekommen ist. (Bild: Win McNamee/Getty Images)
Demonstrativ nimmt Donald Trump seine Maske ab, nachdem er gerade aus dem Walter-Reed-Krankenhaus wieder im Weißen Haus angekommen ist. (Bild: Win McNamee/Getty Images)

Per Helikopter wurde US-Präsident Trump ins Weiße Haus zurückgeflogen, kaum angekommen, nahm er die Schutzmaske öffentlichkeitswirksam vom Gesicht. Neben dieser Inszenierung seiner Rückkehr nutzte er gleich die Chance, sich vier Wochen vor der Präsidentschaftswahl an die US-Wähler zu wenden. Doch wer nun erwartet hatte, Trump würde sich als geläuterter Mann zeigen, der die enorme Bedrohung durch Covid-19 ernst nimmt und einen politischen Kurswechsel einläutet, der wurde enttäuscht. Denn in typischer Trump-Manier drehte der 74-Jährige seine Erkrankung nach eigenem Belieben zu einer Botschaft über seine Führungsqualitäten.

In einem anderthalbminütigen Video wandte er sich auf Twitter an die US-Amerikaner. Der Präsident beteuerte, er habe sehr viel über das Coronavirus gelernt. Doch seine Schlüsse klangen nicht nur für Mediziner und Experten verwunderlich: “Lasst Euch nicht vom Virus dominieren. Habt keine Angst davor, Ihr werdet es besiegen.” Als der Anführer des Landes habe er sich dem Risiko bewusst in der ersten Reihe aussetzen müssen, behauptet Trump: “Jetzt geht es mir besser, vielleicht bin ich sogar immun, wer weiß?”

Nun behauptet Trump, Corona “verstanden” zu haben. Doch sein bisheriges Verhalten bezeugt eher das Gegenteil. Dass Donald Trump die Gefahr durch Corona bewusst und aus politischem Kalkül verharmlost, ist nicht neu. Er selbst hat das im Gespräch mit dem Journalisten Bob Woodward zugegeben, der ihn in seinem kürzlich erschienenen Buch “Rage” zitierte: “Ich wollte das immer herunterspielen. Ich spiele es immer noch herunter, weil ich keine Panik erzeugen will.” Dahinter steht die Absicht, das Bild eines starken Anführers zu vermitteln, der zu jedem Zeitpunkt die Kontrolle behält.

Die lange Fehlerkette der Trump-Regierung

Anders lassen sich kaum die zahlreichen Missinformationen erklären, die Trump in den vergangenen Monaten über das Coronavirus verbreitet hatte. Von Trumps Retweet einer Behauptung, dass alles über das Coronavirus gelogen sei, bis hin zu seiner aktuellen Botschaft nach der Genesung ist sein fehlerhafter Umgang mit der Pandemie so haarsträubend, wie gut dokumentiert.

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Corona würde sich von selbst erledigen, sobald es warm würde, sagte er zu Beginn der Pandemie im Februar. “Wie ein Wunder wird es verschwinden,” sagte Trump entgegen aller Experten-Meinungen. Er warnte auch davor, dass die Suizidzahlen die der Corona-Toten bei weitem übersteigen würden, sollte man die Wirtschaft schließen. Masken hielt er lange für gänzlich unnötig und zeigte sich selbst äußerst selten mit einem Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit. Kinder seien dazu “so gut wie immun” gegen Covid-19, sagte Trump und wollte die Schulen zur vorzeitigen Wiederöffnung zwingen. Schon im März hatte Trump gesagt, er sei sich sicher, dass ein Impfstoff “sehr bald” existieren würde. Sieben Monate später ist noch immer keine getestete Impfung in Aussicht.

Ungefiltertes Halbwissen

Ungefiltert nutzte der mächtigste Mann der USA seine Plattform, um Halbwissen oder Gerüchte weiterzuverbreiten. Man könne das Virus mit starkem Licht behandeln. Oder sich Desinfektionsmittel spritzen. Vielleicht sogar Bleichmittel trinken. Auch wenn er danach zurückrudern musste und sein Team angab, er habe lediglich sarkastisch sein wollen, war der Schaden angerichtet und um Heilungsmethoden bemühte Medizinexperten, wie sein eigener Chef-Virologe Anthony Fauci, in ihrer Autorität untergraben. Frühzeitig behauptete Trump, das Malaria-Mittel Hydroxychloroquin heile das Virus und sei von der Gesundheitsbehörde FDA freigegeben worden. Diese musste dann sofort ein Dementi veröffentlichen, da das Medikament lediglich getestet wurde und die Auswirkungen längst nicht erforscht waren.

Immer wieder sagte er in Pressekonferenzen oder auf Wahlkampfveranstaltungen, dass die Infektionszahlen sinkend seien, auch wenn die Statistik das Gegenteil belegte. Im Juni sagte Trump, das Virus sei dabei, langsam zu verschwinden, dabei registrierten die Behörden zu dem Zeitpunkt 20.000 neue Fälle am Tag. Doch Trump wollte seine Wahlkampfveranstaltung in Tulsa unbedingt mit großem Publikum stattfinden lassen. Diese war dann mutmaßlicher Auslöser einer Infektionswelle in Oklahoma. Dennoch veranstaltete Trump weitere Wahlkampf-Events, oft ohne Maskenpflicht und Abstandsregeln.

Die Schuld der anderen

Ohnehin sucht er die Schuld in der Corona-Krise gerne bei anderen. Immer wieder betitelte er die Corona-Pandemie als “China-Virus” oder “Kung-Flu”. Im Südwesten der USA sollten laut Trump die Mexikaner die Schuld an den steigenden Zahlen tragen. Für die zeitweise Überforderung des Gesundheitssystem sei die Obama-Regierung verantwortlich. Von dieser habe Trump ein “zerbrochenes, schlechtes und überholtes” Test-System geerbt, sagte er mehrfach, unter anderem in der TV-Sendung “Fox and Friends”. Doch bis zum Regierungsende Obamas im Januar 2017 hatte es das Coronavirus noch gar nicht gegeben.

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Ständig korrigierte er die erwarteten Opferzahlen nach oben und behauptete, ohne seine weitsichtige Politik wären noch weit mehr US-Amerikaner an dem Virus verstorben. Dabei haben die USA mit inzwischen fast 7,5 Millionen nachweislich Infizierten und über 210.000 Toten laut John-Hopkins-Universität die höchsten absoluten Zahlen weltweit. Dazu verbreitet er mitunter ungeprüfte Informationen aus Verschwörungstheorien. Das führte dazu, dass Twitter mehrfach Tweets aus dem Weißen Haus mit Warnhinweisen zu Falschinformationen versah, oder sie sogar löschte.

Trump nutzte die landesweit organisierte Auslieferung von Schutzmaterialien und Beatmungsgeräten als politisches Druckmittel auf Gouverneure, die ihm nicht folgten. Er behauptete sogar, die Staaten würden mehr Material als benötigt anfordern und es dann “durch die Hintertür” weiterverkaufen. Dies galt natürlich nur für demokratisch regierte Bundesstaaten. Durch das föderale System der USA kam es so zu erheblichen Ungleichheiten im Umgang mit der Pandemie in den einzelnen Bundesstaaten. Auch, weil das Weiße Haus es versäumte, eine klare Corona-Strategie für das Land zu entwickeln.

Der selbsterklärte Held im Hotspot

Zu guter Letzt konnte man am Beispiel des infizierten Präsidenten sehen, wie es seine Regierung mit der Informationspolitik und der Nachverfolgbarkeit der Infektionskette hält. Nach dem - späten - Bekanntwerden seines positiven Tests hatte Trumps Team es nicht einmal für nötig gehalten, den Konkurrenten Joe Biden zu informieren, mit dem er zwei Tage zuvor die Bühne beim ersten TV-Duell geteilt hatte. Mittlerweile ist das Weiße Haus selbst zu einem Corona-Hotspot geworden. Mehrere Mitglieder des engeren Umfeldes von Donald Trump sind infiziert. Zuletzt waren es Pressesprecherin Kayleigh McEnany und zwei Mitglieder ihres PR-Teams, die positiv auf das Virus getestet wurden.

Auf Twitter zitierte Trump nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus eine Kommentatorin der NY Post: “Er wird ein unbesiegbarer Held sein, der nicht nur jeden dreckigen Trick der Demokraten besiegt hat, sondern auch das chinesische Virus.” Trump werde Amerika zeigen, dass es keine Angst mehr haben müsse, schrieb die Journalistin. Schafft der Amtsinhaber es, diese Botschaft glaubhaft zu vermitteln, hätte ihm einen Monat vor der Wahl etwas besseres als die überstandene Corona-Infektion kaum passieren können.

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