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"Ich bin froh, jetzt auf der richtigen Seite zu stehen"

"Ich bin froh, jetzt auf der richtigen Seite zu stehen"
"Ich bin froh, jetzt auf der richtigen Seite zu stehen"

Mit der Verpflichtung von Andreas Luthe zum 1. FC Kaiserslautern haben wohl nur die Wenigsten gerechnet.

Nach dem Wechsel von Matheo Raab zum Hamburger SV war klar, dass FCK-Geschäftsführer Thomas Hengen auf der Torwartposition nachbessern musste. Dass mit Luthe ein erfahrener Bundesligatorwart von Union Berlin an den Betzenberg kommt, der die beiden vergangenen Jahre mit den Eisernen sogar in der Europa League spielte, dürfte aber gemeinhin als Coup bezeichnet werden.

Das SPORT1-Interview.

SPORT1: Herr Luthe, von der Hauptstadt ging es jetzt ins kuschlige Kaiserslautern. Wie kommen Sie damit klar?

Andreas Luthe: Das ist erstmal schon ein kleines Kontrastprogramm. (lacht) Ich habe das Leben in Berlin sehr genossen. Es war herrlich dort. Aber meine Frau und unsere Tochter waren auch oft längere Zeit in unserem Haus in Augsburg und da war die Distanz nach Berlin enorm. 600 Kilometer fährst du nicht mal eben nach dem Training. Und das ist jetzt anders. Wir suchen eine Wohnung, vielleicht wird es die Vorderpfalz, weil dort Freunde von uns wohnen. Noch wohne ich im Hotel, fühle mich aber schon pudelwohl beim FCK. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der 2. Bundesliga)

Luthe: „Die Situation ist jetzt eine komplett andere“

SPORT1: Jahrelang wurde im Tor beim FCK auf Talente gesetzt, jetzt kommt mit Ihnen ein gestandener Bundesliga-Torwart. Wie denken Sie darüber?

Luthe: Ich kenne diese Torwart-Historie natürlich auch und es ist schon etwas Besonderes für mich, dass jetzt dieses Muster durchbrochen wurde. Aber die Situation ist jetzt eine komplett andere als in den Jahren zuvor. Nach dem Aufstieg in die 2. Liga ist man sicher der Underdog, aber dadurch, dass bei mir eine Veränderung anstand und ich in konkretem Kontakt mit Thomas Hengen (FCK-Geschäftsführer, d. Red.) stand, war mir schnell klar, dass das passen könnte.

Ich möchte dieser jungen Truppe helfen, in der Liga klarzukommen, möchte meine Erfahrung weitergeben. Ich freue mich total auf diese Aufgabe. Ich bin seit 16 Jahren Profi und kann dem einen oder anderen sicher noch etwas mitgeben. Es wird auch eine Zeit nach mir beim FCK geben und da wird es sicher wieder das nächste Torwarttalent aus dem Verein geben.

SPORT1: Der junge Matheo Raab (23) war Ihr Vorgänger. Sie wären nicht da, wenn er seinen Vertrag verlängert hätte. Können Sie verstehen, dass er nach einer Saison als Stammkraft zum Hamburger SV gewechselt ist und dort wahrscheinlich nur zweiter Mann ist?

Luthe: Ich fand seine Leistungen top. Die Relegationsspiele habe ich gesehen und er hat wirklich starke Leistungen gebracht. Raab ist ein Riesen-Talent. Dazu kommt, dass er den Torwarttrainer des HSV (Sven Höh, d. Red.) sehr gut kennt. Er wird mit dem Wechsel auch gewisse Entwicklungsschritte verbinden. Ich drücke ihm alle Daumen, dass es für ihn beim HSV klappt.

SPORT1: Sie wurden als Transfercoup bezeichnet. Wie finden Sie das?

Luthe: Es ist sicher ungewöhnlich, dass jemand, der zwei Jahre Stammkeeper in der Bundesliga war und sich mit dem Klub zweimal für Europa qualifiziert hat, nun zu einem Zweitliga-Aufsteiger wechselt. Aber ich denke oft anders über Fußball. Wenn man sich meine Vereins-Vita anschaut, dann waren das alles Vereine mit einer tollen Fan-Base und einer großen Tradition. Das war mir einfach wichtig. Als ich klein war, da war der FCK noch eine echte Nummer in der Bundesliga. Und diese Wahrnehmung hat sich für mich nicht verändert. Ganz normal ist dieser Wechsel vielleicht nicht, aber mir sind andere Dinge wichtiger als einigen meiner Kollegen.

SPORT1: Warum denken Sie anders über Fußball?

Luthe: Ich will keine generelle Kritik üben. Es gibt Dinge, die ich mag und Dinge, die ich kritisieren könnte. Ich habe diesen Weg eingeschlagen, dass ich bei Klubs spielen möchte, die eine gewisse Fan-Nähe haben und für ihre Region auch eine große Bedeutung haben. Und da brauche ich auf meine alten Tage kein Abenteuer mehr. Ich freue mich brutal auf den Betzenberg. Und der FCK war meine erste Option nach Union.

SPORT1: Was ist der Unterschied zwischen Alte Försterei und Betzenberg?

Luthe: (lacht) Die Größe. Die Alte Försterei ist wirklich klein und schnuckelig und dadurch immer voll. Die Menschen leben für Union und wir hatten in jedem Heimspiel das Gefühl ‚Hier geht was‘. Auch, wenn wir verloren haben, wurden wir abgefeiert, als hätten wir 3:0 gewonnen. Das Fritz-Walter-Stadion ist eine Kategorie größer und imposanter. Als Gegner war es immer unangenehm und laut. Ich bin froh, jetzt auf der richtigen Seite zu stehen.

Luthe: „Das hat mir sehr imponiert“

SPORT1: Wie liefen die Verhandlungen mit dem FCK ab?

Luthe: Die Verantwortlichen haben sich sehr um mich bemüht. Ich bin dem FCK entgegengekommen, der Verein mir aber auch. Es war deshalb gleich eine Bereitschaft von beiden Seiten da, dass dieser Wechsel unbedingt klappt. Das hat mir sehr imponiert. Wenn du dann im Stadion stehst und auf die Ränge schaust, weißt du, dass du hier richtig bist.

SPORT1: Sie kennen Dirk Schuster aus der gemeinsamen Zeit beim FC Augsburg. Warum passt er zum FCK?

Luthe: Dirk passt hervorragend zu dieser Aufgabe. Es wird einiges auf uns zukommen und die neue Saison wird sehr anspruchsvoll. Da muss man sich auf gewisse Tugenden verlassen. Ich mag den gradlinigen Fußball-Stil von Dirk. Wenn man Union in den vergangenen Jahren verfolgt hat, dann erkennt man schon Ähnlichkeiten. Man muss den Fußball nicht komplizierter machen, als er ist. Dafür steht Dirk. Er kann das vermitteln. Ich schätze ihn dafür. Und menschlich kommen wir hervorragend klar.

SPORT1: Urs Fischer ist eine Union-Legende. Können Sie ihn mit Dirk Schuster mal vergleichen?

Luthe: Urs hat mich in der erfolgreichsten Zeit meiner Karriere geprägt. Selbst in meinem Alter habe ich bei ihm noch sehr viel dazu gelernt. Es war auch eine durchaus anstrengende Zeit, weil er sehr detailverliebt und in der Sache sehr hart ist. Das war jeden Tag harte Arbeit. Aber es wurde mit Erfolg belohnt. Ähnlich schätze ich auch Dirk ein. Das hat er bei seinen Stationen gezeigt.

„Ich werde nie rumbrüllen, nur, weil es toll aussieht“

SPORT1: Christian Gentner sagte bei SPORT1 sie wären kein Lautsprecher, sondern eher in sich gekehrt. Muss ein Torwart nicht ein Lautsprecher sein?

Luthe: Ich habe meinen eigenen Weg gefunden, eine Mannschaft zu führen. Auf dem Platz geht es nur über laute Kommandos, aber ich bin kein Schauspieler. Ich werde nie rumbrüllen, nur weil es toll aussieht, wenn ein Torwart seine Mitspieler anmacht. Davon halte ich überhaupt nichts. Die Qualität der Worte ist entscheidend. Wichtig ist, dass es dem Team hilft. Ich werde nie wilde Worte um mich schreien. Ich bin gerne bei mir selbst und werde mich niemals verstellen. Der Job des Torhüters ist ein ganz einsamer. Vieles muss man auch mit sich selbst ausmachen.


SPORT1: Zum Abschluss, wie stark schätzen Sie den Kader des FCK ein? Bis auf Raab und Alexander Winkler sind alle Stammspieler geblieben.

Luthe: Es ist unheimlich viel Spielfreude drin. Die Jungs sind total ehrgeizig und bei vielen gibt es noch enorm viel Entwicklungspotenzial. Wir hatten bei Union eine brutal erfahrene Mannschaft. Das fehlte dem FCK vielleicht noch etwas, aber mit Erik Durm haben wir ja viel Erfahrung dazu bekommen. Zudem gibt es viele hungrige Spieler, die mehr wollen. Und das ist mit der Struktur, die Dirk reinbringt, ein guter Mix. Die Saison wird schwer genug. Die ersten Trainingseinheiten waren phänomenal und im Team ist eine brutale Qualität drin. Ich bin gespannt auf alles, was kommt…

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