Nordkoreas größter Popstar zu Besuch in Südkorea: Wer ist Hyon Song-wol?

Regimetreu, legendenumwoben und in ihrem Land ein Superstar: Hyon Song-wol ist Nordkoreas Vorzeigesängerin (Bild: AP Photo/Lee Jin-man)
Regimetreu, legendenumwoben und in ihrem Land ein Superstar: Hyon Song-wol ist Nordkoreas Vorzeigesängerin (Bild: AP Photo/Lee Jin-man)

Sie ist die nordkoreanische Gesandte für die olympischen Winterspiele in Südkorea – aber Hyon Song-wol ist viel mehr als ein gewöhnlicher Apparatschik.

Die Ankunft von Hyon Song-wol im südkoreanischen Seoul sorgte nicht überall für Begeisterungsstürme. Gemeinsam mit einer kleinen Delegation besuchte die nordkoreanische Musikerin unter Polizeischutz am Montag die südkoreanische Hauptstadt. Empfangen wurde sie am Hauptbahnhof Seoul – neben jeder Menge Paparazzi und Schaulustiger – von einer Gruppe Demonstranten, die ein Portrait des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un sowie eine nordkoreanische Flagge verbrannten.

Der Anlass des Besuchs: Die miteinander verfeindeten Staaten Nord- und Südkorea hatten sich auf einen gemeinsamen Einmarsch bei den Olympischen Winterspielen geeinigt. Auch ein gemeinsames Damen-Eishockeyteam soll formiert werden. Nordkorea plant, 22 Athleten, 24 Funktionäre und 21 Medienvertreter zu den Olympischen spielen zu schicken, so „Spiegel Online“. Hyon Song-wol selbst wird dort die 140-köpfige Künstlergruppe „Samijiyon Band“ anführen, die aus einem Orchester, Sängerinnen und Tänzern besteht. Viele Südkoreaner kritisierten, dies sei nur eine Ablenkung von der wachsenden atomaren Bedrohung des nordkoreanischen Regimes.

Hyon Song-wol bei ihrer Ankunft am Hauptbahnhof von Seoul. (Bild: Kim Sun-ung/Newsis via AP, File)
Hyon Song-wol bei ihrer Ankunft am Hauptbahnhof von Seoul. (Bild: Kim Sun-ung/Newsis via AP, File)

Wer aber ist diese Frau, die das nordkoreanische Regime ins verfeindete Südkorea entsandte? In Nordkorea ist Hyon Song-wol ein Superstar. Ihre – selbstverständlich regimetreue – Musikgruppe, die „Moranbong Band“, wird gerne als „die nordkoreanischen Spice Girls“ bezeichnet. Dabei ist die Existenz einer Popgruppe in einem strengen Regime keineswegs ein libertäres Kuriosum, sondern vielmehr gezielt vom Regime selbst geschaffen. Gegründet wurde die Gruppe 2012, die Mitglieder suchte niemand geringeres als Kim Jong-un persönlich aus, der die Band auch konzipierte. Pop als perfekte Propaganda-Maschine, deren Gesicht Hyon Song-wol ist.

Ihre Songs bewegen sich zwischen Pop, Folklore und Kitsch. Die Outfits schwanken zwischen Minirock und Militäruniform. Die Gruppe ist oft auf Partei-Veranstaltungen zu sehen. Seit November 2017 sitzt Hyon Song-wol im Zentralkomitee der Partei und ist somit eine der einflussreichsten Frauen Nordkoreas.

Zuvor war sie Sängerin im von Kim Jong-il gegründeten „Pochonbo Electronic Ensemble“, das sich nationalistischer Propaganda-Musik widmete. Ihren Durchbruch feierte sie 2005 mit dem Lied „Excellent Horselike Lady“ – natürlich auf Koreanisch. Wenig überraschend: Song-wols Texte sind immer hundertprozentig auf Systemlinie. Liedtitel wie „We are the Troops of the Party“ und „I Love Pyongyang“ festigen das Bild.

Um die Person Hyon Song-wol ranken sich zahlreiche Gerüchte. So soll sie vor einer Dekade eine Affäre mit Kim Jong-un gehabt haben. Die Liebschaft der beiden soll von Kims Vater, dem verstorbenen Diktator Kim Jong-il beendet worden sein. „Die beiden kennen sich, seit sie in ihren Teenagerjahren waren und Gerüchte über eine Affäre der beiden machten im Kreise der Eliten in Pjöngjang die Runde“, zitiert „Joong Ang Daily“ einen südkoreanischen Nachrichtenoffizier. Auch eine Affäre mit Kims exekutierten Onkel, Jang Song-thaek wird ihr angedichtet.

Vor einigen Jahren machte ein weiteres Gerücht die Runde: Die Musikerin soll vom nordkoreanischen Regime hingerichtet worden sein. Der angebliche Grund: ein Sex- und Pornoskandal. Mit einem Auftritt im nordkoreanischen Fernsehen machte Hyon Song-wol den Gerüchten damals selbst ein Ende.

Hyon Song-wol wird aber nicht nur in Nordkorea gefeiert: Ironischerweise wird sie gerade in Südkorea als eine Art „K-Pop-Star“ gefeiert. „K-Pop“ (Korean Popular Music) ist ein Sammelbegriff für koreanischsprachige Popmusik. Und so fand auch ihr Empfang in Seoul unter großem Medieninteresse statt.

In ihrer nordkoreanischen Heimat wurde ihre Funktion als Olympia-Gesandte allerdings kaum erwähnt – auch ihr Ruhm gestaltet sich in Nordkorea etwas anders. Wie „The Associated Press“ argumentiert, gibt es dort schließlich weder Paparazzi noch Promi-News, über die Popularität bestimme ausschließlich das Regime selbst.

Hyon Song-wol soll die weltoffene, der Jugend zugewandte Seite des nordkoreanischen Regimes repräsentieren – ein Widerspruch in sich.