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"Die Not ist groß": Geberkonferenz für türkisch-syrische Erdbebenopfer in Brüssel

"Die Not ist groß": Geberkonferenz für türkisch-syrische Erdbebenopfer in Brüssel

"Wir haben zig Millionen Dollar gesammelt, aber das reicht nicht", so Susan Malandrino, Sprecherin des Roten Kreuzes, in einem Interview mit Euronews. Sie erinnert an die vielen Städte, die bei den verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien vor über einem Monat komplett zerstört wurden.

Schon im Vorfeld der Geberkonferenz, die das UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) in Brüssel abhält, haben viele Hilfsorganisation einen Hilfsaufruf gestartet.

"Diese Gemeinden müssen wieder ganz neu anfangen. Die Not ist wirklich sehr groß. Wir bitten alle, an die Wohltätigkeitsorganisation ihrer Wahl zu spenden, um die wirklich dringenden Bedürfnisse zu unterstützen. Dank dieser Spenden können wir uns auf die aktuellen Herausforderungen konzentrieren."

"Während sich die Krisensituation vor Ort immer weiter entwickelt, brauchen wir eine langfristige Planung und müssen gleichzeitig flexibel sein, um den Bedürfnissen wirklich dort begegnen wo sie entstehen."

Am Dringensten bräuchten die Erdbebenopfer Nahrung und sauberes Trinkwasser, so Malandrino. Um zu helfen, will das Rote Kreuz ein Verteilungsprogramm für Bargeld neu beleben. In der Vergangenheit hat dieses Projekt syrischen Flüchtlingen geholfen, die mit dem Geld Lebensmittel, Hygieneartikel und anderes selbst auf dem Markt kaufen konnten.

Während sich die Krisensituation vor Ort immer weiter entwickelt, brauchen wir eine langfristige Planung und müssen gleichzeitig flexibel sein, um den Bedürfnissen wirklich dort begegnen wo sie entstehen.

Um den Opfern im Katastrophengebiet zu helfen, werden dringend internationale Mittel benötigt. Die EU entscheidet auf einer heute beginnenden internationalen Geberkonferenz in Brüssel über finanzielle Hilfen für die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien.

Die Chefin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, rief zu einer ebenso starken Solidarität auf wie in den ersten Stunden nach den stärksten Beben. Allein in der Türkei könnte der Schaden durch die Katastrophe laut dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP 100 Milliarden Dollar übersteigen.

Die verschiedene Schätzungen von internationalen und türkischen Institutionen beinhalten die unmittelbaren, durch das Erdbeben verursachten Schäden, aber auch die verzögerten Auswirkungen auf die Wirtschaft, so Arda Tunca, ein türkischer Ökonom und Kolumnist bei "Politikyol.com".

"Ungefähr 15 % der türkischen Bevölkerung lebten früher in den vom Erdbeben betroffenen Gebieten, und diese Gebiete repräsentieren etwa 10 % des jährlichen BIP der Türkei. Die Auswirkung auf das Wachstum wird also bis zu 2 % betragen, also zwei Prozentpunkte weniger, als wir normalerweise bis Ende 2023 erwarten würden".

Laut Tunca beträgt allein der direkte Schaden durch das Erdbeben etwa 35 Milliarden US-Dollar. Wenn die indirekten wirtschaftlichen Auswirkungen berücksichtigt werden, steigt der Schaden auf 75 bis 80 Milliarden Dollar.

Der Ökonom betont aber auch, dass die Türkei bereits vor der Katastrophe in einer schweren Wirtschaftskrise steckte. Er geht davon aus, dass die Zukunft des Landes nicht nur vom Geld abhänge, sondern von Reformen – "sowohl im politischen als auch im rechtlichen Bereich. Und das wird der Regierung nach den Wahlen große Kopfschmerzen bereiten, unabhängig davon, ob der amtierende Präsident Recep Tayyip Erdoğan oder die Opposition gewinnt".

Erdbeben in einem vom Krieg zerrütteten Land

Besonders schwierig ist die Lage seit den Erdbeben in Nordsyrien. Städte, die während des 12-jährigen Krieges beschädigt worden waren, wurden erneut verwüstet. "Logistisch, politisch und auch in Bezug auf die Vorbereitung im Land war es immer viel schwieriger", erklärt Ahmed Bayram vom Norwegischen Flüchtlingsrat.

Neben dem Mangel an Wasser und Nahrung betont Bayram das Problem der Unterkunft - über 100.000 Menschen wurden vertrieben. Viele sind in Moscheen und Schulen untergebracht. Menschen schlafen auf Matratzen in überfüllten Räumen, die früher als Klassenzimmer dienten. Manchmal müssen sie sich beim Schlafen abwechseln.

Der Norwegische Flüchtlingsrat meint, dass die Geberkonferenz in Brüssel eine Art Test für Europa sein wird. Bisher, sagt Ahmed Bayram, haben in Syrien tätige NGOs weniger als ein Drittel der Mittel erhalten, die nach UN-Schätzungen für die Nothilfe für Erdbebenopfer benötigt werden.

Er versichert, dass die Organisationen vor Ort bereit seien, alles Notwendige zu tun, einschließlich des Wiederaufbaus der zerstörten Infrastruktur. Das einzige, was fehlt, sind die Ressourcen.