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NRW-Justiz zu langsam: Sieben mutmaßliche Straftäter in Köln freigelassen

Alle Freilassungen erfolgten im Bereich des Oberlandesgerichts Köln.

Die NRW-Justiz hat im vergangenen Jahr insgesamt sieben mutmaßliche Straftäter wegen zu langsamer Arbeit aus der Untersuchungshaft freilassen müssen. Damit hat sich die Zahl der Freilassungen gegenüber dem Vorjahr, als drei Verdächtige freigelassen werden mussten, mehr als verdoppelt. Alle Freilassungen seien im Bereich des Oberlandesgerichts Köln erfolgt, heißt es in einem Bericht des NRW-Justizministeriums an den Landtag. Ein Strukturproblem sei dort dennoch nicht erkennbar. Der Anteil solcher Freilassungen liege bei weniger als 0,1 Prozent der U-Haftprüfungen. 2017 waren früheren Angaben zufolge drei Verdächtige freigelassen und 2016 fünf Beschuldigte trotz weiter bestehenden dringenden Tatverdachts auf freien Fuß gesetzt worden. Gericht hätte anderen Pflichtverteidiger auswählen müssen Im Fall eines inzwischen wegen versuchten Totschlags verurteilten Mannes hatte die Justiz dem Verdächtigen auf dessen ausdrücklichen Wunsch einen bestimmten Pflichtverteidiger beigeordnet, der bereits für Monate ausgelastet war. Das Gericht hätte notfalls einen anderen Pflichtverteidiger auswählen müssen, befand das Oberlandesgericht. Die Freilassung zweier mutmaßlicher Räuber hatte sich im Nachhinein sogar als angemessen herausgestellt. Beide erschienen trotz Freilassung zu ihren Gerichtsterminen und wurden nicht wegen Raubes, sondern nur wegen Diebstahls verurteilt - zu Geldstrafen. Ein mutmaßlicher Drogendealer war in Bonn Ende November freigelassen worden, nachdem er bereits seit Ende Juni in U-Haft saß und sein Prozess erst in diesem Januar hätte stattfinden sollen. Auch die Nachermittlungen des Gerichts rechtfertigten keine so lange Dauer bis zum Prozessbeginn, befand das OLG Köln. In einem Verfahren wegen Bandendiebstahls war der Angeklagte im Prozess von seinem Geständnis abgerückt: Er sei aufgrund von Sprachproblemen missverstanden worden. Daraufhin hatte das Gericht das Verfahren ausgesetzt und erst zwei Monate später wieder aufnehmen wollen. Dies sei nicht notwendig gewesen, befand das OLG. Ein Haftbefehl des Amtsgerichts Siegburg gegen einen mutmaßlichen Gewalttäter wurde aufgehoben, weil dessen Prozess erst im Februar 2019 beginnen sollte, er aber schon seit Juni 2018 hinter Gittern saß. 2006 mussten 15 Verdächtiger freigelassen werden Für Haftsachen gilt ein Beschleunigungsgebot. Nach sechs Monaten U-Haft ist bei jedem Gefangenen von einem Gericht zu prüfen, ob die Fortdauer der Haft gerechtfertigt ist. 2006 hatten in Nordrhein-Westfalen noch 15 Verdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen, darunter mutmaßliche Vergewaltiger, Räuber, Totschläger, Drogenhändler, Erpresser, Menschenschleuser und Brandstifter. Im Jahr 2002 hatte in NRW der Beschluss für Furore gesorgt, drei mutmaßliche Mörder aus der U-Haft freizulassen, weil das Verfahren nach Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm „nicht hinreichend gefördert“ worden war. Sie sollten ihrem Opfer den Kopf abgetrennt haben. Im Dezember 2005 hatte das Bundesverfassungsgericht die Freilassung eines mutmaßlichen sechsfachen Mörders angeordnet, der in Düsseldorf sein Mietshaus mitsamt der Mieter in die Luft gesprengt hatte. Der Mann saß mehr als acht Jahre in Untersuchungshaft. Der Mordvorwurf war später fallen gelassen worden. Eine derart lange U-Haft verstoße gegen die Grundrechte des Angeklagten, hatten die Karlsruher Richter damals kritisiert und die Kriterien für die Haft-Fortdauer verschärft. (dpa)...Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta