Nudeln zum Nachtisch: Wer erfand das Spaghetti-Eis?

Es ist der Renner in deutschen Eisdielen: das Spaghetti-Eis. Die skurrile Kreation begeistert nicht nur Kinder seit Jahrzehnten. Doch wer kam auf die Idee, ein Eis wie einen Nudelteller zu gestalten?

Eigentlich war alles nur ein Gag gewesen. Dario Fontanella, Eismacher aus Mannheim, wäre im Traum nicht darauf gekommen, dass das, was er in Sechzigerjahren erfand, einmal der meistverkaufte Eisbecher in deutschen Eisdielen sein würde. „Nie“, sagt er, „hätte ich gedacht, dass das so einschlägt“. Damals, 1969, stand kaum mehr als „Früchtebecher“ und „Cassata“ auf den Karten deutscher Eisdielen. Ein Eisbecher, der wie ein Teller Nudeln aussah, komplett mit Tomatensoße und Parmesan, das nicht nur ungewöhnlich – das schien völlig abwegig.

Dario Fontanella ist Eismacher in dritter Generation. 1906 eröffnete sein Großvater das Geschäft; sein Vater, er und viele andere in der Verwandtschaft folgten ihm nach. Das Spaghetti-Eis erfand er mit 17 Jahren. Damals, beim Skifahren in den Dolomiten, fiel ihm in einem Café ein Dessert auf: „Montblanc“, ein filigranes Türmchen aus kalten, pürierten Maroni mit Zuckerguss. „Normalerweise sind Maroni sehr mächtig“, sagt er, „aber das war ganz luftig“. Er fragte die Besitzerin, wie sie das gemacht habe, und die „antwortete, sie habe die Maroni durch eine Kartoffelpresse gepresst“. Dario Fontenella war fasziniert: Ob das mit Eis auch ging?

Zurück in Mannheim besorgte er sich eine Spätzlepresse. Zunächst legte er Pistazieneis, Erdbeer- und Zitroneneis in die Presse, die Farben der italienischen Flagge. Als er seinem Vater das Ergebnis präsentierte, winkte der zunächst ab: „Bunte Nudeln? So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Dario Fontanella versuchte es mit Vanilleeis. Nun lachte sein Vater und sagte: „Jetzt fehlt wirklich nur noch die Tomatensoße!“ Also nahm er Himbeeren, „weil die aussehen wie Hackfleisch“, und als diese immer wieder herunterrollten, schließlich Erdbeermark. Mit einer Parmesanreibe wurde weiße Schokolade darüber gerieben: „Genial!“ 

Das Spaghetti-Eis kam auf die Eiskarte. Und sprach sich herum: Immer mehr Menschen wollten die ungewöhnliche Kreation kosten. Nicht immer löste seine Idee jedoch Begeisterung aus. „Manchmal kamen Eltern mit ihren Kindern, haben das als Gag bestellt – und die haben geweint! Die wollten Eis, keine Nudeln.“ Doch die leicht-luftige Kreation aus einfachen Zutaten, dafür aber mit umso launigerer Optik, setzte sich durch. Heute wird kein Eisbecher häufiger bestellt.

Ein Patent auf das Spaghetti-Eis hat Dario Fontanella nicht. Anfangs mochte er niemandem das Geheimnis seiner Erfindung verraten. Doch nachdem er immer wieder gefragt wurde, wollte er auch nicht kleinlich sein. „Nur kleine Köche behalten alles für sich“, sagt er. „Große Köche schreiben Bücher.“ In Mannheim können seine Kunden in einer gläsernen Eismanufaktur zuschauen, wie ihre Lieblingssorten hergestellt werden.  375 verschiedene hat der heute Sechzigjährige mittlerweile im Sortiment. Das Land Baden-Württemberg machte bereits Werbung mit ihm. Und Dario Fontanella tüftelt weiter an neuen Ideen. Seine Letzte: „Wittelsbacher-Eis“ aus historischen Zutaten – Mandelmilch, Zimt und Rosenblättern.